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Die Grenzboten. Jg. 38, 1879, Drittes Quartal.

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daß nur persönliche Gründe mich zu meinen Vorschlägen bestimmt hätten?
Sollte ich die große Sache aufgeben aus blos persönlichen Rücksichten? Hatte
ich ihr nicht schon Jahre geopfert, war ich nicht ihretwegen mit meiner Familie
über Land und Meer gekommen, und war denn eine Möglichkeit oder nur eine
Wahrscheinlichkeit, daß meine bescheidenen Wünsche und Hoffnungen abgewiesen
werden könnten?"

Gleich in der ersten Komitesitzung legte List ein Programm für die Geschäfte
des Komites vor. Dies fand allseitige Billigung. Sein Vorschlag war, von allen
Untersuchungen des Komites dem Publikum gedruckte Berichte zu geben und die¬
selben in alle Welt zu verschicken. Hierdurch wurde erreicht, daß die Arbeiten des
Komites sich nicht auf die besondere Unternehmung zwischen Leipzig und Dresden
beschränkten und ausschließlich für diese Werth hatten, sondern stets die Herstellung
eines ganzen deutschen Eisenbahnsystems und die Errichtung von Eisenbahnkomitcs
in allen großen Städten im Auge behalten wurden. Diesem Ziele gemäß wurden
die Untersuchungen angestellt und die Berichte entworfen. Die letzteren, sieben an
der Zahl, sind sämmtlich die Arbeit List's. Sie wurden im Konnte vor¬
getragen, aber von diesem häufig gekürzt und dadurch verschlechtert. In ganz
Sachsen und Deutschland regten sie die Thätigkeit für die Gründung von
Eisenbahnen an und sind dadurch für die Entwickelung derselben in Deutsch¬
land von hervorragender Bedeutung geworden. Der Ruhm und der Dank
dafür gebührt einzig und allein List. Wenn die Jubelschrift der Leipzig-
Dresdner Eisenbahn-Kompagnie, welche zur Feier des fünfundzwanzigjährigen
Bestehens derselben vom Direktorium veröffentlicht wurde, sagt, daß um die
Berichte namentlich List Verdienste habe, und daß das Programm für die Ar¬
beiten des Komites besonders von ihm herrühre, und wenn damit angedeutet
werden soll, daß auch andere etwas daran gethan hätten, so sind die Verfasser
jener Schrift damit keineswegs gerecht gegen List gewesen. Hatten sie ebenfalls
Antheil daran, so hätten sie dieselben bei Lebzeiten List's reklamiren müssen,
als er in der Vorrede zum "nationalen System" alle Ehre für sich allein
in Anspruch nahm.

Die erwähnten Berichte behandeln die bestehenden und muthmaßlichen
Transporte auf der Route von Dresden nach Leipzig; die Vortheile und
Nachtheile der Eisenbahnen in Kriegszeiten; die verschiedenen Arten und die
Kosten des Oberbauch der Eisenbahnen; die Dampfwagen auf Chausseen und
ihre mögliche Konkurrenz mit den Eisenbahnen; eine Vergleichung der Liver¬
pool-Manchester, der Budweis-Linzer, der Prag-Pilsener mit der Leipzig-Dresd¬
ner Eisenbahn; endlich eine übersichtliche Darstellung der Resultate aller
Arbeiten des Komites. Aber das war noch nicht Alles, was List während
dieser Zeit für die große Sache that. Er korrespondirte mit allen größeren


daß nur persönliche Gründe mich zu meinen Vorschlägen bestimmt hätten?
Sollte ich die große Sache aufgeben aus blos persönlichen Rücksichten? Hatte
ich ihr nicht schon Jahre geopfert, war ich nicht ihretwegen mit meiner Familie
über Land und Meer gekommen, und war denn eine Möglichkeit oder nur eine
Wahrscheinlichkeit, daß meine bescheidenen Wünsche und Hoffnungen abgewiesen
werden könnten?"

Gleich in der ersten Komitesitzung legte List ein Programm für die Geschäfte
des Komites vor. Dies fand allseitige Billigung. Sein Vorschlag war, von allen
Untersuchungen des Komites dem Publikum gedruckte Berichte zu geben und die¬
selben in alle Welt zu verschicken. Hierdurch wurde erreicht, daß die Arbeiten des
Komites sich nicht auf die besondere Unternehmung zwischen Leipzig und Dresden
beschränkten und ausschließlich für diese Werth hatten, sondern stets die Herstellung
eines ganzen deutschen Eisenbahnsystems und die Errichtung von Eisenbahnkomitcs
in allen großen Städten im Auge behalten wurden. Diesem Ziele gemäß wurden
die Untersuchungen angestellt und die Berichte entworfen. Die letzteren, sieben an
der Zahl, sind sämmtlich die Arbeit List's. Sie wurden im Konnte vor¬
getragen, aber von diesem häufig gekürzt und dadurch verschlechtert. In ganz
Sachsen und Deutschland regten sie die Thätigkeit für die Gründung von
Eisenbahnen an und sind dadurch für die Entwickelung derselben in Deutsch¬
land von hervorragender Bedeutung geworden. Der Ruhm und der Dank
dafür gebührt einzig und allein List. Wenn die Jubelschrift der Leipzig-
Dresdner Eisenbahn-Kompagnie, welche zur Feier des fünfundzwanzigjährigen
Bestehens derselben vom Direktorium veröffentlicht wurde, sagt, daß um die
Berichte namentlich List Verdienste habe, und daß das Programm für die Ar¬
beiten des Komites besonders von ihm herrühre, und wenn damit angedeutet
werden soll, daß auch andere etwas daran gethan hätten, so sind die Verfasser
jener Schrift damit keineswegs gerecht gegen List gewesen. Hatten sie ebenfalls
Antheil daran, so hätten sie dieselben bei Lebzeiten List's reklamiren müssen,
als er in der Vorrede zum „nationalen System" alle Ehre für sich allein
in Anspruch nahm.

Die erwähnten Berichte behandeln die bestehenden und muthmaßlichen
Transporte auf der Route von Dresden nach Leipzig; die Vortheile und
Nachtheile der Eisenbahnen in Kriegszeiten; die verschiedenen Arten und die
Kosten des Oberbauch der Eisenbahnen; die Dampfwagen auf Chausseen und
ihre mögliche Konkurrenz mit den Eisenbahnen; eine Vergleichung der Liver¬
pool-Manchester, der Budweis-Linzer, der Prag-Pilsener mit der Leipzig-Dresd¬
ner Eisenbahn; endlich eine übersichtliche Darstellung der Resultate aller
Arbeiten des Komites. Aber das war noch nicht Alles, was List während
dieser Zeit für die große Sache that. Er korrespondirte mit allen größeren


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 38, 1879, Drittes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341829_157673/28>, abgerufen am 25.11.2024.