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Die Grenzboten. Jg. 38, 1879, Erstes Quartal.

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die Länder und Meere zu folgen. Ein solches Unterfangen, ich fühle es, wird
sich nur nach Bewältigung von großen Schwierigkeiten glücklich durchführen
lassen, aber ich finde die Entschuldigung für meine Kühnheit eben in der Größe
des Versuches und widme ihm redlich die rasch enteilenden Stunden meines
Lebens. Die hergebrachte Art geographischer Darstellung, welche darin besteht,
die Längen und Breiten zu nennen, Städte, Dörfer, staatliche Verwaltungsein¬
richtungen aufzuzählen, wird in meiner Arbeit nur einen untergeordneten
Rang einnehmen. Atlanten, Handbücher, offizielle Veröffentlichungen bieten
über diesen Zweig geographischen Wissens alle wünschenswerthen Angaben.
Indem ich mir die leichte Mühe machte, eine Anzahl Tabellen nur der
richtigsten Namen und Zahlen einzuschalten, beabsichtigte ich, nicht unnöthiger
Weise den Umfang meines Werkes anschwellen zu lassen, das ohnehin schon
sehr ausgedehnt sein wird; auch hätte ich ja fürchten müssen, mich zu sehr
an dem eigentlichen Eigenthum der Kartographie und Statistik zu vergreifen....
Auf meiner weiten Reise durch die Welt, von den Gestaden Griechenland's,
wo die europäische Kultur beginnt, bis zu den schrecklichen Eisbergen, welche
dem Menschen den Zutritt zu den arktischen und antarktischen Ländern wehren,
werde ich mich nicht an eine unabänderlich feststehende Regel binden. Da die
Natur selbst sehr mannichfaltig in ihren Erscheinungsformen ist und keinem
Gesetz herkömmlicher Regelmäßigkeit gehorcht, so würde es nur eine sehr äußer¬
liche Methode sein, wenn ich immer demselben Schema in der Beschreibung
folgen wollte. Es scheint mir besser, bei meiner Arbeit mich dnrch die relative
Wichtigkeit der behandelten Erscheinungen leiten zu lassen, sowie durch die
besonderen Charakterzüge des Kulturzustandes derjenigen Völker, die in meinen
Bildern aufeinander folgen werden.

Beim Beginne einer Arbeit von so großer Ausdehnung ist es meine Pflicht,
mich dem Leser gegenüber zu einer außerordentlichen Nüchternheit der Sprache
zu verpflichten. Ich habe zu viel zu sagen, um nicht darauf zu achten, daß ich
mich jedes unnützen Wortes enthalte. Daher werde ich mich aller Kürze befleißigen,
soweit es möglich ist, ohne der Deutlichkeit zu schaden.

Leider wird mein Werk, mit soviel Sorgfalt ich es auch vorbereitet habe
und redigire, gewiß nicht ohne zahlreiche Irrthümer bleiben. Diejenigen, welche
ihren Grund in den beständigen Umbildungen der Natur und Menschheit haben,
sind unvermeidlich, und ich habe es nicht nöthig, mich um ihretwillen zu ent¬
schuldigen, denn ich kann nicht die Anmaßung hegen, meiner Zeit vorauseilen zu
wollen. Aber ich sehe auch sehr viele Irrthümer voraus, die sich einschleichen
werden, theils durch die Unkenntniß der Arbeiten meiner Vorgänger, theils, was
viel schlimmer ist, durch ein gewisses Vorurtheil, dessen mich zu entledigen mir
schwerlich ganz gelingen dürfte. Gleich von vornherein bitte ich die Leser des-


die Länder und Meere zu folgen. Ein solches Unterfangen, ich fühle es, wird
sich nur nach Bewältigung von großen Schwierigkeiten glücklich durchführen
lassen, aber ich finde die Entschuldigung für meine Kühnheit eben in der Größe
des Versuches und widme ihm redlich die rasch enteilenden Stunden meines
Lebens. Die hergebrachte Art geographischer Darstellung, welche darin besteht,
die Längen und Breiten zu nennen, Städte, Dörfer, staatliche Verwaltungsein¬
richtungen aufzuzählen, wird in meiner Arbeit nur einen untergeordneten
Rang einnehmen. Atlanten, Handbücher, offizielle Veröffentlichungen bieten
über diesen Zweig geographischen Wissens alle wünschenswerthen Angaben.
Indem ich mir die leichte Mühe machte, eine Anzahl Tabellen nur der
richtigsten Namen und Zahlen einzuschalten, beabsichtigte ich, nicht unnöthiger
Weise den Umfang meines Werkes anschwellen zu lassen, das ohnehin schon
sehr ausgedehnt sein wird; auch hätte ich ja fürchten müssen, mich zu sehr
an dem eigentlichen Eigenthum der Kartographie und Statistik zu vergreifen....
Auf meiner weiten Reise durch die Welt, von den Gestaden Griechenland's,
wo die europäische Kultur beginnt, bis zu den schrecklichen Eisbergen, welche
dem Menschen den Zutritt zu den arktischen und antarktischen Ländern wehren,
werde ich mich nicht an eine unabänderlich feststehende Regel binden. Da die
Natur selbst sehr mannichfaltig in ihren Erscheinungsformen ist und keinem
Gesetz herkömmlicher Regelmäßigkeit gehorcht, so würde es nur eine sehr äußer¬
liche Methode sein, wenn ich immer demselben Schema in der Beschreibung
folgen wollte. Es scheint mir besser, bei meiner Arbeit mich dnrch die relative
Wichtigkeit der behandelten Erscheinungen leiten zu lassen, sowie durch die
besonderen Charakterzüge des Kulturzustandes derjenigen Völker, die in meinen
Bildern aufeinander folgen werden.

Beim Beginne einer Arbeit von so großer Ausdehnung ist es meine Pflicht,
mich dem Leser gegenüber zu einer außerordentlichen Nüchternheit der Sprache
zu verpflichten. Ich habe zu viel zu sagen, um nicht darauf zu achten, daß ich
mich jedes unnützen Wortes enthalte. Daher werde ich mich aller Kürze befleißigen,
soweit es möglich ist, ohne der Deutlichkeit zu schaden.

Leider wird mein Werk, mit soviel Sorgfalt ich es auch vorbereitet habe
und redigire, gewiß nicht ohne zahlreiche Irrthümer bleiben. Diejenigen, welche
ihren Grund in den beständigen Umbildungen der Natur und Menschheit haben,
sind unvermeidlich, und ich habe es nicht nöthig, mich um ihretwillen zu ent¬
schuldigen, denn ich kann nicht die Anmaßung hegen, meiner Zeit vorauseilen zu
wollen. Aber ich sehe auch sehr viele Irrthümer voraus, die sich einschleichen
werden, theils durch die Unkenntniß der Arbeiten meiner Vorgänger, theils, was
viel schlimmer ist, durch ein gewisses Vorurtheil, dessen mich zu entledigen mir
schwerlich ganz gelingen dürfte. Gleich von vornherein bitte ich die Leser des-


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[0226] die Länder und Meere zu folgen. Ein solches Unterfangen, ich fühle es, wird sich nur nach Bewältigung von großen Schwierigkeiten glücklich durchführen lassen, aber ich finde die Entschuldigung für meine Kühnheit eben in der Größe des Versuches und widme ihm redlich die rasch enteilenden Stunden meines Lebens. Die hergebrachte Art geographischer Darstellung, welche darin besteht, die Längen und Breiten zu nennen, Städte, Dörfer, staatliche Verwaltungsein¬ richtungen aufzuzählen, wird in meiner Arbeit nur einen untergeordneten Rang einnehmen. Atlanten, Handbücher, offizielle Veröffentlichungen bieten über diesen Zweig geographischen Wissens alle wünschenswerthen Angaben. Indem ich mir die leichte Mühe machte, eine Anzahl Tabellen nur der richtigsten Namen und Zahlen einzuschalten, beabsichtigte ich, nicht unnöthiger Weise den Umfang meines Werkes anschwellen zu lassen, das ohnehin schon sehr ausgedehnt sein wird; auch hätte ich ja fürchten müssen, mich zu sehr an dem eigentlichen Eigenthum der Kartographie und Statistik zu vergreifen.... Auf meiner weiten Reise durch die Welt, von den Gestaden Griechenland's, wo die europäische Kultur beginnt, bis zu den schrecklichen Eisbergen, welche dem Menschen den Zutritt zu den arktischen und antarktischen Ländern wehren, werde ich mich nicht an eine unabänderlich feststehende Regel binden. Da die Natur selbst sehr mannichfaltig in ihren Erscheinungsformen ist und keinem Gesetz herkömmlicher Regelmäßigkeit gehorcht, so würde es nur eine sehr äußer¬ liche Methode sein, wenn ich immer demselben Schema in der Beschreibung folgen wollte. Es scheint mir besser, bei meiner Arbeit mich dnrch die relative Wichtigkeit der behandelten Erscheinungen leiten zu lassen, sowie durch die besonderen Charakterzüge des Kulturzustandes derjenigen Völker, die in meinen Bildern aufeinander folgen werden. Beim Beginne einer Arbeit von so großer Ausdehnung ist es meine Pflicht, mich dem Leser gegenüber zu einer außerordentlichen Nüchternheit der Sprache zu verpflichten. Ich habe zu viel zu sagen, um nicht darauf zu achten, daß ich mich jedes unnützen Wortes enthalte. Daher werde ich mich aller Kürze befleißigen, soweit es möglich ist, ohne der Deutlichkeit zu schaden. Leider wird mein Werk, mit soviel Sorgfalt ich es auch vorbereitet habe und redigire, gewiß nicht ohne zahlreiche Irrthümer bleiben. Diejenigen, welche ihren Grund in den beständigen Umbildungen der Natur und Menschheit haben, sind unvermeidlich, und ich habe es nicht nöthig, mich um ihretwillen zu ent¬ schuldigen, denn ich kann nicht die Anmaßung hegen, meiner Zeit vorauseilen zu wollen. Aber ich sehe auch sehr viele Irrthümer voraus, die sich einschleichen werden, theils durch die Unkenntniß der Arbeiten meiner Vorgänger, theils, was viel schlimmer ist, durch ein gewisses Vorurtheil, dessen mich zu entledigen mir schwerlich ganz gelingen dürfte. Gleich von vornherein bitte ich die Leser des-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 38, 1879, Erstes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341829_141412/226>, abgerufen am 23.07.2024.