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Die Grenzboten. Jg. 38, 1879, Zweites Quartal.

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Im Gefühl des herannahenden Todes kleidete er sich um und begab sich zur
Ruhe. Jeden Beistand leicht abwehrend, verschied er kurz nach Mitternacht.
Er ruht auf dem Friedhofe hinter dem Bethause der Oberstraße.

Was Kayser an maurerischen Schriften besonders verpackt hinterlassen hatte,
wurde der Züricher Loge ununtersucht übergeben, nachdem ein Bruder des Ver¬
ewigten angelangt und den gesammten Nachlaß in Empfang genommen hatte.
Kayser's reiche Bibliothek kam in die Hände der Antiquare, von seinen reichen
Korrespondenzen findet sich nur weniges noch vor oder ist zum Theil unzu¬
gänglich. Schwerlich wird es unter diesen Umständen gelingen, das Lebensbild
Kayser's zu vervollständigen. Seine Bedeutung wird aber auch der vorstehende
lückenhafte biographische. Versuch erkennen lassen.

Als der Tod Kayser's seinem Freunde Klinger gemeldet wurde, erwiederte
dieser kurz darauf in einem Schreiben an David Heß: "Ja er war ein eigner
aber reiner und edler Mensch, gebildet aus, durch und für fich felbst aus seinem
Innern. Sein stiller Geist, fein reines Herz waren feine Lehrer und Leiter
und führten ihn zum stillen Leben, für das er allein geschaffen war."




politische Briefe.
VI.
Der Zolltarif.

Am 31. März beendete die Tarifkommission ihre Arbeit und legte damit
dem Reichskanzler das erwünschteste Geschenk auf den Geburtstagstisch des ersten
April. Am 2. April ging der Tarifgesetzentwurf nebst dein Tarif in den
Morgenstunden gedruckt dem Bundesrath zu, auf dessen um 2 Uhr Nachmittags
desselben Tages abzuhaltender Plenarsitzung der Entwurf bereits stand. Doch
erklärten einige Mitglieder, sich so rasch nicht haben informiren zu können; so
wurde der Entwurf auf die Tagesordnung vom 3. April gesetzt und mit un¬
bedeutenden Modifikationen außer einer zum Bundesrathsbeschluß erhoben. Am
4. April Abends ging er bereits als Vorlage dem Reichstage zu, der sich einige
Stunden vorher bis zum 28. April vertagt hatte, doch nicht ohne Anstalt ge¬
troffen zu haben, daß den Reichsboten jede inzwischen etwa eingehende Vorlage
nachgesendet werden könne.

Das Werk ist also da. Es wurde bereits in der ersten durch die Tarif¬
kommission dem Bundesrathe vorgelegten Gestalt bekannt, die wenigen Verän-


Im Gefühl des herannahenden Todes kleidete er sich um und begab sich zur
Ruhe. Jeden Beistand leicht abwehrend, verschied er kurz nach Mitternacht.
Er ruht auf dem Friedhofe hinter dem Bethause der Oberstraße.

Was Kayser an maurerischen Schriften besonders verpackt hinterlassen hatte,
wurde der Züricher Loge ununtersucht übergeben, nachdem ein Bruder des Ver¬
ewigten angelangt und den gesammten Nachlaß in Empfang genommen hatte.
Kayser's reiche Bibliothek kam in die Hände der Antiquare, von seinen reichen
Korrespondenzen findet sich nur weniges noch vor oder ist zum Theil unzu¬
gänglich. Schwerlich wird es unter diesen Umständen gelingen, das Lebensbild
Kayser's zu vervollständigen. Seine Bedeutung wird aber auch der vorstehende
lückenhafte biographische. Versuch erkennen lassen.

Als der Tod Kayser's seinem Freunde Klinger gemeldet wurde, erwiederte
dieser kurz darauf in einem Schreiben an David Heß: „Ja er war ein eigner
aber reiner und edler Mensch, gebildet aus, durch und für fich felbst aus seinem
Innern. Sein stiller Geist, fein reines Herz waren feine Lehrer und Leiter
und führten ihn zum stillen Leben, für das er allein geschaffen war."




politische Briefe.
VI.
Der Zolltarif.

Am 31. März beendete die Tarifkommission ihre Arbeit und legte damit
dem Reichskanzler das erwünschteste Geschenk auf den Geburtstagstisch des ersten
April. Am 2. April ging der Tarifgesetzentwurf nebst dein Tarif in den
Morgenstunden gedruckt dem Bundesrath zu, auf dessen um 2 Uhr Nachmittags
desselben Tages abzuhaltender Plenarsitzung der Entwurf bereits stand. Doch
erklärten einige Mitglieder, sich so rasch nicht haben informiren zu können; so
wurde der Entwurf auf die Tagesordnung vom 3. April gesetzt und mit un¬
bedeutenden Modifikationen außer einer zum Bundesrathsbeschluß erhoben. Am
4. April Abends ging er bereits als Vorlage dem Reichstage zu, der sich einige
Stunden vorher bis zum 28. April vertagt hatte, doch nicht ohne Anstalt ge¬
troffen zu haben, daß den Reichsboten jede inzwischen etwa eingehende Vorlage
nachgesendet werden könne.

Das Werk ist also da. Es wurde bereits in der ersten durch die Tarif¬
kommission dem Bundesrathe vorgelegten Gestalt bekannt, die wenigen Verän-


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 38, 1879, Zweites Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341829_157663/68>, abgerufen am 28.12.2024.