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Die Grenzboten. Jg. 38, 1879, Zweites Quartal.

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Der König zeigte sich auch in seiner Eigenschaft als Landwirth als die
schlicht ehrliche, durchaus wahrhaftige und pflichttreue Natur, als die er uns
in anderen Beziehungen entgegentritt, freilich aber auch als der argwöhnische,
maßlos heftige, rücksichtslos ungeduldige Mann, den wir sonst in ihm kennen.
Die Wege, die er ging, waren die einer uneingeschränkten Selbstherrschaft.
Sie waren schroffster und rauhester Art. Nach den Anschauungen unserer Tage
wären vielleicht manche seiner durch barsches, drohendes Befehlen erzwungenen
Erfolge durch Auregung und Belehrung besser zu erreichen gewesen. Für freie
Entschlüsse, für Handeln nach eigener Erkenntniß und Bestimmung war inner¬
halb der Machtsphäre des Königs wenig oder gar kein Raum, und für politische
Freiheit gab es in diesem militärisch monarchischen Preußen durchaus keine
Stelle. Aber diesen Thatsachen gegenüber, die lange Zeit hindurch einseitig
genug hervorgehoben worden sind, muß immer wieder an die Verhältnisse und
die Menschen erinnert werden, mit denen Friedrich Wilhelm zu thun hatte,
sowie an die Aufgaben, die ihm gestellt waren. Von ihm gilt, wie von Luther,
die Aeußerung, die der letztere einst über sich selbst that: "Ich muß die Klötze
und Stämme ausreuten, Dornen und Hecken weghauen, die Pfützen ausfüllen
und bin der grobe Waldrechter, der die Bahn brechen und zurichten muß."
Ueberdies aber stand der starren, oft gewaltsamen und oft grausamen Art
des Königs seine wahrhaft väterliche Fürsorge für das Beste des Volkes und
Staates gegenüber, und seinen ost harten Forderungen an die Leistungsfähigkeit
Anderer entsprach die eigene sich nie genugthuende Pflichtstrenge und Selbst¬
verleugnung. "Gott hat," so sagt der König in einer für seinen Nachfolger
bestimmten Instruktion, "den Regenten nicht eingesetzt, um seine Tage in Genuß
zuzubringen, wie die Meisten thun, sondern um sein Land wohl zu regieren
Zur Arbeit sind die Regenten erkoren; will aber ein Fürst Ehre erwerben und
mit Ehren seine Regierung führen, fo muß er seine Geschäfte selber vollziehen."
Wie hoch steht mit solchen Grundsätzen Friedrich Wilhelm über seinem sächsischen
Nachbar, August dem Starken, und ähnlichem kläglichen Abklatsch des Versailler
M. B. Königthums!




Z)rei Sensationsmaler.
in.
Gabriel Max.

In Makart verkörpert sich jener sinnliche Zug unserer Zeit, der seine
Befriedigung in äußerem Prunk und berauschender Farbenpracht sucht, jene
künstlerische Richtung, die man nicht sehr höflich, aber sehr bezeichnend den


Der König zeigte sich auch in seiner Eigenschaft als Landwirth als die
schlicht ehrliche, durchaus wahrhaftige und pflichttreue Natur, als die er uns
in anderen Beziehungen entgegentritt, freilich aber auch als der argwöhnische,
maßlos heftige, rücksichtslos ungeduldige Mann, den wir sonst in ihm kennen.
Die Wege, die er ging, waren die einer uneingeschränkten Selbstherrschaft.
Sie waren schroffster und rauhester Art. Nach den Anschauungen unserer Tage
wären vielleicht manche seiner durch barsches, drohendes Befehlen erzwungenen
Erfolge durch Auregung und Belehrung besser zu erreichen gewesen. Für freie
Entschlüsse, für Handeln nach eigener Erkenntniß und Bestimmung war inner¬
halb der Machtsphäre des Königs wenig oder gar kein Raum, und für politische
Freiheit gab es in diesem militärisch monarchischen Preußen durchaus keine
Stelle. Aber diesen Thatsachen gegenüber, die lange Zeit hindurch einseitig
genug hervorgehoben worden sind, muß immer wieder an die Verhältnisse und
die Menschen erinnert werden, mit denen Friedrich Wilhelm zu thun hatte,
sowie an die Aufgaben, die ihm gestellt waren. Von ihm gilt, wie von Luther,
die Aeußerung, die der letztere einst über sich selbst that: „Ich muß die Klötze
und Stämme ausreuten, Dornen und Hecken weghauen, die Pfützen ausfüllen
und bin der grobe Waldrechter, der die Bahn brechen und zurichten muß."
Ueberdies aber stand der starren, oft gewaltsamen und oft grausamen Art
des Königs seine wahrhaft väterliche Fürsorge für das Beste des Volkes und
Staates gegenüber, und seinen ost harten Forderungen an die Leistungsfähigkeit
Anderer entsprach die eigene sich nie genugthuende Pflichtstrenge und Selbst¬
verleugnung. „Gott hat," so sagt der König in einer für seinen Nachfolger
bestimmten Instruktion, „den Regenten nicht eingesetzt, um seine Tage in Genuß
zuzubringen, wie die Meisten thun, sondern um sein Land wohl zu regieren
Zur Arbeit sind die Regenten erkoren; will aber ein Fürst Ehre erwerben und
mit Ehren seine Regierung führen, fo muß er seine Geschäfte selber vollziehen."
Wie hoch steht mit solchen Grundsätzen Friedrich Wilhelm über seinem sächsischen
Nachbar, August dem Starken, und ähnlichem kläglichen Abklatsch des Versailler
M. B. Königthums!




Z)rei Sensationsmaler.
in.
Gabriel Max.

In Makart verkörpert sich jener sinnliche Zug unserer Zeit, der seine
Befriedigung in äußerem Prunk und berauschender Farbenpracht sucht, jene
künstlerische Richtung, die man nicht sehr höflich, aber sehr bezeichnend den


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[0022] Der König zeigte sich auch in seiner Eigenschaft als Landwirth als die schlicht ehrliche, durchaus wahrhaftige und pflichttreue Natur, als die er uns in anderen Beziehungen entgegentritt, freilich aber auch als der argwöhnische, maßlos heftige, rücksichtslos ungeduldige Mann, den wir sonst in ihm kennen. Die Wege, die er ging, waren die einer uneingeschränkten Selbstherrschaft. Sie waren schroffster und rauhester Art. Nach den Anschauungen unserer Tage wären vielleicht manche seiner durch barsches, drohendes Befehlen erzwungenen Erfolge durch Auregung und Belehrung besser zu erreichen gewesen. Für freie Entschlüsse, für Handeln nach eigener Erkenntniß und Bestimmung war inner¬ halb der Machtsphäre des Königs wenig oder gar kein Raum, und für politische Freiheit gab es in diesem militärisch monarchischen Preußen durchaus keine Stelle. Aber diesen Thatsachen gegenüber, die lange Zeit hindurch einseitig genug hervorgehoben worden sind, muß immer wieder an die Verhältnisse und die Menschen erinnert werden, mit denen Friedrich Wilhelm zu thun hatte, sowie an die Aufgaben, die ihm gestellt waren. Von ihm gilt, wie von Luther, die Aeußerung, die der letztere einst über sich selbst that: „Ich muß die Klötze und Stämme ausreuten, Dornen und Hecken weghauen, die Pfützen ausfüllen und bin der grobe Waldrechter, der die Bahn brechen und zurichten muß." Ueberdies aber stand der starren, oft gewaltsamen und oft grausamen Art des Königs seine wahrhaft väterliche Fürsorge für das Beste des Volkes und Staates gegenüber, und seinen ost harten Forderungen an die Leistungsfähigkeit Anderer entsprach die eigene sich nie genugthuende Pflichtstrenge und Selbst¬ verleugnung. „Gott hat," so sagt der König in einer für seinen Nachfolger bestimmten Instruktion, „den Regenten nicht eingesetzt, um seine Tage in Genuß zuzubringen, wie die Meisten thun, sondern um sein Land wohl zu regieren Zur Arbeit sind die Regenten erkoren; will aber ein Fürst Ehre erwerben und mit Ehren seine Regierung führen, fo muß er seine Geschäfte selber vollziehen." Wie hoch steht mit solchen Grundsätzen Friedrich Wilhelm über seinem sächsischen Nachbar, August dem Starken, und ähnlichem kläglichen Abklatsch des Versailler M. B. Königthums! Z)rei Sensationsmaler. in. Gabriel Max. In Makart verkörpert sich jener sinnliche Zug unserer Zeit, der seine Befriedigung in äußerem Prunk und berauschender Farbenpracht sucht, jene künstlerische Richtung, die man nicht sehr höflich, aber sehr bezeichnend den

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 38, 1879, Zweites Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341829_157663/22>, abgerufen am 27.12.2024.