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Die Grenzboten. Jg. 38, 1879, Erstes Quartal.

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Reise großen Gewinn gezogen. An eine Sammlung von 76 Inschriften, die er
auf seinen Wanderungen kopirt hatte, und deren Publikation er 1855 Boeckh
widmete, schlossen sich in den folgenden Jahren eine Reihe kleinerer Arbeiten
derselben Gattung an. Für seine Beschäftigung mit archäologischen Gegenständen
im engeren Sinne wurde eine zweite Reise noch fruchtbarer, die er im Frühling
1862 auf Ernst Curtius' Einladung und in dessen Gesellschaft unternahm, um
die damals durch Strack geleiteten Ausgrabungen des Dionysostheaters in Athen
zu verfolgen. Von archäologischen Spezialitäten interessirten ihn namentlich die
antiken Schleudergeschosse, von denen er selbst eine beträchtliche Kollektion zu¬
sammengebracht hatte, die er, wie alle von ihm erworbenen Antiquitäten, später
dem Museum zu Basel vermachte.

Die zahlreichen kleinen Schriften, die Bischer in einem Zeitraume von bei¬
nahe vier Jahrzehnten veröffentlichte, sind meist in Schul- und Universitätspro-
grammen und in den verschiedensten wissenschaftlichen Zeitschriften erschienen.
In der Schweiz ist vieles davon auch in den weiteren Kreisen der wissenschaftlich
Gebildeten bekannt geworden, in Deutschland wird ihre Bekanntschaft sich kaum
über die Kreise der eigentlichen Fachgenossen hinaus erstreckt haben, vieles davon
ist sicherlich nicht einmal dahin immer gedrungen. So hat denn der Hirzel'sche
Verlag in Leipzig mit der Auswahl derselben, die er veranstaltet, und die in zwei
stattlichen Bänden jetzt vollendet vorliegt, sich ein entschiedenes Verdienst er¬
worben. Bischer selbst hat sich in seinen letzten Lebensjahren mit dem Gedanken
getragen, eine solche Sammlung vorzunehmen, ist aber auch hieran durch seine
vielseitige und angestrengte amtliche Thätigkeit verhindert worden. Von der
Hand zweier seiner ehemaligen Schüler ist ihm das Denkmal nun errichtet
worden, zu dem er selbst in jahrzehntelangem Fleiß die Bausteine geliefert.

Zu bedauern ist es, daß in der Anordnung der Sammlung keine Scheidung
möglich gewesen ist zwischen solchen Arbeiten, die lediglich für den Fachmann
von Interesse sein können, und solchen, die jeder tiefer Gebildete mit Gewinn
und Genuß studiren wird. Zu den letzteren gehört entschieden ein großer
Theil derer, die im ersten Bande als "Historische Schriften" vereinigt sind.
Wir rechnen namentlich hierher die Studien über Kimon, über den Feldherrn
Demosthenes, über Alkibiades und Lysander, über die oligarchische Partei und
die Hetärieen in Athen, über den makedonischer König Perdikkas II., über Epa-
meinondas, ferner die feine und scharfsinnige Abhandlung "Ueber die Benutzung
der alten Komödie als geschichtliche Quelle", endlich den sachkundigen kritischen Aus¬
satz "Ueber die neueren Bearbeitungen der griechischen Geschichte" (1861). Geringere
Ausbeute für weitere Kreise liefert der zweite, mit 26 lithographischen Tafeln
geschmückte Band, der die "Archäologischen und Epigraphischen Schriften" umfaßt.
Doch heben wir auch hier wenigstens hervor den Aufsatz "Zwei antike Köpfe


Reise großen Gewinn gezogen. An eine Sammlung von 76 Inschriften, die er
auf seinen Wanderungen kopirt hatte, und deren Publikation er 1855 Boeckh
widmete, schlossen sich in den folgenden Jahren eine Reihe kleinerer Arbeiten
derselben Gattung an. Für seine Beschäftigung mit archäologischen Gegenständen
im engeren Sinne wurde eine zweite Reise noch fruchtbarer, die er im Frühling
1862 auf Ernst Curtius' Einladung und in dessen Gesellschaft unternahm, um
die damals durch Strack geleiteten Ausgrabungen des Dionysostheaters in Athen
zu verfolgen. Von archäologischen Spezialitäten interessirten ihn namentlich die
antiken Schleudergeschosse, von denen er selbst eine beträchtliche Kollektion zu¬
sammengebracht hatte, die er, wie alle von ihm erworbenen Antiquitäten, später
dem Museum zu Basel vermachte.

Die zahlreichen kleinen Schriften, die Bischer in einem Zeitraume von bei¬
nahe vier Jahrzehnten veröffentlichte, sind meist in Schul- und Universitätspro-
grammen und in den verschiedensten wissenschaftlichen Zeitschriften erschienen.
In der Schweiz ist vieles davon auch in den weiteren Kreisen der wissenschaftlich
Gebildeten bekannt geworden, in Deutschland wird ihre Bekanntschaft sich kaum
über die Kreise der eigentlichen Fachgenossen hinaus erstreckt haben, vieles davon
ist sicherlich nicht einmal dahin immer gedrungen. So hat denn der Hirzel'sche
Verlag in Leipzig mit der Auswahl derselben, die er veranstaltet, und die in zwei
stattlichen Bänden jetzt vollendet vorliegt, sich ein entschiedenes Verdienst er¬
worben. Bischer selbst hat sich in seinen letzten Lebensjahren mit dem Gedanken
getragen, eine solche Sammlung vorzunehmen, ist aber auch hieran durch seine
vielseitige und angestrengte amtliche Thätigkeit verhindert worden. Von der
Hand zweier seiner ehemaligen Schüler ist ihm das Denkmal nun errichtet
worden, zu dem er selbst in jahrzehntelangem Fleiß die Bausteine geliefert.

Zu bedauern ist es, daß in der Anordnung der Sammlung keine Scheidung
möglich gewesen ist zwischen solchen Arbeiten, die lediglich für den Fachmann
von Interesse sein können, und solchen, die jeder tiefer Gebildete mit Gewinn
und Genuß studiren wird. Zu den letzteren gehört entschieden ein großer
Theil derer, die im ersten Bande als „Historische Schriften" vereinigt sind.
Wir rechnen namentlich hierher die Studien über Kimon, über den Feldherrn
Demosthenes, über Alkibiades und Lysander, über die oligarchische Partei und
die Hetärieen in Athen, über den makedonischer König Perdikkas II., über Epa-
meinondas, ferner die feine und scharfsinnige Abhandlung „Ueber die Benutzung
der alten Komödie als geschichtliche Quelle", endlich den sachkundigen kritischen Aus¬
satz „Ueber die neueren Bearbeitungen der griechischen Geschichte" (1861). Geringere
Ausbeute für weitere Kreise liefert der zweite, mit 26 lithographischen Tafeln
geschmückte Band, der die „Archäologischen und Epigraphischen Schriften" umfaßt.
Doch heben wir auch hier wenigstens hervor den Aufsatz „Zwei antike Köpfe


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 38, 1879, Erstes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341829_141412/182>, abgerufen am 01.07.2024.