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Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, II. Semester. I. Band.

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einen nicht unbedeutenden Antheil hat an der Eroberung der alten Welt
durch Rom.

In der späteren Kaiserzeit lehnten sich die Truppen gegen den Gebrauch
aller schweren Waffen, also auch gegen den des Plinins auf, und die Organi¬
satoren mußten diesem Widerstande durch Neukonstruktionen zu Hilfe kommen.
Eine solche ist das von Vegetius beschriebene spionluin (von Murr,
Spitze). Es war ein erleichtertes Plinn, im Ganzen ^ Fusz kürzer als jenes
und mit dreikantigen statt vierkantigen, bis auf 9 Zoll verkürzten Eisen.
Noch leichter war das 3^ Fuß lange vorierüuln oder verutum. Auch er¬
scheinen zu dieser Zeit Speere, an deren Schaft zur Erhöhung der Wurfkraft
eine Lederschleife (awontum) angebracht ist, also Riemenspieße, wie sie die
griechischen Peltasten führten. Einige Truppenabtheilungen der Kaiserzeit waren
mit Wurfpfeilen (an,rein>tiMdu1i, pIuiQdÄtaö 8e. 8n.g'it.tu,s) bewaffnet, deren jeder
Soldat 5 innerhalb des Schildes mit sich führte. Die mit Widerhaken ver¬
sehene Spitze war an ihrer Tülle mit einer starken Bleifassung beschwert und
dadurch die Wirkung des Wurfes bedeutend erhöht.*)

Bogen und Pfeil (.ireris und W^ne") scheinen erst in der Zeit des
Marius durch die Auxiliartruppen in die Reihen der Römer selbst eingeführt
worden zu sein. Kretische und balearische Bogner treten dagegen seit den
punischen Kriegen regelmäßig bei den Heeren Rom's ans. Von Pfeilspitzen
kommen am häufigsten die dreikantigen vor, welche mittelst eines Dornes auf
dem Schafte befestigt wurden. Die in vielen Museen aufbewahrten bronzenen
als Bogenspanner bezeichneten Instrumente in Brillenform**) haben sicherlich
nicht zum spannen des Handbogens, sondern zu Bedienung der a-rondÄllist!,,
gedient, jenes leichten Geschützes, welches die Griechen "Bauchspanner" nannten
und welches später als "Armbrust" auftritt. Im Felde wurde diese Waffe
jedoch nicht gebraucht, sondern nur auf dem Walle. Die Ausbildung der
Artillerie, zumal die der Feldartillerie fällt bei deu Römern übrigens erst in
die Kaiserzeit.

Auch die Schleuder, obgleich schon von den Tuskern verwendet,***) kam
als ordnungsmäßige Waffe aufangs nur bei einer Centurie der aoosusi?<z1a,ti>
also nicht in der eigentlichen Legion vor. Erst durch fremde Truppen gelangte
sie uach dem zweiten punischen Kriege zu allgemeinerem Gebrauche, namentlich
durch die spanischen Jnselvölker und die Achäer von Aegina. Die berühmten
balkarischen Schleuderer führten die einfache tunäa,, welche aus einem länglich





') Lindenschmit: Alterthümer unserer heidnischen Vorzeit, Hest 6. Taf, S.
"
) Sie sind an dem Verbindnngspnnkte meist mit drei nahe an einander stehenden
Spitzen besetzt,
O. Müller: Etrusker I S, 395,

einen nicht unbedeutenden Antheil hat an der Eroberung der alten Welt
durch Rom.

In der späteren Kaiserzeit lehnten sich die Truppen gegen den Gebrauch
aller schweren Waffen, also auch gegen den des Plinins auf, und die Organi¬
satoren mußten diesem Widerstande durch Neukonstruktionen zu Hilfe kommen.
Eine solche ist das von Vegetius beschriebene spionluin (von Murr,
Spitze). Es war ein erleichtertes Plinn, im Ganzen ^ Fusz kürzer als jenes
und mit dreikantigen statt vierkantigen, bis auf 9 Zoll verkürzten Eisen.
Noch leichter war das 3^ Fuß lange vorierüuln oder verutum. Auch er¬
scheinen zu dieser Zeit Speere, an deren Schaft zur Erhöhung der Wurfkraft
eine Lederschleife (awontum) angebracht ist, also Riemenspieße, wie sie die
griechischen Peltasten führten. Einige Truppenabtheilungen der Kaiserzeit waren
mit Wurfpfeilen (an,rein>tiMdu1i, pIuiQdÄtaö 8e. 8n.g'it.tu,s) bewaffnet, deren jeder
Soldat 5 innerhalb des Schildes mit sich führte. Die mit Widerhaken ver¬
sehene Spitze war an ihrer Tülle mit einer starken Bleifassung beschwert und
dadurch die Wirkung des Wurfes bedeutend erhöht.*)

Bogen und Pfeil (.ireris und W^ne») scheinen erst in der Zeit des
Marius durch die Auxiliartruppen in die Reihen der Römer selbst eingeführt
worden zu sein. Kretische und balearische Bogner treten dagegen seit den
punischen Kriegen regelmäßig bei den Heeren Rom's ans. Von Pfeilspitzen
kommen am häufigsten die dreikantigen vor, welche mittelst eines Dornes auf
dem Schafte befestigt wurden. Die in vielen Museen aufbewahrten bronzenen
als Bogenspanner bezeichneten Instrumente in Brillenform**) haben sicherlich
nicht zum spannen des Handbogens, sondern zu Bedienung der a-rondÄllist!,,
gedient, jenes leichten Geschützes, welches die Griechen „Bauchspanner" nannten
und welches später als „Armbrust" auftritt. Im Felde wurde diese Waffe
jedoch nicht gebraucht, sondern nur auf dem Walle. Die Ausbildung der
Artillerie, zumal die der Feldartillerie fällt bei deu Römern übrigens erst in
die Kaiserzeit.

Auch die Schleuder, obgleich schon von den Tuskern verwendet,***) kam
als ordnungsmäßige Waffe aufangs nur bei einer Centurie der aoosusi?<z1a,ti>
also nicht in der eigentlichen Legion vor. Erst durch fremde Truppen gelangte
sie uach dem zweiten punischen Kriege zu allgemeinerem Gebrauche, namentlich
durch die spanischen Jnselvölker und die Achäer von Aegina. Die berühmten
balkarischen Schleuderer führten die einfache tunäa,, welche aus einem länglich





') Lindenschmit: Alterthümer unserer heidnischen Vorzeit, Hest 6. Taf, S.
"
) Sie sind an dem Verbindnngspnnkte meist mit drei nahe an einander stehenden
Spitzen besetzt,
O. Müller: Etrusker I S, 395,
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[0221] einen nicht unbedeutenden Antheil hat an der Eroberung der alten Welt durch Rom. In der späteren Kaiserzeit lehnten sich die Truppen gegen den Gebrauch aller schweren Waffen, also auch gegen den des Plinins auf, und die Organi¬ satoren mußten diesem Widerstande durch Neukonstruktionen zu Hilfe kommen. Eine solche ist das von Vegetius beschriebene spionluin (von Murr, Spitze). Es war ein erleichtertes Plinn, im Ganzen ^ Fusz kürzer als jenes und mit dreikantigen statt vierkantigen, bis auf 9 Zoll verkürzten Eisen. Noch leichter war das 3^ Fuß lange vorierüuln oder verutum. Auch er¬ scheinen zu dieser Zeit Speere, an deren Schaft zur Erhöhung der Wurfkraft eine Lederschleife (awontum) angebracht ist, also Riemenspieße, wie sie die griechischen Peltasten führten. Einige Truppenabtheilungen der Kaiserzeit waren mit Wurfpfeilen (an,rein>tiMdu1i, pIuiQdÄtaö 8e. 8n.g'it.tu,s) bewaffnet, deren jeder Soldat 5 innerhalb des Schildes mit sich führte. Die mit Widerhaken ver¬ sehene Spitze war an ihrer Tülle mit einer starken Bleifassung beschwert und dadurch die Wirkung des Wurfes bedeutend erhöht.*) Bogen und Pfeil (.ireris und W^ne») scheinen erst in der Zeit des Marius durch die Auxiliartruppen in die Reihen der Römer selbst eingeführt worden zu sein. Kretische und balearische Bogner treten dagegen seit den punischen Kriegen regelmäßig bei den Heeren Rom's ans. Von Pfeilspitzen kommen am häufigsten die dreikantigen vor, welche mittelst eines Dornes auf dem Schafte befestigt wurden. Die in vielen Museen aufbewahrten bronzenen als Bogenspanner bezeichneten Instrumente in Brillenform**) haben sicherlich nicht zum spannen des Handbogens, sondern zu Bedienung der a-rondÄllist!,, gedient, jenes leichten Geschützes, welches die Griechen „Bauchspanner" nannten und welches später als „Armbrust" auftritt. Im Felde wurde diese Waffe jedoch nicht gebraucht, sondern nur auf dem Walle. Die Ausbildung der Artillerie, zumal die der Feldartillerie fällt bei deu Römern übrigens erst in die Kaiserzeit. Auch die Schleuder, obgleich schon von den Tuskern verwendet,***) kam als ordnungsmäßige Waffe aufangs nur bei einer Centurie der aoosusi?<z1a,ti> also nicht in der eigentlichen Legion vor. Erst durch fremde Truppen gelangte sie uach dem zweiten punischen Kriege zu allgemeinerem Gebrauche, namentlich durch die spanischen Jnselvölker und die Achäer von Aegina. Die berühmten balkarischen Schleuderer führten die einfache tunäa,, welche aus einem länglich ') Lindenschmit: Alterthümer unserer heidnischen Vorzeit, Hest 6. Taf, S. " ) Sie sind an dem Verbindnngspnnkte meist mit drei nahe an einander stehenden Spitzen besetzt, O. Müller: Etrusker I S, 395,

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341827_157661/221>, abgerufen am 25.08.2024.