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Die Grenzboten. Jg. 38, 1879, Erstes Quartal.

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komme, der von dem Enkel des Meisters, Alexander Joseph, abstammte, vor
25 Jahren eine aegyptische Mumie besaß, die angeblich aus dem Nachlaß des
Malers herrührte.

Herr von Valaves hatte inzwischen dem Meister den Empfang des xor-
xswuro. modiis bestätigt. In seinem Antwortschreiben drückt Rubens zunächst
seine Freude darüber aus, daß die Glasröhre des Apparats bei dem Trans¬
port nicht zerbrochen sei. Man würde dem großen Manne Unrecht thun,
wollte man glauben, daß er in die Thorheiten vieler seiner Zeitgenossen ver¬
fallen sei, welche in ruheloser Hast auf die Entdeckung des Steins der Weisen,
des xsrx<zwo.ro. mobile, des Lebenselixirs, der Quadratur des Zirkels u. s. w.
Jagd machten. Was Rubens in Gemeinschaft mit dem Graveur und Münz¬
gießer Jean de Montfort konstruirt hatte, war nichts anderes als ein Instru¬
ment zur Temperatur- oder Lnftbestimmung, eine Art Barometer oder Ther¬
mometer. Aus anderen, bereits früher publizirten Briefen an Peiresc erfahren
wir, daß Rubens von Schwindlern, wie der Holländer Drebbel und die Rosen¬
kreuzer waren, sehr geringschätzig sprach. Umsoweniger ist anzunehmen, daß
er ihnen auf ihren schlüpfrigen Pfaden folgte/

Rubens theilt in dem Briefe an Herrn von Valaves weiter mit, daß der
Abt von Saint-Ambroise ihn angewiesen habe, spätestens am 4. Februar mit
den Bildern in Paris zu sein. Er müsse deshalb die Hände von den Ge¬
mälden lassen, sonst würden sie nicht mehr trocken, und sich dazu entschließen,
die letzten Retouchen an den Bildern in der Galerie selbst zu machen. Unan¬
genehmer als das sei ihm jedoch der Umstand, daß das Bild sür den Kardinal
nicht zu gleicher Zeit vollendet werden könne.

Der nächste Brief ist an Herrn von Peiresc gerichtet und aus Paris vom
13. Mai 1625 datirt. Rubens ist also glücklich in der französischen Haupt¬
stadt angelangt, hat aber, wie wir aus dem Briefe erfahren, mit mancherlei
Unannehmlichkeiten zu kämpfen gehabt. Zuerst ist Herrn von Valaves bei der
Vermählungsfeierlichkeit ein Mißgeschick widerfahren. "Er befand sich," wie
Rubens berichtet, "mit mir auf demselben Balkon, welcher für die Engländer
aus dem Gefolge der Herren Gesandten bestimmt war. Eine große Zahl von
Leuten war auf diesen Balkon gestiegen. Plötzlich brechen unter der enormen
Last dieser Menge die Holzdielen, und ich sehe Ihren Bruder, der sich an
meiner Seite befand, mit den anderen herunterstürzen. Darob bekam ich einen
großen Schreck, und schwerer Kummer überfiel mich. Ich stand dicht an dem
benachbarten Balkon, wo ich heil und wohlbehalten stehen blieb, wie wir bis¬
weilen zwischen zwei Stühlen sitzen bleiben. Kaum habe ich Zeit gehabt, um
mein Bein von dem zusammenstürzenden Balkon fortzuziehen und auf den
Balkon zu setzen, welcher stehen blieb. Und es war Niemandem möglich her-


komme, der von dem Enkel des Meisters, Alexander Joseph, abstammte, vor
25 Jahren eine aegyptische Mumie besaß, die angeblich aus dem Nachlaß des
Malers herrührte.

Herr von Valaves hatte inzwischen dem Meister den Empfang des xor-
xswuro. modiis bestätigt. In seinem Antwortschreiben drückt Rubens zunächst
seine Freude darüber aus, daß die Glasröhre des Apparats bei dem Trans¬
port nicht zerbrochen sei. Man würde dem großen Manne Unrecht thun,
wollte man glauben, daß er in die Thorheiten vieler seiner Zeitgenossen ver¬
fallen sei, welche in ruheloser Hast auf die Entdeckung des Steins der Weisen,
des xsrx<zwo.ro. mobile, des Lebenselixirs, der Quadratur des Zirkels u. s. w.
Jagd machten. Was Rubens in Gemeinschaft mit dem Graveur und Münz¬
gießer Jean de Montfort konstruirt hatte, war nichts anderes als ein Instru¬
ment zur Temperatur- oder Lnftbestimmung, eine Art Barometer oder Ther¬
mometer. Aus anderen, bereits früher publizirten Briefen an Peiresc erfahren
wir, daß Rubens von Schwindlern, wie der Holländer Drebbel und die Rosen¬
kreuzer waren, sehr geringschätzig sprach. Umsoweniger ist anzunehmen, daß
er ihnen auf ihren schlüpfrigen Pfaden folgte/

Rubens theilt in dem Briefe an Herrn von Valaves weiter mit, daß der
Abt von Saint-Ambroise ihn angewiesen habe, spätestens am 4. Februar mit
den Bildern in Paris zu sein. Er müsse deshalb die Hände von den Ge¬
mälden lassen, sonst würden sie nicht mehr trocken, und sich dazu entschließen,
die letzten Retouchen an den Bildern in der Galerie selbst zu machen. Unan¬
genehmer als das sei ihm jedoch der Umstand, daß das Bild sür den Kardinal
nicht zu gleicher Zeit vollendet werden könne.

Der nächste Brief ist an Herrn von Peiresc gerichtet und aus Paris vom
13. Mai 1625 datirt. Rubens ist also glücklich in der französischen Haupt¬
stadt angelangt, hat aber, wie wir aus dem Briefe erfahren, mit mancherlei
Unannehmlichkeiten zu kämpfen gehabt. Zuerst ist Herrn von Valaves bei der
Vermählungsfeierlichkeit ein Mißgeschick widerfahren. „Er befand sich," wie
Rubens berichtet, „mit mir auf demselben Balkon, welcher für die Engländer
aus dem Gefolge der Herren Gesandten bestimmt war. Eine große Zahl von
Leuten war auf diesen Balkon gestiegen. Plötzlich brechen unter der enormen
Last dieser Menge die Holzdielen, und ich sehe Ihren Bruder, der sich an
meiner Seite befand, mit den anderen herunterstürzen. Darob bekam ich einen
großen Schreck, und schwerer Kummer überfiel mich. Ich stand dicht an dem
benachbarten Balkon, wo ich heil und wohlbehalten stehen blieb, wie wir bis¬
weilen zwischen zwei Stühlen sitzen bleiben. Kaum habe ich Zeit gehabt, um
mein Bein von dem zusammenstürzenden Balkon fortzuziehen und auf den
Balkon zu setzen, welcher stehen blieb. Und es war Niemandem möglich her-


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 38, 1879, Erstes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341829_141412/154>, abgerufen am 23.07.2024.