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Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, II. Semester. I. Band.

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Enten, anch wohl einmal eine Antilope werden oft zum Verkauf gebracht, so
daß die Conserven nur nebenher, bei Festtagsessen oder im Nothfalle ange¬
griffen werden. Wein, Cognac, Genevre, Mehl, Schinken, Käse, Butter, die
auch durch sehr gutes Olivenöl ersetzt wird u. s. w. bilden Handelsartikel, und
meistens haben die Hauptfaktoreien für sich und die Filialen davon aus Lager
und wenn wirklich einmal nur Huhn und Reis auf den Tisch kommen oder
gar nur der letztere allein als Hauptspeise figurirt, fo ersetzt der kräftige Wein,
der am seltensten ausgeht, doch Vieles.

Mit gutem Grund verweilen wir länger, als der Gegenstand werth
scheint, beim Essen, denn es bildet mit Recht eine Hauptsorge des europäischen
Ansiedlers. Kein krasserer Gegensatz, als der viel Mehl mit Knoblauch und
mehr Vegetalülien essende Portugiese und der von seinem Beas -- in welcher
Form es auch sei -- nur ungern lassende Engländer; dort ein menschenähn¬
liches Gebilde, gedunsen vom Trunk oder unnatürlich mager, kraft- und saftlos,
hier ein stattlicher Mann von gesunder Farbe, kräftig, gesund und thätig. Bei
dem in jenen Breiten stattfindenden, sehr starken Stoffwechsel ist die Nahrungs¬
frage eine Hauptfrage, und wohl denen, die die Quantität durch die Qualität
des Essens ersetzen können. --

Die Unterhaltung ist eine ungezwungene und heitere, der Unterschied etwa
zwischen Chef und Clerks verschwindet hier, wo die Europäer und ihnen gleich¬
stehende Schwarze auf einander angewiesen sind; die Erkenntniß dieser That¬
sache läßt auch Münuer im besten Einvernehmen leben, deren verschiedenge¬
artetes Wesen sich sonst vielleicht in Streit und Hader äußern würde. Nach
Tisch fesselt der Thee, die Cigarrette oder eine Partie Schach die Herren noch
eine Weile, bis es Zeit zum Läuten, zum Beginn der Arbeit ist. -- Das
Hauptwerk des Nachmittags ist das Sieden und Reinigen der angesammelten
Palmvlvorräthe, doch nicht in der primitiven Weise, wie im Inlande in drei¬
beinigen Eisenkesseln, sondern in solchen, die fast eine Tonne fassen und über
Feuerstellen eingemauert sind; kurz über dem Boden sind sie mit einem Hahn
versehen, aus welchem nach dem Setzen und Abschöpfen der Uneinigkeiten das
flüssige Oel in die Versandfässer abgelassen wird. Einige Leute räumen in
den Fetische" im Parterre des Wohnhauses auf; bei der Unschlüssigkeit der
Schwarzen im Handel, die bald diese, bald jene Waare zur Besichtigung ver¬
langen, fast alle Gewehre genau untersuchen, jedes einzelne Stück Zeug im
Gewölbe prüfen, ist ein derartiges Räumen fast allwöchentlich nöthig, um
Ordnung in das Chaos zu bringen und eine Uebersicht der vorhandenen Vor¬
räthe oder eine Inventur zu ermöglichen.

Im Laufe des Nachmittags erschallt gellendes Pfeifen am Strande, laute
Rufe ertönen, näher und näher dringt der Lärm, endlich biegt es ums Haus,


Enten, anch wohl einmal eine Antilope werden oft zum Verkauf gebracht, so
daß die Conserven nur nebenher, bei Festtagsessen oder im Nothfalle ange¬
griffen werden. Wein, Cognac, Genevre, Mehl, Schinken, Käse, Butter, die
auch durch sehr gutes Olivenöl ersetzt wird u. s. w. bilden Handelsartikel, und
meistens haben die Hauptfaktoreien für sich und die Filialen davon aus Lager
und wenn wirklich einmal nur Huhn und Reis auf den Tisch kommen oder
gar nur der letztere allein als Hauptspeise figurirt, fo ersetzt der kräftige Wein,
der am seltensten ausgeht, doch Vieles.

Mit gutem Grund verweilen wir länger, als der Gegenstand werth
scheint, beim Essen, denn es bildet mit Recht eine Hauptsorge des europäischen
Ansiedlers. Kein krasserer Gegensatz, als der viel Mehl mit Knoblauch und
mehr Vegetalülien essende Portugiese und der von seinem Beas — in welcher
Form es auch sei — nur ungern lassende Engländer; dort ein menschenähn¬
liches Gebilde, gedunsen vom Trunk oder unnatürlich mager, kraft- und saftlos,
hier ein stattlicher Mann von gesunder Farbe, kräftig, gesund und thätig. Bei
dem in jenen Breiten stattfindenden, sehr starken Stoffwechsel ist die Nahrungs¬
frage eine Hauptfrage, und wohl denen, die die Quantität durch die Qualität
des Essens ersetzen können. —

Die Unterhaltung ist eine ungezwungene und heitere, der Unterschied etwa
zwischen Chef und Clerks verschwindet hier, wo die Europäer und ihnen gleich¬
stehende Schwarze auf einander angewiesen sind; die Erkenntniß dieser That¬
sache läßt auch Münuer im besten Einvernehmen leben, deren verschiedenge¬
artetes Wesen sich sonst vielleicht in Streit und Hader äußern würde. Nach
Tisch fesselt der Thee, die Cigarrette oder eine Partie Schach die Herren noch
eine Weile, bis es Zeit zum Läuten, zum Beginn der Arbeit ist. — Das
Hauptwerk des Nachmittags ist das Sieden und Reinigen der angesammelten
Palmvlvorräthe, doch nicht in der primitiven Weise, wie im Inlande in drei¬
beinigen Eisenkesseln, sondern in solchen, die fast eine Tonne fassen und über
Feuerstellen eingemauert sind; kurz über dem Boden sind sie mit einem Hahn
versehen, aus welchem nach dem Setzen und Abschöpfen der Uneinigkeiten das
flüssige Oel in die Versandfässer abgelassen wird. Einige Leute räumen in
den Fetische» im Parterre des Wohnhauses auf; bei der Unschlüssigkeit der
Schwarzen im Handel, die bald diese, bald jene Waare zur Besichtigung ver¬
langen, fast alle Gewehre genau untersuchen, jedes einzelne Stück Zeug im
Gewölbe prüfen, ist ein derartiges Räumen fast allwöchentlich nöthig, um
Ordnung in das Chaos zu bringen und eine Uebersicht der vorhandenen Vor¬
räthe oder eine Inventur zu ermöglichen.

Im Laufe des Nachmittags erschallt gellendes Pfeifen am Strande, laute
Rufe ertönen, näher und näher dringt der Lärm, endlich biegt es ums Haus,


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[0066] Enten, anch wohl einmal eine Antilope werden oft zum Verkauf gebracht, so daß die Conserven nur nebenher, bei Festtagsessen oder im Nothfalle ange¬ griffen werden. Wein, Cognac, Genevre, Mehl, Schinken, Käse, Butter, die auch durch sehr gutes Olivenöl ersetzt wird u. s. w. bilden Handelsartikel, und meistens haben die Hauptfaktoreien für sich und die Filialen davon aus Lager und wenn wirklich einmal nur Huhn und Reis auf den Tisch kommen oder gar nur der letztere allein als Hauptspeise figurirt, fo ersetzt der kräftige Wein, der am seltensten ausgeht, doch Vieles. Mit gutem Grund verweilen wir länger, als der Gegenstand werth scheint, beim Essen, denn es bildet mit Recht eine Hauptsorge des europäischen Ansiedlers. Kein krasserer Gegensatz, als der viel Mehl mit Knoblauch und mehr Vegetalülien essende Portugiese und der von seinem Beas — in welcher Form es auch sei — nur ungern lassende Engländer; dort ein menschenähn¬ liches Gebilde, gedunsen vom Trunk oder unnatürlich mager, kraft- und saftlos, hier ein stattlicher Mann von gesunder Farbe, kräftig, gesund und thätig. Bei dem in jenen Breiten stattfindenden, sehr starken Stoffwechsel ist die Nahrungs¬ frage eine Hauptfrage, und wohl denen, die die Quantität durch die Qualität des Essens ersetzen können. — Die Unterhaltung ist eine ungezwungene und heitere, der Unterschied etwa zwischen Chef und Clerks verschwindet hier, wo die Europäer und ihnen gleich¬ stehende Schwarze auf einander angewiesen sind; die Erkenntniß dieser That¬ sache läßt auch Münuer im besten Einvernehmen leben, deren verschiedenge¬ artetes Wesen sich sonst vielleicht in Streit und Hader äußern würde. Nach Tisch fesselt der Thee, die Cigarrette oder eine Partie Schach die Herren noch eine Weile, bis es Zeit zum Läuten, zum Beginn der Arbeit ist. — Das Hauptwerk des Nachmittags ist das Sieden und Reinigen der angesammelten Palmvlvorräthe, doch nicht in der primitiven Weise, wie im Inlande in drei¬ beinigen Eisenkesseln, sondern in solchen, die fast eine Tonne fassen und über Feuerstellen eingemauert sind; kurz über dem Boden sind sie mit einem Hahn versehen, aus welchem nach dem Setzen und Abschöpfen der Uneinigkeiten das flüssige Oel in die Versandfässer abgelassen wird. Einige Leute räumen in den Fetische» im Parterre des Wohnhauses auf; bei der Unschlüssigkeit der Schwarzen im Handel, die bald diese, bald jene Waare zur Besichtigung ver¬ langen, fast alle Gewehre genau untersuchen, jedes einzelne Stück Zeug im Gewölbe prüfen, ist ein derartiges Räumen fast allwöchentlich nöthig, um Ordnung in das Chaos zu bringen und eine Uebersicht der vorhandenen Vor¬ räthe oder eine Inventur zu ermöglichen. Im Laufe des Nachmittags erschallt gellendes Pfeifen am Strande, laute Rufe ertönen, näher und näher dringt der Lärm, endlich biegt es ums Haus,

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341827_157661/66>, abgerufen am 25.08.2024.