Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, II. Semester. II. Band.Vor Kars theilte sich die dort versammelte siegreiche russische Armee. Mukhtar Pascha benutzte die kurze ihm gegönnte Zeit, um auf den Höhen Die Stellung von Dewe Boyun besteht aus zwei Theilen, den Eine am 2. November ausgeführte Nokognoszirung hatte die russischen Vor Kars theilte sich die dort versammelte siegreiche russische Armee. Mukhtar Pascha benutzte die kurze ihm gegönnte Zeit, um auf den Höhen Die Stellung von Dewe Boyun besteht aus zwei Theilen, den Eine am 2. November ausgeführte Nokognoszirung hatte die russischen <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0332" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/141211"/> <p xml:id="ID_1137"> Vor Kars theilte sich die dort versammelte siegreiche russische Armee.<lb/> Ein Theil derselben übernahm die Einschließung und Belagerung von Kars,<lb/> der andere die Verfolgung Mukhtar Pascha's. Die Belagerung wurde dem<lb/> General Lazarew übertragen, und ihm wurde dazu der größte Theil der<lb/> bisherigen Alexandrapol-Kolonne unterstellt. Mit der kaukasischen Grenadier-<lb/> Division, der 39. Division (ohne Regiment Ur. 155), 4 regulären Eskadrons<lb/> und 52 Kasaken- und irregulären Ssotnien nebst entsprechender Artillerie trat<lb/> General Heiman am 20. Oktober den Vormarsch zunächst auf Tikma an.<lb/> Mukhtar zog sich vor der Uebermacht rechtzeitig zurück. Erst am 29. Oktober<lb/> gelang es der schon vereinigten Kavallerie der beiden vorrückenden russischen<lb/> Kolonnen, die türkische Arrieregarde bei Kurudschuch, halbwegs von dem schon<lb/> genannten Koprikioi nach Erzerum, zu überfallen. In Kurudschuch blieben die<lb/> Russen ein paar Tage stehen, bis am 3. November auch die letzten Abthei¬<lb/> lungen von dem Gros des General Tergukassow herangekommen waren.</p><lb/> <p xml:id="ID_1138"> Mukhtar Pascha benutzte die kurze ihm gegönnte Zeit, um auf den Höhen<lb/> von Dewe Boyun vor Erzerum von neuem Stellung zu nehmen, sie soweit<lb/> möglich zu befestigen und hier alle Truppen zu versammeln, deren er irgend<lb/> noch habhaft werden konnte. Außer den eigenen schwachen Kräften war es<lb/> hauptsächlich die Heeresabtheilung Ismail Pascha's, die Garnison von Erzerum<lb/> und etwa 10,000 Mann der Verstärkungen, welche in Trapesnnt zum Abgange<lb/> nach der europäischen Türkei versammelt waren.</p><lb/> <p xml:id="ID_1139"> Die Stellung von Dewe Boyun besteht aus zwei Theilen, den<lb/> Höhen von Dewe Boyun südlich und dem Palantöken-Berge nördlich der Straße<lb/> von Kars nach Erzerum, zwischen beiden lag eine Einsenkung mit der ge¬<lb/> nannten Straße. Diese Einsenkung ist an sich der schwächste Theil der Stel¬<lb/> lung. Der rechte Flügel auf dem Palantöken-Berge war in der Front schwer<lb/> anzugreifen, hatte aber hinter sich die fast nnpassirbciren Gipfelhöhen des Berges,<lb/> deshalb war die große Straße im Zentrum auch für diesen Flügel die Rück¬<lb/> zugslinie. Der linke Flügel hatte eine feste Stellung auf dem Plateau von<lb/> Usur Achmet; aber eine tiefe Einsenkung gestattete, dies Plateau auf dem<lb/> äußeren Flügel zu umgehen und im Rücken des Plateau die große Straße zu<lb/> erreichen. Der Verlust desselben lieferte jedenfalls die Straße, die Rückzugs¬<lb/> linie für das Zentrum und den rechten Flügel, in die Hände des Feindes.<lb/> Nur eine kleinere vorgeschobene Höhe deckte den Zugang zu der erwähnten<lb/> Einsenkung.</p><lb/> <p xml:id="ID_1140"> Eine am 2. November ausgeführte Nokognoszirung hatte die russischen<lb/> Heerführer dies Sachverhältniß erkennen lassen; auf Grund desselben ward der<lb/> Angriff beschlossen, dem Mukhtar etwa 60 schwache Bataillone mit 8 Eskadrons<lb/> und 50 Geschützen entgegenstellen konnte.</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0332]
Vor Kars theilte sich die dort versammelte siegreiche russische Armee.
Ein Theil derselben übernahm die Einschließung und Belagerung von Kars,
der andere die Verfolgung Mukhtar Pascha's. Die Belagerung wurde dem
General Lazarew übertragen, und ihm wurde dazu der größte Theil der
bisherigen Alexandrapol-Kolonne unterstellt. Mit der kaukasischen Grenadier-
Division, der 39. Division (ohne Regiment Ur. 155), 4 regulären Eskadrons
und 52 Kasaken- und irregulären Ssotnien nebst entsprechender Artillerie trat
General Heiman am 20. Oktober den Vormarsch zunächst auf Tikma an.
Mukhtar zog sich vor der Uebermacht rechtzeitig zurück. Erst am 29. Oktober
gelang es der schon vereinigten Kavallerie der beiden vorrückenden russischen
Kolonnen, die türkische Arrieregarde bei Kurudschuch, halbwegs von dem schon
genannten Koprikioi nach Erzerum, zu überfallen. In Kurudschuch blieben die
Russen ein paar Tage stehen, bis am 3. November auch die letzten Abthei¬
lungen von dem Gros des General Tergukassow herangekommen waren.
Mukhtar Pascha benutzte die kurze ihm gegönnte Zeit, um auf den Höhen
von Dewe Boyun vor Erzerum von neuem Stellung zu nehmen, sie soweit
möglich zu befestigen und hier alle Truppen zu versammeln, deren er irgend
noch habhaft werden konnte. Außer den eigenen schwachen Kräften war es
hauptsächlich die Heeresabtheilung Ismail Pascha's, die Garnison von Erzerum
und etwa 10,000 Mann der Verstärkungen, welche in Trapesnnt zum Abgange
nach der europäischen Türkei versammelt waren.
Die Stellung von Dewe Boyun besteht aus zwei Theilen, den
Höhen von Dewe Boyun südlich und dem Palantöken-Berge nördlich der Straße
von Kars nach Erzerum, zwischen beiden lag eine Einsenkung mit der ge¬
nannten Straße. Diese Einsenkung ist an sich der schwächste Theil der Stel¬
lung. Der rechte Flügel auf dem Palantöken-Berge war in der Front schwer
anzugreifen, hatte aber hinter sich die fast nnpassirbciren Gipfelhöhen des Berges,
deshalb war die große Straße im Zentrum auch für diesen Flügel die Rück¬
zugslinie. Der linke Flügel hatte eine feste Stellung auf dem Plateau von
Usur Achmet; aber eine tiefe Einsenkung gestattete, dies Plateau auf dem
äußeren Flügel zu umgehen und im Rücken des Plateau die große Straße zu
erreichen. Der Verlust desselben lieferte jedenfalls die Straße, die Rückzugs¬
linie für das Zentrum und den rechten Flügel, in die Hände des Feindes.
Nur eine kleinere vorgeschobene Höhe deckte den Zugang zu der erwähnten
Einsenkung.
Eine am 2. November ausgeführte Nokognoszirung hatte die russischen
Heerführer dies Sachverhältniß erkennen lassen; auf Grund desselben ward der
Angriff beschlossen, dem Mukhtar etwa 60 schwache Bataillone mit 8 Eskadrons
und 50 Geschützen entgegenstellen konnte.
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |