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Die Grenzboten. Jg. 38, 1879, Erstes Quartal.

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Die von Günther geliebte und verlassene Frau nun, an die eine nicht geringe
Anzahl seiner Gedichte gerichtet ist, und die in seinem Leben und Dichten die
größte Rolle gespielt hat, hieß und heißt in Günther's Poesie: Leonore; das
Abschiedsgedicht trägt geradezu die Ueberschrift: An Leonore.

Sollte es da nicht wahrscheinlich sein, daß mit dem Eindruck des stim¬
mungsvollen Günther'schen Gedichtes und seiner höchst wirkungsvollen Strophen¬
form auch dieser Name in Bürger's Phantasie gehaftet habe, und daß, als die
Lenoren-Strophe von ihm ergriffen und zum Vehikel seines psychologischen Ge¬
mäldes genommen wurde, in welchem die überkommene Form erst ihre volle
Leistungsfähigkeit zu offenbaren scheint, auch der, allerdings schon vermöge seines
klanglichen Charakters unübertrefflich geeignete, Name des Mädchens aus Gün¬
I. Jmelmann. ther's in Bürger's Gedicht hinüberfloß?




Z. I. Weber's Meisterwerke der Holzschneidekunst.

Als wir vor etwa anderthalb Jahren die erste Lieferung von Seemann's
"Kunsthistorischen Bilderbogen" mit einer Begeisterung begrüßten, die damals
von manchem für übertrieben gehalten worden sein mag, inzwischen aber durch
den beispiellosen Erfolg des seit kurzem vollendeten Unternehmens glänzend ge¬
rechtfertigt worden ist, sprachen wir zugleich die Hoffnung aus, daß auch audere
"illustrirte Verleger" -- wir dachten dabei vor allem an I. I. Weber, Vel-
hagen >K Klasing und Ernst Keil -- den reichen Holzschnittsegen, der sich im
Laufe der Jahre und Jahrzehnte bei ihnen aufgespeichert haben mag, einmal
mustern und, unterstützt von sachkundigen und taktvoll wählenden und ordnenden
Händen, zu Bilderbogen oder Bilderbüchern für große Leute zusammenstellen
möchten. Wir meinten, es müßten sich auf diese Weise geschichtliche, geogra¬
phische und naturgeschichtliche, kunstgeschichtliche und kunstgewerbliche Bilder¬
bücher, wohl auch Porträtgalerieen, schaffen lassen, die, wenn auch ohne Anspruch
auf systematische Vollständigkeit, doch an Reichhaltigkeit, Schönheit und Billig¬
keit ihresgleichen suchen würden.

Mit einem Unternehmen, mit dem soeben die I. I. Weber'sche Verlags¬
buchhandlung hervorgetreten ist, scheint sich ein Theil jener Hoffnung in er¬
freulicher Weise erfüllen zu wollen. Die "Meisterwerke der Holzschneidekunst",
deren erste Lieferung uns vorliegt, werden, wie der Prospekt sagt, eine mit
möglichster Sorgfalt ausgestattete Sammlung bringen von solchen Blättern der
"Jllustrirten Zeitung", die sich durch künstlerische Auffassung und Durchführung


Die von Günther geliebte und verlassene Frau nun, an die eine nicht geringe
Anzahl seiner Gedichte gerichtet ist, und die in seinem Leben und Dichten die
größte Rolle gespielt hat, hieß und heißt in Günther's Poesie: Leonore; das
Abschiedsgedicht trägt geradezu die Ueberschrift: An Leonore.

Sollte es da nicht wahrscheinlich sein, daß mit dem Eindruck des stim¬
mungsvollen Günther'schen Gedichtes und seiner höchst wirkungsvollen Strophen¬
form auch dieser Name in Bürger's Phantasie gehaftet habe, und daß, als die
Lenoren-Strophe von ihm ergriffen und zum Vehikel seines psychologischen Ge¬
mäldes genommen wurde, in welchem die überkommene Form erst ihre volle
Leistungsfähigkeit zu offenbaren scheint, auch der, allerdings schon vermöge seines
klanglichen Charakters unübertrefflich geeignete, Name des Mädchens aus Gün¬
I. Jmelmann. ther's in Bürger's Gedicht hinüberfloß?




Z. I. Weber's Meisterwerke der Holzschneidekunst.

Als wir vor etwa anderthalb Jahren die erste Lieferung von Seemann's
„Kunsthistorischen Bilderbogen" mit einer Begeisterung begrüßten, die damals
von manchem für übertrieben gehalten worden sein mag, inzwischen aber durch
den beispiellosen Erfolg des seit kurzem vollendeten Unternehmens glänzend ge¬
rechtfertigt worden ist, sprachen wir zugleich die Hoffnung aus, daß auch audere
„illustrirte Verleger" — wir dachten dabei vor allem an I. I. Weber, Vel-
hagen >K Klasing und Ernst Keil — den reichen Holzschnittsegen, der sich im
Laufe der Jahre und Jahrzehnte bei ihnen aufgespeichert haben mag, einmal
mustern und, unterstützt von sachkundigen und taktvoll wählenden und ordnenden
Händen, zu Bilderbogen oder Bilderbüchern für große Leute zusammenstellen
möchten. Wir meinten, es müßten sich auf diese Weise geschichtliche, geogra¬
phische und naturgeschichtliche, kunstgeschichtliche und kunstgewerbliche Bilder¬
bücher, wohl auch Porträtgalerieen, schaffen lassen, die, wenn auch ohne Anspruch
auf systematische Vollständigkeit, doch an Reichhaltigkeit, Schönheit und Billig¬
keit ihresgleichen suchen würden.

Mit einem Unternehmen, mit dem soeben die I. I. Weber'sche Verlags¬
buchhandlung hervorgetreten ist, scheint sich ein Theil jener Hoffnung in er¬
freulicher Weise erfüllen zu wollen. Die „Meisterwerke der Holzschneidekunst",
deren erste Lieferung uns vorliegt, werden, wie der Prospekt sagt, eine mit
möglichster Sorgfalt ausgestattete Sammlung bringen von solchen Blättern der
„Jllustrirten Zeitung", die sich durch künstlerische Auffassung und Durchführung


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[0288] Die von Günther geliebte und verlassene Frau nun, an die eine nicht geringe Anzahl seiner Gedichte gerichtet ist, und die in seinem Leben und Dichten die größte Rolle gespielt hat, hieß und heißt in Günther's Poesie: Leonore; das Abschiedsgedicht trägt geradezu die Ueberschrift: An Leonore. Sollte es da nicht wahrscheinlich sein, daß mit dem Eindruck des stim¬ mungsvollen Günther'schen Gedichtes und seiner höchst wirkungsvollen Strophen¬ form auch dieser Name in Bürger's Phantasie gehaftet habe, und daß, als die Lenoren-Strophe von ihm ergriffen und zum Vehikel seines psychologischen Ge¬ mäldes genommen wurde, in welchem die überkommene Form erst ihre volle Leistungsfähigkeit zu offenbaren scheint, auch der, allerdings schon vermöge seines klanglichen Charakters unübertrefflich geeignete, Name des Mädchens aus Gün¬ I. Jmelmann. ther's in Bürger's Gedicht hinüberfloß? Z. I. Weber's Meisterwerke der Holzschneidekunst. Als wir vor etwa anderthalb Jahren die erste Lieferung von Seemann's „Kunsthistorischen Bilderbogen" mit einer Begeisterung begrüßten, die damals von manchem für übertrieben gehalten worden sein mag, inzwischen aber durch den beispiellosen Erfolg des seit kurzem vollendeten Unternehmens glänzend ge¬ rechtfertigt worden ist, sprachen wir zugleich die Hoffnung aus, daß auch audere „illustrirte Verleger" — wir dachten dabei vor allem an I. I. Weber, Vel- hagen >K Klasing und Ernst Keil — den reichen Holzschnittsegen, der sich im Laufe der Jahre und Jahrzehnte bei ihnen aufgespeichert haben mag, einmal mustern und, unterstützt von sachkundigen und taktvoll wählenden und ordnenden Händen, zu Bilderbogen oder Bilderbüchern für große Leute zusammenstellen möchten. Wir meinten, es müßten sich auf diese Weise geschichtliche, geogra¬ phische und naturgeschichtliche, kunstgeschichtliche und kunstgewerbliche Bilder¬ bücher, wohl auch Porträtgalerieen, schaffen lassen, die, wenn auch ohne Anspruch auf systematische Vollständigkeit, doch an Reichhaltigkeit, Schönheit und Billig¬ keit ihresgleichen suchen würden. Mit einem Unternehmen, mit dem soeben die I. I. Weber'sche Verlags¬ buchhandlung hervorgetreten ist, scheint sich ein Theil jener Hoffnung in er¬ freulicher Weise erfüllen zu wollen. Die „Meisterwerke der Holzschneidekunst", deren erste Lieferung uns vorliegt, werden, wie der Prospekt sagt, eine mit möglichster Sorgfalt ausgestattete Sammlung bringen von solchen Blättern der „Jllustrirten Zeitung", die sich durch künstlerische Auffassung und Durchführung

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 38, 1879, Erstes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341829_141412/288>, abgerufen am 23.07.2024.