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Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, II. Semester. I. Band.

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Z)le Entwickelung des altrömischen Kriegswesens.
Von Max Jähns. VIII.
Die römische Militärlitcratur.

Um die Zeit, da Manipularlegion und Phalanx ihre letzten entscheidenden
Kämpfe ausfochten, regt sich auch auf römischem Boden zum ersten Male die
Militärliteratur, die Kriegswissenschaft.*)

Der Anstoß dazu ging allerdings von griechischer Seite ans. Je mehr
in den Diadochenreichen das lebendige Wesen der Kriegskunst erstarb und einem
geistlosen Spiele mit den Formen der Elementartaktik Raum gab, desto mehr
gelangte auch eine schulmäßige Behandlung der Kriegswissenschaft zur Geltung,
welche den Anspruch erhob, den Inbegriff alles Besten überliefern zu köunen,
was bis dahin überhaupt in militärischer Beziehung festgestellt worden sei.
Eine geschwätzige BeHandlungsweise der sogenannten Kriegs-Ethik, d. h. der
Lehren vom Auftreten der Feldherren, von der Behandlung der Mannschaft und
dergleichen machte sich breit neben einer sehr unfruchtbaren mathematischen
Klügelei; aber diese Dinge imponirten nichts desto weniger, so lange noch durch
Tradition in einigen ihrer Vertreter eine persönliche, handwerksmäßige Tüchtig¬
keit erhalten blieb. Mit Stolz wiesen die Griechen darauf hin, daß es der
geschulte Timoleon gewesen sei, welcher im vierten Jahrhundert Syrakus ge¬
rettet habe, daß die von den Römern in die Enge getriebenen Karthager einem
griechischen Feldherrn, dem Xanthippos, ihr ganzes Vertrauen geschenkt und dies
durch den großen Erfolg bei Tunes glänzend gerechtfertigt gefunden hätten.



*) Vergl. Köchly und Rüstow: Die griechischen Kriegsschriftstcllcr.
Grenzboten III. 1878. 66
Z)le Entwickelung des altrömischen Kriegswesens.
Von Max Jähns. VIII.
Die römische Militärlitcratur.

Um die Zeit, da Manipularlegion und Phalanx ihre letzten entscheidenden
Kämpfe ausfochten, regt sich auch auf römischem Boden zum ersten Male die
Militärliteratur, die Kriegswissenschaft.*)

Der Anstoß dazu ging allerdings von griechischer Seite ans. Je mehr
in den Diadochenreichen das lebendige Wesen der Kriegskunst erstarb und einem
geistlosen Spiele mit den Formen der Elementartaktik Raum gab, desto mehr
gelangte auch eine schulmäßige Behandlung der Kriegswissenschaft zur Geltung,
welche den Anspruch erhob, den Inbegriff alles Besten überliefern zu köunen,
was bis dahin überhaupt in militärischer Beziehung festgestellt worden sei.
Eine geschwätzige BeHandlungsweise der sogenannten Kriegs-Ethik, d. h. der
Lehren vom Auftreten der Feldherren, von der Behandlung der Mannschaft und
dergleichen machte sich breit neben einer sehr unfruchtbaren mathematischen
Klügelei; aber diese Dinge imponirten nichts desto weniger, so lange noch durch
Tradition in einigen ihrer Vertreter eine persönliche, handwerksmäßige Tüchtig¬
keit erhalten blieb. Mit Stolz wiesen die Griechen darauf hin, daß es der
geschulte Timoleon gewesen sei, welcher im vierten Jahrhundert Syrakus ge¬
rettet habe, daß die von den Römern in die Enge getriebenen Karthager einem
griechischen Feldherrn, dem Xanthippos, ihr ganzes Vertrauen geschenkt und dies
durch den großen Erfolg bei Tunes glänzend gerechtfertigt gefunden hätten.



*) Vergl. Köchly und Rüstow: Die griechischen Kriegsschriftstcllcr.
Grenzboten III. 1878. 66
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[0449] Z)le Entwickelung des altrömischen Kriegswesens. Von Max Jähns. VIII. Die römische Militärlitcratur. Um die Zeit, da Manipularlegion und Phalanx ihre letzten entscheidenden Kämpfe ausfochten, regt sich auch auf römischem Boden zum ersten Male die Militärliteratur, die Kriegswissenschaft.*) Der Anstoß dazu ging allerdings von griechischer Seite ans. Je mehr in den Diadochenreichen das lebendige Wesen der Kriegskunst erstarb und einem geistlosen Spiele mit den Formen der Elementartaktik Raum gab, desto mehr gelangte auch eine schulmäßige Behandlung der Kriegswissenschaft zur Geltung, welche den Anspruch erhob, den Inbegriff alles Besten überliefern zu köunen, was bis dahin überhaupt in militärischer Beziehung festgestellt worden sei. Eine geschwätzige BeHandlungsweise der sogenannten Kriegs-Ethik, d. h. der Lehren vom Auftreten der Feldherren, von der Behandlung der Mannschaft und dergleichen machte sich breit neben einer sehr unfruchtbaren mathematischen Klügelei; aber diese Dinge imponirten nichts desto weniger, so lange noch durch Tradition in einigen ihrer Vertreter eine persönliche, handwerksmäßige Tüchtig¬ keit erhalten blieb. Mit Stolz wiesen die Griechen darauf hin, daß es der geschulte Timoleon gewesen sei, welcher im vierten Jahrhundert Syrakus ge¬ rettet habe, daß die von den Römern in die Enge getriebenen Karthager einem griechischen Feldherrn, dem Xanthippos, ihr ganzes Vertrauen geschenkt und dies durch den großen Erfolg bei Tunes glänzend gerechtfertigt gefunden hätten. *) Vergl. Köchly und Rüstow: Die griechischen Kriegsschriftstcllcr. Grenzboten III. 1878. 66

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341827_157661/449>, abgerufen am 22.07.2024.