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Die Grenzboten. Jg. 38, 1879, Erstes Quartal.

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sein, weshalb man in Deutschland meines Wissens bis jetzt noch keine Notiz
von den überaus wichtigen Mittheilungen dieser Publikation genommen hat.
"Rubens' Briefe," sagt Rucke us in der Einleitung, "sind wie seine Bilder: Seiten
voll überströmenden Lebens. Der Künstler nimmt an allem, was vorgeht,
seinen Antheil. Zu gleicher Zeit behandelt sein schaffender Geist politische,
wissenschaftliche, literarische und künstlerische Fragen."

Die neun Briefe scheiden sich in zwei Gruppen: vier sind an den gelehrten,
alterthumskundigen Parlamentsrath Nicolas Claude Fabre de Peiresc ge¬
richtet, welchen Rubens durch den kaiserlichen Rath Gevaerts im Jahre 1622
in Paris kennen gelernt hatte, und vier an dessen Bruder, den Herrn von
Valaves, der in Paris lebte. Der neunte Brief ist an den Syndikus Peter
van Veer gerichtet, den Bruder des Otto Vaenins, des Lehrmeisters von Rubens.

In dem ersten Briefe an Peiresc, der von Antwerpen 3. August 1623
datirt ist, bedankt sich Rubens in den wärmsten Ausdrücken für eine Anzahl
antiker Gemmen, welche ihm Peiresc zur Ansicht geschickt. Er macht einige
Erklärungsversuche besonders merkwürdiger Stücke und schließt mit dem Wunsche
einer glücklichen Reise. Es herrschte damals eine Seuche in Paris, und Peiresc
soll sich beeilen, um der Gefahr der Ansteckung zu entgehen. Ferner ist in
dem Briefe noch die Rede von einer Zeichnung für das x<zrxswnra mobile.
Wir werden aus den folgenden Briefen ersehen, was es mit diesem sonder¬
baren Instrument für eine Bewandtniß hat.

Der nächste Brief gilt dem Herrn von Valaves. Rubens zeigt ihm an,
daß er das xörxstuuni inovils wohl verpackt an ihn nach Paris geschickt habe,
und bittet ihn, dafür zu sorgen, daß es wohlbehalten nach Aix, dem Wohnort
des Herrn von Peiresc, gelange. Bei den Vorsichtsmaßregeln, welche er ihm
empfiehlt, verräth er Einigesmber die Beschaffenheit des geheimnißvollen Apparats.
Weiter ist in dem Briefe von literarischen und politischen Neuigkeiten, z. B.
von der Belagerung von Breda die Rede, und am Schlüsse sagt er: "Was
mich betrifft, so hoffe ich mit Gottes Hilfe in sechs Wochen fertig zu sein, um
zu meiner Reise nach Paris zu kommen, in der Zuversicht, Euch dort zu finden,
was mir der größte Trost von der Welt sein wird. Auch hoffe ich, noch recht¬
zeitig anzukommen, um die Feier der königlichen Hochzeit zu sehen, welche
wahrscheinlich im nächsten Karneval stattfinden wird." Der Brief ist aus Ant¬
werpen vom 12. Dezember 1624 datirt.

Das Werk, welches Rubens in sechs Wochen zu vollenden hofft, ist der
große Zyklus von 21 Gemälden, welche Maria von Medicis, die Wittwe
Heinrich's IV. und Mutter Ludwig's XIII., bald nach ihrer Versöhnung mit
ihrem Sohne bei Rubens bestellt hatte. Diese Bestellung muß Ende 1621
oder anfangs 1622 erfolgt fein. Im Februar 1622 war Rubens wieder in


sein, weshalb man in Deutschland meines Wissens bis jetzt noch keine Notiz
von den überaus wichtigen Mittheilungen dieser Publikation genommen hat.
„Rubens' Briefe," sagt Rucke us in der Einleitung, „sind wie seine Bilder: Seiten
voll überströmenden Lebens. Der Künstler nimmt an allem, was vorgeht,
seinen Antheil. Zu gleicher Zeit behandelt sein schaffender Geist politische,
wissenschaftliche, literarische und künstlerische Fragen."

Die neun Briefe scheiden sich in zwei Gruppen: vier sind an den gelehrten,
alterthumskundigen Parlamentsrath Nicolas Claude Fabre de Peiresc ge¬
richtet, welchen Rubens durch den kaiserlichen Rath Gevaerts im Jahre 1622
in Paris kennen gelernt hatte, und vier an dessen Bruder, den Herrn von
Valaves, der in Paris lebte. Der neunte Brief ist an den Syndikus Peter
van Veer gerichtet, den Bruder des Otto Vaenins, des Lehrmeisters von Rubens.

In dem ersten Briefe an Peiresc, der von Antwerpen 3. August 1623
datirt ist, bedankt sich Rubens in den wärmsten Ausdrücken für eine Anzahl
antiker Gemmen, welche ihm Peiresc zur Ansicht geschickt. Er macht einige
Erklärungsversuche besonders merkwürdiger Stücke und schließt mit dem Wunsche
einer glücklichen Reise. Es herrschte damals eine Seuche in Paris, und Peiresc
soll sich beeilen, um der Gefahr der Ansteckung zu entgehen. Ferner ist in
dem Briefe noch die Rede von einer Zeichnung für das x<zrxswnra mobile.
Wir werden aus den folgenden Briefen ersehen, was es mit diesem sonder¬
baren Instrument für eine Bewandtniß hat.

Der nächste Brief gilt dem Herrn von Valaves. Rubens zeigt ihm an,
daß er das xörxstuuni inovils wohl verpackt an ihn nach Paris geschickt habe,
und bittet ihn, dafür zu sorgen, daß es wohlbehalten nach Aix, dem Wohnort
des Herrn von Peiresc, gelange. Bei den Vorsichtsmaßregeln, welche er ihm
empfiehlt, verräth er Einigesmber die Beschaffenheit des geheimnißvollen Apparats.
Weiter ist in dem Briefe von literarischen und politischen Neuigkeiten, z. B.
von der Belagerung von Breda die Rede, und am Schlüsse sagt er: „Was
mich betrifft, so hoffe ich mit Gottes Hilfe in sechs Wochen fertig zu sein, um
zu meiner Reise nach Paris zu kommen, in der Zuversicht, Euch dort zu finden,
was mir der größte Trost von der Welt sein wird. Auch hoffe ich, noch recht¬
zeitig anzukommen, um die Feier der königlichen Hochzeit zu sehen, welche
wahrscheinlich im nächsten Karneval stattfinden wird." Der Brief ist aus Ant¬
werpen vom 12. Dezember 1624 datirt.

Das Werk, welches Rubens in sechs Wochen zu vollenden hofft, ist der
große Zyklus von 21 Gemälden, welche Maria von Medicis, die Wittwe
Heinrich's IV. und Mutter Ludwig's XIII., bald nach ihrer Versöhnung mit
ihrem Sohne bei Rubens bestellt hatte. Diese Bestellung muß Ende 1621
oder anfangs 1622 erfolgt fein. Im Februar 1622 war Rubens wieder in


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 38, 1879, Erstes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341829_141412/152>, abgerufen am 23.07.2024.