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Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, II. Semester. I. Band.

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das flachpyramidale Dach aus schindelartig übereinander gelegten, mit Asphalt¬
pappe überkleideten Brettern ragt weit über die Wände hinaus und stützt sich
auf Balken, welche gleichzeitig auch die um die ganze obere Etage führende
Veranda tragen. Zu dieser gehen zwei bequeme Treppen, die eine von der
Seefront, die andere von der entgegengesetzten Seite aus dem Hofe hinauf.
Das ganze Hans ist schneeweiß getüncht, nur die Stützbalken der Veranda und
die Thüren und Fenster sind mit freundlich blauer Oelfarbe gestrichen.

Das Junere ist oben und unten gleichmäßig eingetheilt; in der Mitte
zieht sich durch die Breite des Hauses ein großes Zimmer, gewöhnlich ohne
Fenster, da es im Oberstock durch die beiden Flügelthüren, an welchen die
Treppen münden, genügend Luft und Licht erhält; weht der Wind nicht gar
zu stark, so stehen sie fast immer offen, denn gegen Zug ist der Europäer in
jenen Breiten, wenn er nicht gerade fieberkrank ist, nicht so empfindlich, wie
in seiner kühlen Heimath. Von diesem Mittelzimmer führen vier Thüren, zwei
an jeder Längenseite nach vier verschiedenen Stuben, welche die Ecken des
Hauses einnehmen und im obern Geschoß je zwei Fenster haben. Jm unteren
Geschoß sind weniger Fenster angebracht, denn es dient nur zur Aufbewahrung
von Vorräthen und als Zahlungsfetisch, während oben alle Stuben bewohnt
sind; der große Raum bildet daß Eß- und Gesellschaftszimmer, die übrigen die
Wohnungen des Faktvristeu und seiner Genossen.

Wie das Aeußere dieses Hauses uns schon menschenwürdiger erscheint, ja,
nach dem tristen Bilde im Busch uus ein Palast dünkt, so erinnert auch die
Einrichtung der Zimmer mehr an europäisches Leben. Die Möbel sind zum
größten Theil europäischen Ursprungs, oder wenn von Eingeborenen her¬
gestellt, fein und scaber gearbeitet; es ist nicht nur auf den Zweck der Stühle,
Tische, Schränke, des Büffels u. f. w. gesehen, sondern auch auf hübsche elegante
Formen. Polster dürfen wir in jenen insekten- und feuchtigkeitsreichen Zonen
nicht erwarten; wo wir sie vermissen, finden wir bequeme Korbmöbel, wie
z. B. die einladenden Korblehnstühle und -Sophas, welche als Ng-äcilriiod-Urs,
fast von jedem Schiffe billig gekauft, aus Funchal mitgebracht werden, und
wenn wir hier und dort eine zerbrochene Fensterscheibe bemerken, so drücken
wir in Hinblick auf die Zwecklosigkeit von Glasfenstern in diesen Ländern gern
ein Auge zu und wir wundern uns ebensowenig, daß die ein den Wänden
hängenden, schön geschnitzten Uhren durch Rost verdorben, nicht mehr die Zeit
anzeigen; ist doch die Sonne der beste Stundenweiser, um 6 Uhr früh erscheint
sie über dem Lande, um 12 Uhr steht sie ziemlich senkrecht über ihm und um
6 Uhr Abends taucht sie hinter dem Meereshorizont unter.

Doch wie gesagt, es ist eine Frende, in diesem Hause sich umzusehen,
denn überall spricht uns Sauberkeit und Ordnung an; auch auf dem großen


das flachpyramidale Dach aus schindelartig übereinander gelegten, mit Asphalt¬
pappe überkleideten Brettern ragt weit über die Wände hinaus und stützt sich
auf Balken, welche gleichzeitig auch die um die ganze obere Etage führende
Veranda tragen. Zu dieser gehen zwei bequeme Treppen, die eine von der
Seefront, die andere von der entgegengesetzten Seite aus dem Hofe hinauf.
Das ganze Hans ist schneeweiß getüncht, nur die Stützbalken der Veranda und
die Thüren und Fenster sind mit freundlich blauer Oelfarbe gestrichen.

Das Junere ist oben und unten gleichmäßig eingetheilt; in der Mitte
zieht sich durch die Breite des Hauses ein großes Zimmer, gewöhnlich ohne
Fenster, da es im Oberstock durch die beiden Flügelthüren, an welchen die
Treppen münden, genügend Luft und Licht erhält; weht der Wind nicht gar
zu stark, so stehen sie fast immer offen, denn gegen Zug ist der Europäer in
jenen Breiten, wenn er nicht gerade fieberkrank ist, nicht so empfindlich, wie
in seiner kühlen Heimath. Von diesem Mittelzimmer führen vier Thüren, zwei
an jeder Längenseite nach vier verschiedenen Stuben, welche die Ecken des
Hauses einnehmen und im obern Geschoß je zwei Fenster haben. Jm unteren
Geschoß sind weniger Fenster angebracht, denn es dient nur zur Aufbewahrung
von Vorräthen und als Zahlungsfetisch, während oben alle Stuben bewohnt
sind; der große Raum bildet daß Eß- und Gesellschaftszimmer, die übrigen die
Wohnungen des Faktvristeu und seiner Genossen.

Wie das Aeußere dieses Hauses uns schon menschenwürdiger erscheint, ja,
nach dem tristen Bilde im Busch uus ein Palast dünkt, so erinnert auch die
Einrichtung der Zimmer mehr an europäisches Leben. Die Möbel sind zum
größten Theil europäischen Ursprungs, oder wenn von Eingeborenen her¬
gestellt, fein und scaber gearbeitet; es ist nicht nur auf den Zweck der Stühle,
Tische, Schränke, des Büffels u. f. w. gesehen, sondern auch auf hübsche elegante
Formen. Polster dürfen wir in jenen insekten- und feuchtigkeitsreichen Zonen
nicht erwarten; wo wir sie vermissen, finden wir bequeme Korbmöbel, wie
z. B. die einladenden Korblehnstühle und -Sophas, welche als Ng-äcilriiod-Urs,
fast von jedem Schiffe billig gekauft, aus Funchal mitgebracht werden, und
wenn wir hier und dort eine zerbrochene Fensterscheibe bemerken, so drücken
wir in Hinblick auf die Zwecklosigkeit von Glasfenstern in diesen Ländern gern
ein Auge zu und wir wundern uns ebensowenig, daß die ein den Wänden
hängenden, schön geschnitzten Uhren durch Rost verdorben, nicht mehr die Zeit
anzeigen; ist doch die Sonne der beste Stundenweiser, um 6 Uhr früh erscheint
sie über dem Lande, um 12 Uhr steht sie ziemlich senkrecht über ihm und um
6 Uhr Abends taucht sie hinter dem Meereshorizont unter.

Doch wie gesagt, es ist eine Frende, in diesem Hause sich umzusehen,
denn überall spricht uns Sauberkeit und Ordnung an; auch auf dem großen


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[0060] das flachpyramidale Dach aus schindelartig übereinander gelegten, mit Asphalt¬ pappe überkleideten Brettern ragt weit über die Wände hinaus und stützt sich auf Balken, welche gleichzeitig auch die um die ganze obere Etage führende Veranda tragen. Zu dieser gehen zwei bequeme Treppen, die eine von der Seefront, die andere von der entgegengesetzten Seite aus dem Hofe hinauf. Das ganze Hans ist schneeweiß getüncht, nur die Stützbalken der Veranda und die Thüren und Fenster sind mit freundlich blauer Oelfarbe gestrichen. Das Junere ist oben und unten gleichmäßig eingetheilt; in der Mitte zieht sich durch die Breite des Hauses ein großes Zimmer, gewöhnlich ohne Fenster, da es im Oberstock durch die beiden Flügelthüren, an welchen die Treppen münden, genügend Luft und Licht erhält; weht der Wind nicht gar zu stark, so stehen sie fast immer offen, denn gegen Zug ist der Europäer in jenen Breiten, wenn er nicht gerade fieberkrank ist, nicht so empfindlich, wie in seiner kühlen Heimath. Von diesem Mittelzimmer führen vier Thüren, zwei an jeder Längenseite nach vier verschiedenen Stuben, welche die Ecken des Hauses einnehmen und im obern Geschoß je zwei Fenster haben. Jm unteren Geschoß sind weniger Fenster angebracht, denn es dient nur zur Aufbewahrung von Vorräthen und als Zahlungsfetisch, während oben alle Stuben bewohnt sind; der große Raum bildet daß Eß- und Gesellschaftszimmer, die übrigen die Wohnungen des Faktvristeu und seiner Genossen. Wie das Aeußere dieses Hauses uns schon menschenwürdiger erscheint, ja, nach dem tristen Bilde im Busch uus ein Palast dünkt, so erinnert auch die Einrichtung der Zimmer mehr an europäisches Leben. Die Möbel sind zum größten Theil europäischen Ursprungs, oder wenn von Eingeborenen her¬ gestellt, fein und scaber gearbeitet; es ist nicht nur auf den Zweck der Stühle, Tische, Schränke, des Büffels u. f. w. gesehen, sondern auch auf hübsche elegante Formen. Polster dürfen wir in jenen insekten- und feuchtigkeitsreichen Zonen nicht erwarten; wo wir sie vermissen, finden wir bequeme Korbmöbel, wie z. B. die einladenden Korblehnstühle und -Sophas, welche als Ng-äcilriiod-Urs, fast von jedem Schiffe billig gekauft, aus Funchal mitgebracht werden, und wenn wir hier und dort eine zerbrochene Fensterscheibe bemerken, so drücken wir in Hinblick auf die Zwecklosigkeit von Glasfenstern in diesen Ländern gern ein Auge zu und wir wundern uns ebensowenig, daß die ein den Wänden hängenden, schön geschnitzten Uhren durch Rost verdorben, nicht mehr die Zeit anzeigen; ist doch die Sonne der beste Stundenweiser, um 6 Uhr früh erscheint sie über dem Lande, um 12 Uhr steht sie ziemlich senkrecht über ihm und um 6 Uhr Abends taucht sie hinter dem Meereshorizont unter. Doch wie gesagt, es ist eine Frende, in diesem Hause sich umzusehen, denn überall spricht uns Sauberkeit und Ordnung an; auch auf dem großen

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341827_157661/60>, abgerufen am 22.07.2024.