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Die Grenzboten. Jg. 38, 1879, Zweites Quartal.

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Ihm waren der Universitätssekretär und alle anderen Beamten untergeordnet
und verantwortlich, daher er denn auch allein die Vorschläge zu Gehalts¬
erhöhungen zu machen und eventuell die Disziplinaruntersuchung anzuordnen
und zu führen hatte. Und da er nun solchergestalt thatsächlich der Nachfolger
des sächsischen Komes wurde, so ordnete zum Schluß der Minister auch noch
die Einräumung einer Amtswohnung im Nationalhause und die Zahlung eines
jährlichen Gehaltes von 2000 Gulden aus der Universitätskafse an, erlaubte
sich also einen ganz direkten Eingriff in das feierlich garantirte Recht der
Sachsen, über ihr Vermögen frei zu verfügen.

Ein solches Gebahren rief denn in der That den heftigsten Widerspruch
in der Generalversammlung hervor, die am 27. August 1877 zum zweiten
Male zusammengetreten war. Eine Kommission von sieben Mitgliedern wurde
mit der Umarbeitung der Entwürfe, zugleich aber auch mit der Abfassung einer
Eingabe an den Minister beauftragt, welche den sächsischen Standpunkt zu
wahren hatte. Sie änderte wirklich eine Reihe von Punkten ab, hielt aber
fest an den Bestimmungen über die Beschlußfähigkeit der Generalversammlung,
verwarf das Berufungsrecht der Minorität, trat auch entschieden für die Bei¬
behaltung des Ausschusses ein, gegen den aus dem Gesetze nichts sich anführen
lasse, und der sich aus praktischen Gründen empfehle, überdies nur einer langen
und bewährten Uebung entspreche. Auf's entschiedenste wandte sich die Vor¬
stellung sodann gegen die ministeriellen Forderungen bezüglich der Stellung
des Obergespans; da er nicht Beamter der Universität, ihr also nicht rechen¬
schaftspflichtig sei, fo könne er wohl im Namen der Regierung die Oberaufsicht
sichren, nun und nimmermehr aber gebühre ihm die Leitung der gesammten
Verwaltung und also auch weder die freie Wohnung im Nationalhause noch
ein Gehalt aus der Universitätskasse. Indem die Kommisston so in allen
wesentlichen Punkten die ursprünglichen Entwürfe als mit dem Gesetze über¬
einstimmend aufrecht erhielt, bequemte sie sich freiwillig dazu, nach dem Muster
der ungarischen Komitatsverfassung die Amtsdauer der Beamten ans sechs
Jahre zu beschränken und die übrigen sie betreffenden Bestimmungen demgemäß
abzuändern.

Doch diese Arbeit der Siebenerkommission gelangte nicht einmal zur Be¬
rathung im Plenum der Generalversammlung. Derselbe Friedrich Wächter,
der sich in den entscheidenden Debatten des Pester Abgeordnetenhauses über
das Gesetz von 1876 den nicht beneidenswerthen Ruhm erworben hatte, als
Referent die Regierungsvorlage gegen seine Landsleute zu vertheidigen, und
uun zum Schade" der Sachsen als Obergespan des Hermannstädter Komitats
an die Spitze der Universität gestellt war, betonte zunächst, daß der Entwurf
der Kommission auch solche Paragraphen der Statuten, gegen die der Minister


Grenzboten II. 1879. 53

Ihm waren der Universitätssekretär und alle anderen Beamten untergeordnet
und verantwortlich, daher er denn auch allein die Vorschläge zu Gehalts¬
erhöhungen zu machen und eventuell die Disziplinaruntersuchung anzuordnen
und zu führen hatte. Und da er nun solchergestalt thatsächlich der Nachfolger
des sächsischen Komes wurde, so ordnete zum Schluß der Minister auch noch
die Einräumung einer Amtswohnung im Nationalhause und die Zahlung eines
jährlichen Gehaltes von 2000 Gulden aus der Universitätskafse an, erlaubte
sich also einen ganz direkten Eingriff in das feierlich garantirte Recht der
Sachsen, über ihr Vermögen frei zu verfügen.

Ein solches Gebahren rief denn in der That den heftigsten Widerspruch
in der Generalversammlung hervor, die am 27. August 1877 zum zweiten
Male zusammengetreten war. Eine Kommission von sieben Mitgliedern wurde
mit der Umarbeitung der Entwürfe, zugleich aber auch mit der Abfassung einer
Eingabe an den Minister beauftragt, welche den sächsischen Standpunkt zu
wahren hatte. Sie änderte wirklich eine Reihe von Punkten ab, hielt aber
fest an den Bestimmungen über die Beschlußfähigkeit der Generalversammlung,
verwarf das Berufungsrecht der Minorität, trat auch entschieden für die Bei¬
behaltung des Ausschusses ein, gegen den aus dem Gesetze nichts sich anführen
lasse, und der sich aus praktischen Gründen empfehle, überdies nur einer langen
und bewährten Uebung entspreche. Auf's entschiedenste wandte sich die Vor¬
stellung sodann gegen die ministeriellen Forderungen bezüglich der Stellung
des Obergespans; da er nicht Beamter der Universität, ihr also nicht rechen¬
schaftspflichtig sei, fo könne er wohl im Namen der Regierung die Oberaufsicht
sichren, nun und nimmermehr aber gebühre ihm die Leitung der gesammten
Verwaltung und also auch weder die freie Wohnung im Nationalhause noch
ein Gehalt aus der Universitätskasse. Indem die Kommisston so in allen
wesentlichen Punkten die ursprünglichen Entwürfe als mit dem Gesetze über¬
einstimmend aufrecht erhielt, bequemte sie sich freiwillig dazu, nach dem Muster
der ungarischen Komitatsverfassung die Amtsdauer der Beamten ans sechs
Jahre zu beschränken und die übrigen sie betreffenden Bestimmungen demgemäß
abzuändern.

Doch diese Arbeit der Siebenerkommission gelangte nicht einmal zur Be¬
rathung im Plenum der Generalversammlung. Derselbe Friedrich Wächter,
der sich in den entscheidenden Debatten des Pester Abgeordnetenhauses über
das Gesetz von 1876 den nicht beneidenswerthen Ruhm erworben hatte, als
Referent die Regierungsvorlage gegen seine Landsleute zu vertheidigen, und
uun zum Schade« der Sachsen als Obergespan des Hermannstädter Komitats
an die Spitze der Universität gestellt war, betonte zunächst, daß der Entwurf
der Kommission auch solche Paragraphen der Statuten, gegen die der Minister


Grenzboten II. 1879. 53
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[0417] Ihm waren der Universitätssekretär und alle anderen Beamten untergeordnet und verantwortlich, daher er denn auch allein die Vorschläge zu Gehalts¬ erhöhungen zu machen und eventuell die Disziplinaruntersuchung anzuordnen und zu führen hatte. Und da er nun solchergestalt thatsächlich der Nachfolger des sächsischen Komes wurde, so ordnete zum Schluß der Minister auch noch die Einräumung einer Amtswohnung im Nationalhause und die Zahlung eines jährlichen Gehaltes von 2000 Gulden aus der Universitätskafse an, erlaubte sich also einen ganz direkten Eingriff in das feierlich garantirte Recht der Sachsen, über ihr Vermögen frei zu verfügen. Ein solches Gebahren rief denn in der That den heftigsten Widerspruch in der Generalversammlung hervor, die am 27. August 1877 zum zweiten Male zusammengetreten war. Eine Kommission von sieben Mitgliedern wurde mit der Umarbeitung der Entwürfe, zugleich aber auch mit der Abfassung einer Eingabe an den Minister beauftragt, welche den sächsischen Standpunkt zu wahren hatte. Sie änderte wirklich eine Reihe von Punkten ab, hielt aber fest an den Bestimmungen über die Beschlußfähigkeit der Generalversammlung, verwarf das Berufungsrecht der Minorität, trat auch entschieden für die Bei¬ behaltung des Ausschusses ein, gegen den aus dem Gesetze nichts sich anführen lasse, und der sich aus praktischen Gründen empfehle, überdies nur einer langen und bewährten Uebung entspreche. Auf's entschiedenste wandte sich die Vor¬ stellung sodann gegen die ministeriellen Forderungen bezüglich der Stellung des Obergespans; da er nicht Beamter der Universität, ihr also nicht rechen¬ schaftspflichtig sei, fo könne er wohl im Namen der Regierung die Oberaufsicht sichren, nun und nimmermehr aber gebühre ihm die Leitung der gesammten Verwaltung und also auch weder die freie Wohnung im Nationalhause noch ein Gehalt aus der Universitätskasse. Indem die Kommisston so in allen wesentlichen Punkten die ursprünglichen Entwürfe als mit dem Gesetze über¬ einstimmend aufrecht erhielt, bequemte sie sich freiwillig dazu, nach dem Muster der ungarischen Komitatsverfassung die Amtsdauer der Beamten ans sechs Jahre zu beschränken und die übrigen sie betreffenden Bestimmungen demgemäß abzuändern. Doch diese Arbeit der Siebenerkommission gelangte nicht einmal zur Be¬ rathung im Plenum der Generalversammlung. Derselbe Friedrich Wächter, der sich in den entscheidenden Debatten des Pester Abgeordnetenhauses über das Gesetz von 1876 den nicht beneidenswerthen Ruhm erworben hatte, als Referent die Regierungsvorlage gegen seine Landsleute zu vertheidigen, und uun zum Schade« der Sachsen als Obergespan des Hermannstädter Komitats an die Spitze der Universität gestellt war, betonte zunächst, daß der Entwurf der Kommission auch solche Paragraphen der Statuten, gegen die der Minister Grenzboten II. 1879. 53

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 38, 1879, Zweites Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341829_157663/417>, abgerufen am 20.10.2024.