Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, II. Semester. II. Band.bis 1859, zwei Jahre, an der Berliner Universität studirt und ist, wie schon Vor Allein hebt der Verfasser einen Gegensatz zwischen deutschem und bis 1859, zwei Jahre, an der Berliner Universität studirt und ist, wie schon Vor Allein hebt der Verfasser einen Gegensatz zwischen deutschem und <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0217" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/141096"/> <p xml:id="ID_744" prev="#ID_743"> bis 1859, zwei Jahre, an der Berliner Universität studirt und ist, wie schon<lb/> der Gegenstand seiner Arbeit beweist, nicht allein der deutschen Sprache mächtig,<lb/> sondern auch, für einen Fremden, vollkommen heimisch in der deutschen klassi¬<lb/> schen und modernen Literatur. Im Jahre 1873 wurde er, wie es scheint in<lb/> vertraulich offiziöser Mission, vom Minister Simon nach Deutschland gesendet,<lb/> um das hiesige Schulwesen zu studiren, und man kann nicht sagen, daß der<lb/> Minister seineu Mann schlecht gewählt habe. Urtheile mancher Art, die dem<lb/> deutschen Leser in den nachfolgenden Zeilen mindestens sonderbar erscheinen<lb/> werden, selbst einige ganz entschieden unrichtige Behauptungen, wird von einem<lb/> Franzosen Niemand anders erwarten können. Sie können einmal nicht aus<lb/> ihrer Haut heraus, und diese ist dermaßen mit Nationaleitelkeit durchtränkt,<lb/> daß sie eher alle Thatsachen der Weltgeschichte verkehren und verzerren, als<lb/> zugeben, Unrecht zu haben. Sollte einmal ein einsamer Freund der Wahrheit<lb/> den Muth haben, anders zu handeln, so kann er sicher sein, daß seine Be¬<lb/> mühung nutzlos verhallen wird in dem wüthenden Geschrei einer tobenden<lb/> Opposition, wie Oberst stosset und Andere es sattsam erfahren haben. Dem<lb/> Praktischen Weltmann, der von der Veröffentlichung seiner Ansichten sich irgend<lb/> welchen Erfolg verspricht, bleibt daher gar nichts anderes übrig, als mit den<lb/> Wölfen zu heulen, was denn auch M. Brcal, und zwar mit einer gewissen Passion,<lb/> thut. Er würde sonst eben besten Falles todt geschwiegen werden, und am<lb/> allerletzten hätte ihm die Revue ihre deutsch-feindlichen Spalten geöffnet. Für<lb/> uns aber, die wir objektiver zu urtheilen verstehen, ist es nicht ohne In¬<lb/> teresse, über unser Schulwesen Urtheile zu lesen, die ein Spiegelbild unserer<lb/> eigenen abgeben, wenn auch der Spiegel, keineswegs immer tren ist. Der<lb/> Verfasser erzählt einleitend, daß er sich durch Lektüre einer Anzahl pädagogi¬<lb/> scher deutscher Werke für seine Aufgabe vorbereitet haae, aus denen er eine<lb/> Anzahl namentlich anführt. Da hierdurch sein ganzer Standpunkt fixirt wird,<lb/> so gebe ich sie ebenfalls an: Korne, Wiese, Berichte über preußisches Schul¬<lb/> wesen. Pädagogische Enzyklopädie von A. Schmidt, 10 Bde. 1859—74. Pro¬<lb/> tokolle verschiedener deutscher Lehrerversammlungen.</p><lb/> <p xml:id="ID_745" next="#ID_746"> Vor Allein hebt der Verfasser einen Gegensatz zwischen deutschem und<lb/> französischem Schulwesen hervor, das deutsche ist national — das französische<lb/> beruht auf deu kosmopolitischen Anschauungen der Revolution von 1789.<lb/> Natürlich erscheint ihm das letztere im Ganzen, man möchte sagen ans Prinzip,<lb/> empfehlenswerther, denn in allen Details, wie der Leser sogleich sehen wird,<lb/> geht seine Wahrheitsliebe sozusagen mit ihm durch und zwingt ihm zuweilen<lb/> aufrichtige, herzliche Anerkennung ab. Es ist eine eigenthümliche Erscheinung,<lb/> die aber für den Kenner der französischen Verhältnisse sehr erklärlich ist, daß<lb/> seit 1866 das Nationalitätsprinzip in Frankreich ebenso allgemein für verwerf-</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0217]
bis 1859, zwei Jahre, an der Berliner Universität studirt und ist, wie schon
der Gegenstand seiner Arbeit beweist, nicht allein der deutschen Sprache mächtig,
sondern auch, für einen Fremden, vollkommen heimisch in der deutschen klassi¬
schen und modernen Literatur. Im Jahre 1873 wurde er, wie es scheint in
vertraulich offiziöser Mission, vom Minister Simon nach Deutschland gesendet,
um das hiesige Schulwesen zu studiren, und man kann nicht sagen, daß der
Minister seineu Mann schlecht gewählt habe. Urtheile mancher Art, die dem
deutschen Leser in den nachfolgenden Zeilen mindestens sonderbar erscheinen
werden, selbst einige ganz entschieden unrichtige Behauptungen, wird von einem
Franzosen Niemand anders erwarten können. Sie können einmal nicht aus
ihrer Haut heraus, und diese ist dermaßen mit Nationaleitelkeit durchtränkt,
daß sie eher alle Thatsachen der Weltgeschichte verkehren und verzerren, als
zugeben, Unrecht zu haben. Sollte einmal ein einsamer Freund der Wahrheit
den Muth haben, anders zu handeln, so kann er sicher sein, daß seine Be¬
mühung nutzlos verhallen wird in dem wüthenden Geschrei einer tobenden
Opposition, wie Oberst stosset und Andere es sattsam erfahren haben. Dem
Praktischen Weltmann, der von der Veröffentlichung seiner Ansichten sich irgend
welchen Erfolg verspricht, bleibt daher gar nichts anderes übrig, als mit den
Wölfen zu heulen, was denn auch M. Brcal, und zwar mit einer gewissen Passion,
thut. Er würde sonst eben besten Falles todt geschwiegen werden, und am
allerletzten hätte ihm die Revue ihre deutsch-feindlichen Spalten geöffnet. Für
uns aber, die wir objektiver zu urtheilen verstehen, ist es nicht ohne In¬
teresse, über unser Schulwesen Urtheile zu lesen, die ein Spiegelbild unserer
eigenen abgeben, wenn auch der Spiegel, keineswegs immer tren ist. Der
Verfasser erzählt einleitend, daß er sich durch Lektüre einer Anzahl pädagogi¬
scher deutscher Werke für seine Aufgabe vorbereitet haae, aus denen er eine
Anzahl namentlich anführt. Da hierdurch sein ganzer Standpunkt fixirt wird,
so gebe ich sie ebenfalls an: Korne, Wiese, Berichte über preußisches Schul¬
wesen. Pädagogische Enzyklopädie von A. Schmidt, 10 Bde. 1859—74. Pro¬
tokolle verschiedener deutscher Lehrerversammlungen.
Vor Allein hebt der Verfasser einen Gegensatz zwischen deutschem und
französischem Schulwesen hervor, das deutsche ist national — das französische
beruht auf deu kosmopolitischen Anschauungen der Revolution von 1789.
Natürlich erscheint ihm das letztere im Ganzen, man möchte sagen ans Prinzip,
empfehlenswerther, denn in allen Details, wie der Leser sogleich sehen wird,
geht seine Wahrheitsliebe sozusagen mit ihm durch und zwingt ihm zuweilen
aufrichtige, herzliche Anerkennung ab. Es ist eine eigenthümliche Erscheinung,
die aber für den Kenner der französischen Verhältnisse sehr erklärlich ist, daß
seit 1866 das Nationalitätsprinzip in Frankreich ebenso allgemein für verwerf-
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