Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, II. Semester. II. Band.Da sich voraussehen läßt, daß in der nächsten Zeit die Schriftsteller ihr Eine Censur nach alter Art, da wo sie jetzt noch nicht Statt hat, einzu¬ Nicht allein ist die Welt in zwey politische Partheien gespalten, sondern Demohngeachtet finde ich um so nöthiger, daß irgend ein Schritt gethan Wenn ich diesen Vorschlag näher betrachte, so will mir dessen Fruchtbar¬ Wollte man auch den Autor selbst unter diesen drey Personen, wenn er Kein einheimischer Gelehrter ist dadurch genirt, denn er wird immer zwey Bei Zeitschriften und Zeitblättern, welche fortdauern, könnten sich ein für Da sich voraussehen läßt, daß in der nächsten Zeit die Schriftsteller ihr Eine Censur nach alter Art, da wo sie jetzt noch nicht Statt hat, einzu¬ Nicht allein ist die Welt in zwey politische Partheien gespalten, sondern Demohngeachtet finde ich um so nöthiger, daß irgend ein Schritt gethan Wenn ich diesen Vorschlag näher betrachte, so will mir dessen Fruchtbar¬ Wollte man auch den Autor selbst unter diesen drey Personen, wenn er Kein einheimischer Gelehrter ist dadurch genirt, denn er wird immer zwey Bei Zeitschriften und Zeitblättern, welche fortdauern, könnten sich ein für <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0048" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/140927"/> <p xml:id="ID_135"> Da sich voraussehen läßt, daß in der nächsten Zeit die Schriftsteller ihr<lb/> angemastes Recht immer weiter auszudehnen, die Gouvernements aber dasselbe<lb/> immer mehr einzuschränken suchen werden, woraus dann nothwendig heftige<lb/> Collisionen entstehen müssen, so ist es wohl Pflicht darüber nachzudenken: ob<lb/> nicht in dem Kreise, in welchem man lebt und wirkt, dem Uebel vorgebeugt<lb/> werden könnte.</p><lb/> <p xml:id="ID_136"> Eine Censur nach alter Art, da wo sie jetzt noch nicht Statt hat, einzu¬<lb/> führen, würde wenn es auch zu rathen wäre, doch großen Schwierigkeiten unter¬<lb/> worfen seyn.</p><lb/> <p xml:id="ID_137"> Nicht allein ist die Welt in zwey politische Partheien gespalten, sondern<lb/> fast jede Wissenschaft ist in verschiedene Meynungen und Vorstellungsarten ge¬<lb/> trennt, alles ist in so lebhafter Bewegung, daß sowohl im allgemeinen als im<lb/> besonderen schwer zu unterscheiden ist, was Vorschritt, Stillstand oder Rück¬<lb/> schritt sey. Noch schwerer ist es zu beurtheilen, was man zu begünstigen oder<lb/> zu verhindern habe, in so fern man es könnte.</p><lb/> <p xml:id="ID_138"> Demohngeachtet finde ich um so nöthiger, daß irgend ein Schritt gethan<lb/> werde, da die Sache immer von Innen oder von Außen wieder zur<lb/> Sprache kommen muß. Ich thue daher zuerst für Weimar, wo bisher keine<lb/> Censur eingeführt war, folgenden Vorschlag: Man mache den beyden bestehenden<lb/> Buchdruckereyen zum Gesetz, kein Manuscript zu übernehmen, das nicht von<lb/> drey in fürstlichen Diensten stehenden Personen unterzeichnet sey.</p><lb/> <p xml:id="ID_139"> Wenn ich diesen Vorschlag näher betrachte, so will mir dessen Fruchtbar¬<lb/> keit sehr ausgebreitet erscheinen.</p><lb/> <p xml:id="ID_140"> Wollte man auch den Autor selbst unter diesen drey Personen, wenn er<lb/> ein einheimischer Gelehrter ist, gelten lassen, so wird die Berathung über ein<lb/> Manuscript theils eine frenndschafftliche Angelegenheit, theils würde sie von<lb/> mehrern von einem öffentlichen Standpuncte her betrachtet. Denn jeder der<lb/> hierbey gleichsam zum Garant, zum Zeugen, zum Theilnehmer aufgefordert<lb/> wird, sieht ein solches Manuscript nicht als eine gleichgültige Sache an, die<lb/> allenfalls auch öffentlich hingehen könnte, sondern er wird es näher beurtheilen<lb/> und sich fragen: ob es denn auch öffentlich erscheinen kann und soll.</p><lb/> <p xml:id="ID_141"> Kein einheimischer Gelehrter ist dadurch genirt, denn er wird immer zwey<lb/> Freunde haben, die an seinen Arbeiten Theil nehmen und sollte er etwas<lb/> außerdem in die Welt zu wagen Lust haben, so würde ihm niemand verwehren,<lb/> es auswärts drucken zu lassen.</p><lb/> <p xml:id="ID_142"> Bei Zeitschriften und Zeitblättern, welche fortdauern, könnten sich ein für<lb/> allemal drey Personen unterzeichnen, welches hier keine Schwierigkeit machen<lb/> würde. Wollte mau, da vieles hier über Kunst geschrieben wird: auch Künst¬<lb/> lern in ihrem Fache eine Stimme geben, so würde nichts dagegen zu sagen seyn.</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0048]
Da sich voraussehen läßt, daß in der nächsten Zeit die Schriftsteller ihr
angemastes Recht immer weiter auszudehnen, die Gouvernements aber dasselbe
immer mehr einzuschränken suchen werden, woraus dann nothwendig heftige
Collisionen entstehen müssen, so ist es wohl Pflicht darüber nachzudenken: ob
nicht in dem Kreise, in welchem man lebt und wirkt, dem Uebel vorgebeugt
werden könnte.
Eine Censur nach alter Art, da wo sie jetzt noch nicht Statt hat, einzu¬
führen, würde wenn es auch zu rathen wäre, doch großen Schwierigkeiten unter¬
worfen seyn.
Nicht allein ist die Welt in zwey politische Partheien gespalten, sondern
fast jede Wissenschaft ist in verschiedene Meynungen und Vorstellungsarten ge¬
trennt, alles ist in so lebhafter Bewegung, daß sowohl im allgemeinen als im
besonderen schwer zu unterscheiden ist, was Vorschritt, Stillstand oder Rück¬
schritt sey. Noch schwerer ist es zu beurtheilen, was man zu begünstigen oder
zu verhindern habe, in so fern man es könnte.
Demohngeachtet finde ich um so nöthiger, daß irgend ein Schritt gethan
werde, da die Sache immer von Innen oder von Außen wieder zur
Sprache kommen muß. Ich thue daher zuerst für Weimar, wo bisher keine
Censur eingeführt war, folgenden Vorschlag: Man mache den beyden bestehenden
Buchdruckereyen zum Gesetz, kein Manuscript zu übernehmen, das nicht von
drey in fürstlichen Diensten stehenden Personen unterzeichnet sey.
Wenn ich diesen Vorschlag näher betrachte, so will mir dessen Fruchtbar¬
keit sehr ausgebreitet erscheinen.
Wollte man auch den Autor selbst unter diesen drey Personen, wenn er
ein einheimischer Gelehrter ist, gelten lassen, so wird die Berathung über ein
Manuscript theils eine frenndschafftliche Angelegenheit, theils würde sie von
mehrern von einem öffentlichen Standpuncte her betrachtet. Denn jeder der
hierbey gleichsam zum Garant, zum Zeugen, zum Theilnehmer aufgefordert
wird, sieht ein solches Manuscript nicht als eine gleichgültige Sache an, die
allenfalls auch öffentlich hingehen könnte, sondern er wird es näher beurtheilen
und sich fragen: ob es denn auch öffentlich erscheinen kann und soll.
Kein einheimischer Gelehrter ist dadurch genirt, denn er wird immer zwey
Freunde haben, die an seinen Arbeiten Theil nehmen und sollte er etwas
außerdem in die Welt zu wagen Lust haben, so würde ihm niemand verwehren,
es auswärts drucken zu lassen.
Bei Zeitschriften und Zeitblättern, welche fortdauern, könnten sich ein für
allemal drey Personen unterzeichnen, welches hier keine Schwierigkeit machen
würde. Wollte mau, da vieles hier über Kunst geschrieben wird: auch Künst¬
lern in ihrem Fache eine Stimme geben, so würde nichts dagegen zu sagen seyn.
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