Die Grenzboten. Jg. 38, 1879, Zweites Quartal.dorischen Eckstückes begraben werden sollte. Aber die Sache sah schlimmer aus, Auch in Venedig scheint man an maßgebender Stelle die Angelegenheit Mit dem Ausbau des Innern der Bibliothek wurde, so scheint es, etwas dorischen Eckstückes begraben werden sollte. Aber die Sache sah schlimmer aus, Auch in Venedig scheint man an maßgebender Stelle die Angelegenheit Mit dem Ausbau des Innern der Bibliothek wurde, so scheint es, etwas <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0477" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/142432"/> <p xml:id="ID_1448" prev="#ID_1447"> dorischen Eckstückes begraben werden sollte. Aber die Sache sah schlimmer aus,<lb/> als sie in der That war. Dieselbe Fama, welche in den Jahren zuvor so<lb/> geschäftig für den Schöpfer der Libreria durch ganz Italien geflogen war,<lb/> stellte sich im Handumdrehen in den Dienst seiner Gegner und durchflog zum<lb/> zweiten Male als Nemesis die apenninische Halbinsel.</p><lb/> <p xml:id="ID_1449"> Auch in Venedig scheint man an maßgebender Stelle die Angelegenheit<lb/> schließlich unter einem milderen Lichte betrachtet zu haben. Als das „Prächtigste<lb/> Profane Gebäude Italien's" Ende 1548 vollendet dastand, als sich die weißen<lb/> Mormorsäulen in den lichtgrünen Fluthen der Lagune spiegelten, und ganz<lb/> Venedig dem genialen Meister zujauchzte, ging auch für den Hartgeprüften die<lb/> Sonne der Gnade wieder auf. Am 3. Februar 1549 wurde Sansovino in<lb/> seine Aemter und Würden wieder eingesetzt. Er erhielt nicht blos den suspen-<lb/> dirten Gehalt, sondern auch das als Geldbuße eingezogene Honorar für Bronze¬<lb/> arbeiten zurück. So verlief die Angelegenheit schließlich ohne materiellen Schaden<lb/> für den Meister, und auch sein Ruhm erholte sich allmählich von der erlittenen<lb/> Schlappe, die er überdies noch durch eine Reihe glänzender Schöpfungen wieder<lb/> gutmachen konnte, da er erst im Jahre 1570 starb und fast bis zum letzten Augen¬<lb/> blicke seines Lebens in Thätigkeit blieb. Aretino ließ die Rehabilitation seines<lb/> Freundes nicht vorübergehen, ohne dem Dogen und der Signoria in einem<lb/> Briefe voll emphatischer Wendungen für ihre gnädige, der Kunst freundliche<lb/> Gesinnung zu danken.</p><lb/> <p xml:id="ID_1450" next="#ID_1451"> Mit dem Ausbau des Innern der Bibliothek wurde, so scheint es, etwas<lb/> vorsichtiger umgegangen. Erst im Jahre 1553 war der große Saal so weit<lb/> vollendet, daß man daran denken konnte, ihn mit malerischem Schmucke zu ver¬<lb/> sehen. Gerade damals war uuter den Malern Venedig's ein neues glänzendes<lb/> Gestirn aufgetaucht, Paolo Veronese, der seine Erfolge vornehmlich als Fresko¬<lb/> maler erzielt hatte. Tizian und Sansovino, welche mit der Auswahl eines<lb/> Malers betraut waren, forderten ihn und fünf andere Künstler — die Register<lb/> der Prokuratien nennen die Namen: Jseppo Salviati, Battista da Verona,<lb/> Zuanne de Mio, Julio Lizziui und Andrea Schiavoni — zu einer Konkurrenz<lb/> auf, die im Jahre 1556 von den Preisrichtern zu Gunsten Paolo Veronese's<lb/> entschieden wurde. Um den Eifer der Konkurrenten noch zu erhöhen, hatten<lb/> die Prokuratoren für den Sieger außer feinem Honorar noch eine goldene Kette<lb/> ausgesetzt. Eine Anekdote erzählt, daß jeder von den Bewerbern einzeln gefragt<lb/> wurde, welchem Entwürfe er den ersten Preis zuerkenne, und alle sprachen ihm<lb/> dem Paolo zu — also eine Wiederholung jenes Urtheiles, welches einst die<lb/> griechischen Konkurrenten um die Amazone für Ephesos über das Werk ihres<lb/> Mitbewerbers Polyklet fällten. Paolo bekam also die goldene Kette und drei<lb/> von den einundzwanzig für die Decke bestimmten Rundbildern zur Ausführung,</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0477]
dorischen Eckstückes begraben werden sollte. Aber die Sache sah schlimmer aus,
als sie in der That war. Dieselbe Fama, welche in den Jahren zuvor so
geschäftig für den Schöpfer der Libreria durch ganz Italien geflogen war,
stellte sich im Handumdrehen in den Dienst seiner Gegner und durchflog zum
zweiten Male als Nemesis die apenninische Halbinsel.
Auch in Venedig scheint man an maßgebender Stelle die Angelegenheit
schließlich unter einem milderen Lichte betrachtet zu haben. Als das „Prächtigste
Profane Gebäude Italien's" Ende 1548 vollendet dastand, als sich die weißen
Mormorsäulen in den lichtgrünen Fluthen der Lagune spiegelten, und ganz
Venedig dem genialen Meister zujauchzte, ging auch für den Hartgeprüften die
Sonne der Gnade wieder auf. Am 3. Februar 1549 wurde Sansovino in
seine Aemter und Würden wieder eingesetzt. Er erhielt nicht blos den suspen-
dirten Gehalt, sondern auch das als Geldbuße eingezogene Honorar für Bronze¬
arbeiten zurück. So verlief die Angelegenheit schließlich ohne materiellen Schaden
für den Meister, und auch sein Ruhm erholte sich allmählich von der erlittenen
Schlappe, die er überdies noch durch eine Reihe glänzender Schöpfungen wieder
gutmachen konnte, da er erst im Jahre 1570 starb und fast bis zum letzten Augen¬
blicke seines Lebens in Thätigkeit blieb. Aretino ließ die Rehabilitation seines
Freundes nicht vorübergehen, ohne dem Dogen und der Signoria in einem
Briefe voll emphatischer Wendungen für ihre gnädige, der Kunst freundliche
Gesinnung zu danken.
Mit dem Ausbau des Innern der Bibliothek wurde, so scheint es, etwas
vorsichtiger umgegangen. Erst im Jahre 1553 war der große Saal so weit
vollendet, daß man daran denken konnte, ihn mit malerischem Schmucke zu ver¬
sehen. Gerade damals war uuter den Malern Venedig's ein neues glänzendes
Gestirn aufgetaucht, Paolo Veronese, der seine Erfolge vornehmlich als Fresko¬
maler erzielt hatte. Tizian und Sansovino, welche mit der Auswahl eines
Malers betraut waren, forderten ihn und fünf andere Künstler — die Register
der Prokuratien nennen die Namen: Jseppo Salviati, Battista da Verona,
Zuanne de Mio, Julio Lizziui und Andrea Schiavoni — zu einer Konkurrenz
auf, die im Jahre 1556 von den Preisrichtern zu Gunsten Paolo Veronese's
entschieden wurde. Um den Eifer der Konkurrenten noch zu erhöhen, hatten
die Prokuratoren für den Sieger außer feinem Honorar noch eine goldene Kette
ausgesetzt. Eine Anekdote erzählt, daß jeder von den Bewerbern einzeln gefragt
wurde, welchem Entwürfe er den ersten Preis zuerkenne, und alle sprachen ihm
dem Paolo zu — also eine Wiederholung jenes Urtheiles, welches einst die
griechischen Konkurrenten um die Amazone für Ephesos über das Werk ihres
Mitbewerbers Polyklet fällten. Paolo bekam also die goldene Kette und drei
von den einundzwanzig für die Decke bestimmten Rundbildern zur Ausführung,
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |