Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, II. Semester. II. Band.daß damals bereits die Pläne zu einem Feldzuge Rußland's gegen Indien Drei Denkschriften waren es, welche dem Kaiser Nikolaus während des "Der heutige Krieg (Krimkrieg)", sagt General Duhamel, "der sich bis Nachdem General Duhamel die Straßen aufgeführt, die durch Persien daß damals bereits die Pläne zu einem Feldzuge Rußland's gegen Indien Drei Denkschriften waren es, welche dem Kaiser Nikolaus während des „Der heutige Krieg (Krimkrieg)", sagt General Duhamel, „der sich bis Nachdem General Duhamel die Straßen aufgeführt, die durch Persien <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0431" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/141310"/> <p xml:id="ID_1437" prev="#ID_1436"> daß damals bereits die Pläne zu einem Feldzuge Rußland's gegen Indien<lb/> ausgearbeitet worden sind.</p><lb/> <p xml:id="ID_1438"> Drei Denkschriften waren es, welche dem Kaiser Nikolaus während des<lb/> Krimkrieges übergeben wurden. Die erste führt den Titel: Uömvirs sur los<lb/> rcmtss <M mviisnt 6<z la. R,ii8Ah aux InZizs. ?roh«zntö a F. N. 1s 14. ^ruri<lb/> 1854 pur 1s (?üizüra1 6s Dulnzwsl, Lsnatsur, el-also!>.in ministrs xiünixoton-<lb/> tiairs SQ ?srss. Die beiden folgenden, in russischer Sprache abgefaßt, führen<lb/> Duhamel's Plau weiter aus. Alle drei aber fixiren das erreichbare Maß dessen,<lb/> was man russischerseits unter einem Angriffe auf Indien versteht, und das zu<lb/> wissen, ist heute vom höchsten Interesse. Manches an den Denkschriften ist<lb/> jetzt schon durch die Verhältnisse überholt: das Endziel besteht aber noch fort.</p><lb/> <p xml:id="ID_1439"> „Der heutige Krieg (Krimkrieg)", sagt General Duhamel, „der sich bis<lb/> anf's Messer ankündigt, legt Rußland die Verpflichtung auf, zu erwägen, wie<lb/> es England im empfindlichsten Punkte, in Indien, in's Herz stoßen oder es<lb/> doch zu einer gewaltigen Truppenkonzentrirung in Asien, wodurch sich seine<lb/> europäische Aktion gelähmt sähe, zwingen könne. Die Geschichte lehrt,<lb/> daß fast alle Eroberungen Indien's von Zentralasien und Persien ihren Aus¬<lb/> gang genommen haben, und die Straßen, auf welchen Alexander der Große,<lb/> die Ghasnaviden, Dschengis-Chan, Tmnerlan, Sultan Baader, endlich Nadir<lb/> Schah in Indien eindrangen, liegen anch heute offen; sie stoßen fast sämmtlich,<lb/> ob sie nnn von Persien oder vom Oxus ausgehen, auf Chorassan und Afgha¬<lb/> nistan, die Städte Kandahar und Cabul sind die Thore zum Indus."</p><lb/> <p xml:id="ID_1440" next="#ID_1441"> Nachdem General Duhamel die Straßen aufgeführt, die durch Persien<lb/> und von Turkestan her nach Afghanistan führen, fährt er fort: „Aus Afghanistan<lb/> führen drei Wege an den Indus: 1. Von Cabul über Dschellalabad und<lb/> und Peschawer nach Attok. 2. Von Ghazni nach Dera-Ismael-Chan. 3. Von<lb/> Kandahar über Quettah und Dadur nach Schikarpur. Alle drei Straßen gehen<lb/> durch leicht zu vertheidigende Defileen, welche jedoch sämmtlich von Westen eher<lb/> als von Osten zu erzwingen sind (d. h. leichter von der russischen als von der<lb/> englischen Seite). Der kürzeste, beste, gesundeste Weg ist der erste, obwohl im<lb/> Jahre 1839 die englisch-indische Armee die dritte Route zum Einbruch gewählt<lb/> hat. Bei Attok wird die direkte Straße auf Lahor und Delhi, das Hauptan¬<lb/> griffsobjekt, erreicht. Auf dieser Straße wird der Aufstand in das Herz<lb/> der englischen Besitzungen getragen und die mohammedanische Be¬<lb/> völkerung in Bewegung gebracht. In dieser Richtung liegt für die Af¬<lb/> ghanen die verlockendste Aussicht auf Beute und Landerwerb. Gelingt es<lb/> darüber hinaus auch die Sikhs zu gewinnen, um so besser; entscheidend ist<lb/> aber vor Allem das afghanische Bündniß. Es kann nicht zeitig<lb/> genug angebahnt werden. So viel erreicht, ist bereits Alles gewonnen.</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0431]
daß damals bereits die Pläne zu einem Feldzuge Rußland's gegen Indien
ausgearbeitet worden sind.
Drei Denkschriften waren es, welche dem Kaiser Nikolaus während des
Krimkrieges übergeben wurden. Die erste führt den Titel: Uömvirs sur los
rcmtss <M mviisnt 6<z la. R,ii8Ah aux InZizs. ?roh«zntö a F. N. 1s 14. ^ruri
1854 pur 1s (?üizüra1 6s Dulnzwsl, Lsnatsur, el-also!>.in ministrs xiünixoton-
tiairs SQ ?srss. Die beiden folgenden, in russischer Sprache abgefaßt, führen
Duhamel's Plau weiter aus. Alle drei aber fixiren das erreichbare Maß dessen,
was man russischerseits unter einem Angriffe auf Indien versteht, und das zu
wissen, ist heute vom höchsten Interesse. Manches an den Denkschriften ist
jetzt schon durch die Verhältnisse überholt: das Endziel besteht aber noch fort.
„Der heutige Krieg (Krimkrieg)", sagt General Duhamel, „der sich bis
anf's Messer ankündigt, legt Rußland die Verpflichtung auf, zu erwägen, wie
es England im empfindlichsten Punkte, in Indien, in's Herz stoßen oder es
doch zu einer gewaltigen Truppenkonzentrirung in Asien, wodurch sich seine
europäische Aktion gelähmt sähe, zwingen könne. Die Geschichte lehrt,
daß fast alle Eroberungen Indien's von Zentralasien und Persien ihren Aus¬
gang genommen haben, und die Straßen, auf welchen Alexander der Große,
die Ghasnaviden, Dschengis-Chan, Tmnerlan, Sultan Baader, endlich Nadir
Schah in Indien eindrangen, liegen anch heute offen; sie stoßen fast sämmtlich,
ob sie nnn von Persien oder vom Oxus ausgehen, auf Chorassan und Afgha¬
nistan, die Städte Kandahar und Cabul sind die Thore zum Indus."
Nachdem General Duhamel die Straßen aufgeführt, die durch Persien
und von Turkestan her nach Afghanistan führen, fährt er fort: „Aus Afghanistan
führen drei Wege an den Indus: 1. Von Cabul über Dschellalabad und
und Peschawer nach Attok. 2. Von Ghazni nach Dera-Ismael-Chan. 3. Von
Kandahar über Quettah und Dadur nach Schikarpur. Alle drei Straßen gehen
durch leicht zu vertheidigende Defileen, welche jedoch sämmtlich von Westen eher
als von Osten zu erzwingen sind (d. h. leichter von der russischen als von der
englischen Seite). Der kürzeste, beste, gesundeste Weg ist der erste, obwohl im
Jahre 1839 die englisch-indische Armee die dritte Route zum Einbruch gewählt
hat. Bei Attok wird die direkte Straße auf Lahor und Delhi, das Hauptan¬
griffsobjekt, erreicht. Auf dieser Straße wird der Aufstand in das Herz
der englischen Besitzungen getragen und die mohammedanische Be¬
völkerung in Bewegung gebracht. In dieser Richtung liegt für die Af¬
ghanen die verlockendste Aussicht auf Beute und Landerwerb. Gelingt es
darüber hinaus auch die Sikhs zu gewinnen, um so besser; entscheidend ist
aber vor Allem das afghanische Bündniß. Es kann nicht zeitig
genug angebahnt werden. So viel erreicht, ist bereits Alles gewonnen.
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