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Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, II. Semester. I. Band.

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mit mannigfachen Bildwerken in getriebener oder eingelegter Arbeit geschmückt
war. Mehrere Statuen römischer Kaiser zeigen solche mit Caelatur bedeckte
Harnische,*) von denen es jedoch zweifelhaft bleibt, ob sie wirklich getragen
wurden oder nnr auf Rechnung des verschönernden und hellenisirenden Sinnes
der Bildhauer zu stellen sind.

Der echt römische Helm, sowohl die lederne, erzbeschlagene Moa, als
die metallene "g-ssis, unterscheidet sich von dem griechischen Helme vorzugsweise
dadurch, daß ihm mit wenigen Ausnahmen das Visir fehlt. Die altitalische
Form, wie sie namentlich die in etruskischen Gräbern gefundenen Helme zeigen,
erinnert lebhaft an die von den gemeinen Kriegern des Mittelalters getragenen
Sturmhauben. Vervollkommnet wird der Helm dnrch Hinzufügen von Stirn-
und Nackenschirm, sowie von Backenstücken (büeotMö). Den Scheitel ziert und
verstärkt oft ein Ring oder Knopf. In der Blüthezeit der Republik herrscht
der ErzHelm vor und zwar mit hoher Helmzierde (orists, wo^); doch schon
in der zweiten Hälfte des 4. Jahrhunderts vor Chr. unter Camillus kamen
auch ganz gestählte Helme in Gebrauch.**) Centurionen und höhere Führer
trugen zu Polybios' Zeiten einen aus drei rothen oder schwarzen Federn besteh¬
enden Helmschmuck; später kamen auch gefärbte Roßhaarkümme auf. Zu den
Federn wählte man am liebsten diejenigen germanischer Gänse. In Deutsch¬
land hat man nicht mehr als ein halbes Dutzend römischer Helme gefunden.
Derjenige, welcher vorzugsweise typisch erscheint und daher von Lindenschmit
als Vorbild für seine Modelle gewählt wurde, ist zu Niederbieber gefunden
und befindet sich im Besitze des Fürsten von Wied. Den Hinterkopf desselben
schützt ein Nackenschirm, die Wangen sichern breite beckenartige Bänder. Zwischen
diesen und der eigentlichen Haube erscheint eine offene Stelle für das Ohr,
welches jedoch wieder durch eine Verstärkung der Haube gedeckt ist. Ueber
diese läuft von vorn nach hinten zur Sicherung des Schädels ein metallener
Kamm. Ein anderer zu Osterbrücken in Baden gefundener Helm zeichnet
sich durch eiuen vorspringenden, das Gesicht schützenden, visirähnlichen Aufsatz
aus, während die Wangenbänder fehlen. Jenen Aufsatz zeigt auch ein Helm
im Darmstädter Museum, der aber daneben Wangenbänder und Nackenschirm
sowie einen merkwürdigen kreuzweisen Doppel-Kamm aufweist, der da, wo die
Zweige sich kreuzen, verstärkt ist und kleine Metallkegel trägt -- alles, um dem




*) So eine Bronzcstatuette im Museo Borbonico, welche vermuthlich den jungen
Caracalla darstellt, ganz besonders aber eine in der Villa der Cäsaren vor der ?ort" äst
xoxolo aufgefundene Statue des Augustus. (Vergl, Hübner: Augustus, Marmorstatue des
Berliner Museums. 23. Programm zum Winckelmannfeste. Berlin 1363, S. II).
""") Becker: Handbuch III. (2) S. 247 Note 1367.

mit mannigfachen Bildwerken in getriebener oder eingelegter Arbeit geschmückt
war. Mehrere Statuen römischer Kaiser zeigen solche mit Caelatur bedeckte
Harnische,*) von denen es jedoch zweifelhaft bleibt, ob sie wirklich getragen
wurden oder nnr auf Rechnung des verschönernden und hellenisirenden Sinnes
der Bildhauer zu stellen sind.

Der echt römische Helm, sowohl die lederne, erzbeschlagene Moa, als
die metallene «g-ssis, unterscheidet sich von dem griechischen Helme vorzugsweise
dadurch, daß ihm mit wenigen Ausnahmen das Visir fehlt. Die altitalische
Form, wie sie namentlich die in etruskischen Gräbern gefundenen Helme zeigen,
erinnert lebhaft an die von den gemeinen Kriegern des Mittelalters getragenen
Sturmhauben. Vervollkommnet wird der Helm dnrch Hinzufügen von Stirn-
und Nackenschirm, sowie von Backenstücken (büeotMö). Den Scheitel ziert und
verstärkt oft ein Ring oder Knopf. In der Blüthezeit der Republik herrscht
der ErzHelm vor und zwar mit hoher Helmzierde (orists, wo^); doch schon
in der zweiten Hälfte des 4. Jahrhunderts vor Chr. unter Camillus kamen
auch ganz gestählte Helme in Gebrauch.**) Centurionen und höhere Führer
trugen zu Polybios' Zeiten einen aus drei rothen oder schwarzen Federn besteh¬
enden Helmschmuck; später kamen auch gefärbte Roßhaarkümme auf. Zu den
Federn wählte man am liebsten diejenigen germanischer Gänse. In Deutsch¬
land hat man nicht mehr als ein halbes Dutzend römischer Helme gefunden.
Derjenige, welcher vorzugsweise typisch erscheint und daher von Lindenschmit
als Vorbild für seine Modelle gewählt wurde, ist zu Niederbieber gefunden
und befindet sich im Besitze des Fürsten von Wied. Den Hinterkopf desselben
schützt ein Nackenschirm, die Wangen sichern breite beckenartige Bänder. Zwischen
diesen und der eigentlichen Haube erscheint eine offene Stelle für das Ohr,
welches jedoch wieder durch eine Verstärkung der Haube gedeckt ist. Ueber
diese läuft von vorn nach hinten zur Sicherung des Schädels ein metallener
Kamm. Ein anderer zu Osterbrücken in Baden gefundener Helm zeichnet
sich durch eiuen vorspringenden, das Gesicht schützenden, visirähnlichen Aufsatz
aus, während die Wangenbänder fehlen. Jenen Aufsatz zeigt auch ein Helm
im Darmstädter Museum, der aber daneben Wangenbänder und Nackenschirm
sowie einen merkwürdigen kreuzweisen Doppel-Kamm aufweist, der da, wo die
Zweige sich kreuzen, verstärkt ist und kleine Metallkegel trägt — alles, um dem




*) So eine Bronzcstatuette im Museo Borbonico, welche vermuthlich den jungen
Caracalla darstellt, ganz besonders aber eine in der Villa der Cäsaren vor der ?ort» äst
xoxolo aufgefundene Statue des Augustus. (Vergl, Hübner: Augustus, Marmorstatue des
Berliner Museums. 23. Programm zum Winckelmannfeste. Berlin 1363, S. II).
»"") Becker: Handbuch III. (2) S. 247 Note 1367.
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[0213] mit mannigfachen Bildwerken in getriebener oder eingelegter Arbeit geschmückt war. Mehrere Statuen römischer Kaiser zeigen solche mit Caelatur bedeckte Harnische,*) von denen es jedoch zweifelhaft bleibt, ob sie wirklich getragen wurden oder nnr auf Rechnung des verschönernden und hellenisirenden Sinnes der Bildhauer zu stellen sind. Der echt römische Helm, sowohl die lederne, erzbeschlagene Moa, als die metallene «g-ssis, unterscheidet sich von dem griechischen Helme vorzugsweise dadurch, daß ihm mit wenigen Ausnahmen das Visir fehlt. Die altitalische Form, wie sie namentlich die in etruskischen Gräbern gefundenen Helme zeigen, erinnert lebhaft an die von den gemeinen Kriegern des Mittelalters getragenen Sturmhauben. Vervollkommnet wird der Helm dnrch Hinzufügen von Stirn- und Nackenschirm, sowie von Backenstücken (büeotMö). Den Scheitel ziert und verstärkt oft ein Ring oder Knopf. In der Blüthezeit der Republik herrscht der ErzHelm vor und zwar mit hoher Helmzierde (orists, wo^); doch schon in der zweiten Hälfte des 4. Jahrhunderts vor Chr. unter Camillus kamen auch ganz gestählte Helme in Gebrauch.**) Centurionen und höhere Führer trugen zu Polybios' Zeiten einen aus drei rothen oder schwarzen Federn besteh¬ enden Helmschmuck; später kamen auch gefärbte Roßhaarkümme auf. Zu den Federn wählte man am liebsten diejenigen germanischer Gänse. In Deutsch¬ land hat man nicht mehr als ein halbes Dutzend römischer Helme gefunden. Derjenige, welcher vorzugsweise typisch erscheint und daher von Lindenschmit als Vorbild für seine Modelle gewählt wurde, ist zu Niederbieber gefunden und befindet sich im Besitze des Fürsten von Wied. Den Hinterkopf desselben schützt ein Nackenschirm, die Wangen sichern breite beckenartige Bänder. Zwischen diesen und der eigentlichen Haube erscheint eine offene Stelle für das Ohr, welches jedoch wieder durch eine Verstärkung der Haube gedeckt ist. Ueber diese läuft von vorn nach hinten zur Sicherung des Schädels ein metallener Kamm. Ein anderer zu Osterbrücken in Baden gefundener Helm zeichnet sich durch eiuen vorspringenden, das Gesicht schützenden, visirähnlichen Aufsatz aus, während die Wangenbänder fehlen. Jenen Aufsatz zeigt auch ein Helm im Darmstädter Museum, der aber daneben Wangenbänder und Nackenschirm sowie einen merkwürdigen kreuzweisen Doppel-Kamm aufweist, der da, wo die Zweige sich kreuzen, verstärkt ist und kleine Metallkegel trägt — alles, um dem *) So eine Bronzcstatuette im Museo Borbonico, welche vermuthlich den jungen Caracalla darstellt, ganz besonders aber eine in der Villa der Cäsaren vor der ?ort» äst xoxolo aufgefundene Statue des Augustus. (Vergl, Hübner: Augustus, Marmorstatue des Berliner Museums. 23. Programm zum Winckelmannfeste. Berlin 1363, S. II). »"") Becker: Handbuch III. (2) S. 247 Note 1367.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341827_157661/213>, abgerufen am 24.08.2024.