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Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, II. Semester. I. Band.

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kämpfe auf dem Marsfelde, wo Engländer, Franzosen, Deutsche und Oester¬
reichs auf dem ersten Plane stehen, mit Erfolg betheiligen können.

Was der dänischen Kunst fehlt, besitzt hingegen ihre Industrie: einen natio¬
nalen Charakter und einen originellen Zug. Es sind freilich nur zwei Gebiete
des Kunstgewerbes, die hier in Betracht kommen: die Thon- und die Silber¬
waarenindustrie. Die dänischen Thonwaaren haben in den letzten Jahren um
ihres feinen Gefttges und ihrer zierlichen Form willen einen Weltruf erreicht.
Es waren zuerst die vortrefflichen Nachbildungen etruskischer und griechischer
Vasen, die allgemeinen Beifall fanden: die Vasen alten Stils mit schwarzen
Figuren auf rothem Grunde und die Vasen der Blüthezeit mit rothen Figuren
auf schwarzem Grunde. Aus der antiken Imitation entwickelte sich dann ein
klassizirender Stil, der über die alten Muster hinausging: man stellte auf dem
Bauche lichtgelber Thongefäße Szenen aus dem griechischen Leben in allen
Farben dar. Der Stil dieser Darstellungen entfernt sich zwar ziemlich weit
von der antiken Würde -- er schwankt zwischen der süßlichen, eleganten Ab¬
fassung des Msraisr sraxirs und der gefälligen Anmuth Thorwaldsen's -- in¬
dessen fehlte auch diesen Vasen nicht der Beifall des internationalen Publikums.
Eine dritte Gruppe dänischer Thongefäße entlehnt ihre Motive nationalen
Ueberlieferungen: sie umfaßt die schwarzen, glasirten Vasen mit farbigen Orna¬
menten und Blumenguirlanden, die als spezifisch dänische Thvnwaaren auf den
Markt kommen.

Als Hauptvertrter der Silberwaareniudustrie figurirt auch in Paris wieder
P. Christesen aus Kopenhagen. Das Silberfiligran und die Imitation alt¬
skandinavischer Schmucksachen, die Ausbeutung der nordischen Gräberfunde für
die moderne Kunstindustrie, das sind die vornehmsten Aufgaben, die sich Chri¬
stesen gestellt und die er mit großem Geschick gelöst hat. Das skandinavische
Museum in Kopenhagen liefert ihm eine Fülle von Vorbildern, die er für den
weiblichen Schmuck und das Tafelgeräth mit Geist und Geschmack zu ver¬
werthen weiß. Armbänder, die vor einem Jahrtausend eine edle Friesin ge¬
tragen hat, erstehen wieder in altem Glänze. Broschen, Ohrgehänge mit glän¬
zenden Schilden, die an dünnen Silberfäden hängen, Medaillons, alles ist in
feinstem Silber- und Goldfiligran hergestellt und, was nicht von geringer Be¬
deutung ist, für eine" so mäßigen Preis, daß die Verbreitung des dänischen
Filigrans der des italienischen gleichkommt oder dieselbe noch übertrifft.




kämpfe auf dem Marsfelde, wo Engländer, Franzosen, Deutsche und Oester¬
reichs auf dem ersten Plane stehen, mit Erfolg betheiligen können.

Was der dänischen Kunst fehlt, besitzt hingegen ihre Industrie: einen natio¬
nalen Charakter und einen originellen Zug. Es sind freilich nur zwei Gebiete
des Kunstgewerbes, die hier in Betracht kommen: die Thon- und die Silber¬
waarenindustrie. Die dänischen Thonwaaren haben in den letzten Jahren um
ihres feinen Gefttges und ihrer zierlichen Form willen einen Weltruf erreicht.
Es waren zuerst die vortrefflichen Nachbildungen etruskischer und griechischer
Vasen, die allgemeinen Beifall fanden: die Vasen alten Stils mit schwarzen
Figuren auf rothem Grunde und die Vasen der Blüthezeit mit rothen Figuren
auf schwarzem Grunde. Aus der antiken Imitation entwickelte sich dann ein
klassizirender Stil, der über die alten Muster hinausging: man stellte auf dem
Bauche lichtgelber Thongefäße Szenen aus dem griechischen Leben in allen
Farben dar. Der Stil dieser Darstellungen entfernt sich zwar ziemlich weit
von der antiken Würde — er schwankt zwischen der süßlichen, eleganten Ab¬
fassung des Msraisr sraxirs und der gefälligen Anmuth Thorwaldsen's — in¬
dessen fehlte auch diesen Vasen nicht der Beifall des internationalen Publikums.
Eine dritte Gruppe dänischer Thongefäße entlehnt ihre Motive nationalen
Ueberlieferungen: sie umfaßt die schwarzen, glasirten Vasen mit farbigen Orna¬
menten und Blumenguirlanden, die als spezifisch dänische Thvnwaaren auf den
Markt kommen.

Als Hauptvertrter der Silberwaareniudustrie figurirt auch in Paris wieder
P. Christesen aus Kopenhagen. Das Silberfiligran und die Imitation alt¬
skandinavischer Schmucksachen, die Ausbeutung der nordischen Gräberfunde für
die moderne Kunstindustrie, das sind die vornehmsten Aufgaben, die sich Chri¬
stesen gestellt und die er mit großem Geschick gelöst hat. Das skandinavische
Museum in Kopenhagen liefert ihm eine Fülle von Vorbildern, die er für den
weiblichen Schmuck und das Tafelgeräth mit Geist und Geschmack zu ver¬
werthen weiß. Armbänder, die vor einem Jahrtausend eine edle Friesin ge¬
tragen hat, erstehen wieder in altem Glänze. Broschen, Ohrgehänge mit glän¬
zenden Schilden, die an dünnen Silberfäden hängen, Medaillons, alles ist in
feinstem Silber- und Goldfiligran hergestellt und, was nicht von geringer Be¬
deutung ist, für eine» so mäßigen Preis, daß die Verbreitung des dänischen
Filigrans der des italienischen gleichkommt oder dieselbe noch übertrifft.




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[0382] kämpfe auf dem Marsfelde, wo Engländer, Franzosen, Deutsche und Oester¬ reichs auf dem ersten Plane stehen, mit Erfolg betheiligen können. Was der dänischen Kunst fehlt, besitzt hingegen ihre Industrie: einen natio¬ nalen Charakter und einen originellen Zug. Es sind freilich nur zwei Gebiete des Kunstgewerbes, die hier in Betracht kommen: die Thon- und die Silber¬ waarenindustrie. Die dänischen Thonwaaren haben in den letzten Jahren um ihres feinen Gefttges und ihrer zierlichen Form willen einen Weltruf erreicht. Es waren zuerst die vortrefflichen Nachbildungen etruskischer und griechischer Vasen, die allgemeinen Beifall fanden: die Vasen alten Stils mit schwarzen Figuren auf rothem Grunde und die Vasen der Blüthezeit mit rothen Figuren auf schwarzem Grunde. Aus der antiken Imitation entwickelte sich dann ein klassizirender Stil, der über die alten Muster hinausging: man stellte auf dem Bauche lichtgelber Thongefäße Szenen aus dem griechischen Leben in allen Farben dar. Der Stil dieser Darstellungen entfernt sich zwar ziemlich weit von der antiken Würde — er schwankt zwischen der süßlichen, eleganten Ab¬ fassung des Msraisr sraxirs und der gefälligen Anmuth Thorwaldsen's — in¬ dessen fehlte auch diesen Vasen nicht der Beifall des internationalen Publikums. Eine dritte Gruppe dänischer Thongefäße entlehnt ihre Motive nationalen Ueberlieferungen: sie umfaßt die schwarzen, glasirten Vasen mit farbigen Orna¬ menten und Blumenguirlanden, die als spezifisch dänische Thvnwaaren auf den Markt kommen. Als Hauptvertrter der Silberwaareniudustrie figurirt auch in Paris wieder P. Christesen aus Kopenhagen. Das Silberfiligran und die Imitation alt¬ skandinavischer Schmucksachen, die Ausbeutung der nordischen Gräberfunde für die moderne Kunstindustrie, das sind die vornehmsten Aufgaben, die sich Chri¬ stesen gestellt und die er mit großem Geschick gelöst hat. Das skandinavische Museum in Kopenhagen liefert ihm eine Fülle von Vorbildern, die er für den weiblichen Schmuck und das Tafelgeräth mit Geist und Geschmack zu ver¬ werthen weiß. Armbänder, die vor einem Jahrtausend eine edle Friesin ge¬ tragen hat, erstehen wieder in altem Glänze. Broschen, Ohrgehänge mit glän¬ zenden Schilden, die an dünnen Silberfäden hängen, Medaillons, alles ist in feinstem Silber- und Goldfiligran hergestellt und, was nicht von geringer Be¬ deutung ist, für eine» so mäßigen Preis, daß die Verbreitung des dänischen Filigrans der des italienischen gleichkommt oder dieselbe noch übertrifft.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341827_157661/382>, abgerufen am 22.07.2024.