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Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, II. Semester. I. Band.

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Mit lautem Beifall wurden diese Urtheile begrüßt. Um aber die Aufregung
vollends zu beschwichtigen, sandte Stanley eine Botschaft an den Gouverneur
(Vali) Scheikh Mansur bin Suliman, er möge alle Wangwana auf handhafter
That verhaften und bestrafen lassen. Von dieser angenehmen Erlaubniß machte
nun aber der Vali so ausgedehnten Gebrauch, indem er alle Wangwana, die
sich im Orte nur blicken ließen, ergreifen und barbarisch aufpeitschen ließ, daß
Stanley schließlich nichts übrig blieb, als so schnell wie möglich abzureisen,
um die große Erbitterung seiner Leute über die Rechtsanschauungen des Scheikh
nicht zu wilden Ausbrüchen anwachsen zu lassen.

So zog er denn am 17. November um 9 Uhr Morgens, fünf Tage nach
seiner Abreise von Zanzibar, in Marschordnung zum Orte hinaus, begleitet
von einigen freundlichen und vielen unfreundlichen Abschiedsworten der Ein¬
wohner männlichen und weiblichen Geschlechts. In dichten Schaaren waren
sie herbeigeströmt, um den Zug zu sehen, der folgendermaßen geordnet war:
vier Anführer gingen einige Hundert Meter vorauf; ihnen zunächst die zwölf
Wegweiser in rothen Jobvröcken, Drahtgewinde tragend; danach eine lange
Reihe von 270 Mann, die Zeuge, Draht, Glasperlen und die Theile der
Lady Allee tragen; hinter ihnen 36 Frauen und zehn Knaben, die Kinder von
einigen der Anführer und Bootträgern, welche ihren Müttern folgen und ihnen
durch das Tragen einiger Geräthe u. f. w. helfen wollen. Dann folgen die
Reitesel, die Europäer und die Flintenträger. Die lange Linie wird endlich
von sechzehn Anführern beschlossen, die als Nachhut agiren und zugleich
Nachzügler aufsuchen und wieder heranführen und so lange, bis andere Leute
herbeigeschafft werden, als Ueberzählige Dienst thun. Im Ganzen sind 356
Seelen bei dieser Expedition betheiligt. Die lange Linie streckt sich beinahe
eine halbe englische Meile auf dem Pfade hin, der gegenwärtig für Handels¬
leute wie für Forscher die Landstraße nach den Seegegenden Jnnerafrika's
bildet. Edward Pocock fungirt als Hornbläser und hat auch Hamadi, den
Hauptführer, mit den Signalen der englischen Lager von Aldershot und Chatam
bekannt gemacht. Hämadi selbst ist ausgezeichnet durch sein Lieblingsinstrument,
ein ungeheuer langes Elfenbeinhorn, das er gebraucht, wenn man sich einem
passenden Lagerplatze nähert oder von einer an der Front drohenden Gefahr
Nachricht gegeben werden soll. Vor Hamadi schreitet ein kleiner dickköpfiger
Junge einher, mit einer Trommel, wie sie die Eingeborenen führen. Er darf
sie aber nur in der Nähe von Dörfern schlagen, um den Eingeborenen das
Herannahen der Karawane im Voraus anzukündigen. Das ist eine sehr noth¬
wendige Vorsichtsmaßregel, denn viele Dörfer liegen mitten in dichtem Gebüsch,
und die plötzliche Ankunft einer großen Menge von Fremden, ehe die Bewohner


Mit lautem Beifall wurden diese Urtheile begrüßt. Um aber die Aufregung
vollends zu beschwichtigen, sandte Stanley eine Botschaft an den Gouverneur
(Vali) Scheikh Mansur bin Suliman, er möge alle Wangwana auf handhafter
That verhaften und bestrafen lassen. Von dieser angenehmen Erlaubniß machte
nun aber der Vali so ausgedehnten Gebrauch, indem er alle Wangwana, die
sich im Orte nur blicken ließen, ergreifen und barbarisch aufpeitschen ließ, daß
Stanley schließlich nichts übrig blieb, als so schnell wie möglich abzureisen,
um die große Erbitterung seiner Leute über die Rechtsanschauungen des Scheikh
nicht zu wilden Ausbrüchen anwachsen zu lassen.

So zog er denn am 17. November um 9 Uhr Morgens, fünf Tage nach
seiner Abreise von Zanzibar, in Marschordnung zum Orte hinaus, begleitet
von einigen freundlichen und vielen unfreundlichen Abschiedsworten der Ein¬
wohner männlichen und weiblichen Geschlechts. In dichten Schaaren waren
sie herbeigeströmt, um den Zug zu sehen, der folgendermaßen geordnet war:
vier Anführer gingen einige Hundert Meter vorauf; ihnen zunächst die zwölf
Wegweiser in rothen Jobvröcken, Drahtgewinde tragend; danach eine lange
Reihe von 270 Mann, die Zeuge, Draht, Glasperlen und die Theile der
Lady Allee tragen; hinter ihnen 36 Frauen und zehn Knaben, die Kinder von
einigen der Anführer und Bootträgern, welche ihren Müttern folgen und ihnen
durch das Tragen einiger Geräthe u. f. w. helfen wollen. Dann folgen die
Reitesel, die Europäer und die Flintenträger. Die lange Linie wird endlich
von sechzehn Anführern beschlossen, die als Nachhut agiren und zugleich
Nachzügler aufsuchen und wieder heranführen und so lange, bis andere Leute
herbeigeschafft werden, als Ueberzählige Dienst thun. Im Ganzen sind 356
Seelen bei dieser Expedition betheiligt. Die lange Linie streckt sich beinahe
eine halbe englische Meile auf dem Pfade hin, der gegenwärtig für Handels¬
leute wie für Forscher die Landstraße nach den Seegegenden Jnnerafrika's
bildet. Edward Pocock fungirt als Hornbläser und hat auch Hamadi, den
Hauptführer, mit den Signalen der englischen Lager von Aldershot und Chatam
bekannt gemacht. Hämadi selbst ist ausgezeichnet durch sein Lieblingsinstrument,
ein ungeheuer langes Elfenbeinhorn, das er gebraucht, wenn man sich einem
passenden Lagerplatze nähert oder von einer an der Front drohenden Gefahr
Nachricht gegeben werden soll. Vor Hamadi schreitet ein kleiner dickköpfiger
Junge einher, mit einer Trommel, wie sie die Eingeborenen führen. Er darf
sie aber nur in der Nähe von Dörfern schlagen, um den Eingeborenen das
Herannahen der Karawane im Voraus anzukündigen. Das ist eine sehr noth¬
wendige Vorsichtsmaßregel, denn viele Dörfer liegen mitten in dichtem Gebüsch,
und die plötzliche Ankunft einer großen Menge von Fremden, ehe die Bewohner


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341827_157661/282>, abgerufen am 24.08.2024.