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Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, II. Semester. I. Band.

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Wenn der Maler auch auf diesen? Bilde dem französischen Heroismus ein
Denkmal gesetzt hat, so hat er auf der anderen Seite den deutschen Siegern
nicht ihr heiß erkämpftes Recht verkümmert.

So ausgezeichnet die übrigen Bilder Neuville's, Detaille's und Berne-
Belleeour's sind, so halten sie doch nicht den Vergleich mit dein Meisterwerke
des erstgenannten aus. Interessant sind alle, aber auf keinem ist das deutsche
und das französische Element so gleichwerthig, mit demselben Respekt und dem¬
selben Fleiße behandelt, wie in der Episode aus dem furchtbaren Kampfe um
Le Bourget, der eine der glänzendsten Seiten der beiderseitigen Kriegsge¬
schichte bildet.

Ich habe noch von dem oben erwähnten Bilde Detaille's zu sprechen: Du
rk<zoniis.is8k>,liW betitelt, das, nicht zum mindesten um seiner glänzenden Mache
willen, fast ebenso populär geworden ist wie Neuville's "Letzte Cartouche".
Es stellt die Straße eines französischen Dorfes dar. Im Vordergrunde liegt
ein erschossener preußischer Ulan mit seinem Pferde in einer Blutlache, den
gerade die tödtlichen Kugeln erreicht haben, als er um die Ecke sprengen
wollte. Aus dem Mittelgrunde kommt ein Trupp Franetireurs, von einem
Bauern geführt, die mit schenen, ängstlichen Blicken einen Bogen um den ge¬
fallenen Feind machen, als fürchteten sie, der schreckliche Ulan könnte noch
einmal ausstehn. Andere Trupps kommen aus den Seitenstraßen cmmarschirt
-- es handelt sich offenbar um eines jener verwegenen Reiterstückchen, die
unsere Ulanen so häufig ausgeführt, um einen Rekognoszirungsritt, der für
einen Nachzügler ein so tragisches Ende genommen. Jedenfalls ist die Helden¬
that, welche der französische Maler verewigt hat, keine sonderlich große.

Berne-Belleconr hat eine Szene aus einem Tirailleurgefecht bei Malmaison
(21. Oktober 1870), an dem sich eine Gesellschaft Pariser Maler betheiligte,
und den Tod des Unterlientenants Michel in Boulogne (Januar 1870),
Detaille die Beschwerden eines Rückzuges, deu Ueberfall eines Schlosses durch
Lllg.W6urL Ä xivä, den Ritt eines Parlamentärs, Neuville den Transport
französischer ^Gefangener und das Verhör einer aufgefangenen preußischen Or¬
donnanz geschildert. Allen diesen Bildern ist merkwürdigerweise, sofern sie
Gefechte zum Gegenstande haben, der eine Zug gemeinsam, daß sie von hinten
beobachtet siud. Es scheint demnach als hätten die französischen Maler bei
ihren Kriegsstndien gute Deckung gehabt.

Von den 51 Bildern, die auf dieser interessanten und lehrreichen Aus¬
stellung zu sehen waren, befanden sich 46 in Privatbesitz.

Meissonier, der Soldatenmaler xmr exesllsnos, der mit demselben Eifer
wie sein verstorbener Freund Thiers, aber mit geringerem Glück die napoleonische
Legende zu erhalten und zu verbreiten bestrebt ist, hat es bis jetzt verschmäht,


Wenn der Maler auch auf diesen? Bilde dem französischen Heroismus ein
Denkmal gesetzt hat, so hat er auf der anderen Seite den deutschen Siegern
nicht ihr heiß erkämpftes Recht verkümmert.

So ausgezeichnet die übrigen Bilder Neuville's, Detaille's und Berne-
Belleeour's sind, so halten sie doch nicht den Vergleich mit dein Meisterwerke
des erstgenannten aus. Interessant sind alle, aber auf keinem ist das deutsche
und das französische Element so gleichwerthig, mit demselben Respekt und dem¬
selben Fleiße behandelt, wie in der Episode aus dem furchtbaren Kampfe um
Le Bourget, der eine der glänzendsten Seiten der beiderseitigen Kriegsge¬
schichte bildet.

Ich habe noch von dem oben erwähnten Bilde Detaille's zu sprechen: Du
rk<zoniis.is8k>,liW betitelt, das, nicht zum mindesten um seiner glänzenden Mache
willen, fast ebenso populär geworden ist wie Neuville's „Letzte Cartouche".
Es stellt die Straße eines französischen Dorfes dar. Im Vordergrunde liegt
ein erschossener preußischer Ulan mit seinem Pferde in einer Blutlache, den
gerade die tödtlichen Kugeln erreicht haben, als er um die Ecke sprengen
wollte. Aus dem Mittelgrunde kommt ein Trupp Franetireurs, von einem
Bauern geführt, die mit schenen, ängstlichen Blicken einen Bogen um den ge¬
fallenen Feind machen, als fürchteten sie, der schreckliche Ulan könnte noch
einmal ausstehn. Andere Trupps kommen aus den Seitenstraßen cmmarschirt
— es handelt sich offenbar um eines jener verwegenen Reiterstückchen, die
unsere Ulanen so häufig ausgeführt, um einen Rekognoszirungsritt, der für
einen Nachzügler ein so tragisches Ende genommen. Jedenfalls ist die Helden¬
that, welche der französische Maler verewigt hat, keine sonderlich große.

Berne-Belleconr hat eine Szene aus einem Tirailleurgefecht bei Malmaison
(21. Oktober 1870), an dem sich eine Gesellschaft Pariser Maler betheiligte,
und den Tod des Unterlientenants Michel in Boulogne (Januar 1870),
Detaille die Beschwerden eines Rückzuges, deu Ueberfall eines Schlosses durch
Lllg.W6urL Ä xivä, den Ritt eines Parlamentärs, Neuville den Transport
französischer ^Gefangener und das Verhör einer aufgefangenen preußischen Or¬
donnanz geschildert. Allen diesen Bildern ist merkwürdigerweise, sofern sie
Gefechte zum Gegenstande haben, der eine Zug gemeinsam, daß sie von hinten
beobachtet siud. Es scheint demnach als hätten die französischen Maler bei
ihren Kriegsstndien gute Deckung gehabt.

Von den 51 Bildern, die auf dieser interessanten und lehrreichen Aus¬
stellung zu sehen waren, befanden sich 46 in Privatbesitz.

Meissonier, der Soldatenmaler xmr exesllsnos, der mit demselben Eifer
wie sein verstorbener Freund Thiers, aber mit geringerem Glück die napoleonische
Legende zu erhalten und zu verbreiten bestrebt ist, hat es bis jetzt verschmäht,


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[0206] Wenn der Maler auch auf diesen? Bilde dem französischen Heroismus ein Denkmal gesetzt hat, so hat er auf der anderen Seite den deutschen Siegern nicht ihr heiß erkämpftes Recht verkümmert. So ausgezeichnet die übrigen Bilder Neuville's, Detaille's und Berne- Belleeour's sind, so halten sie doch nicht den Vergleich mit dein Meisterwerke des erstgenannten aus. Interessant sind alle, aber auf keinem ist das deutsche und das französische Element so gleichwerthig, mit demselben Respekt und dem¬ selben Fleiße behandelt, wie in der Episode aus dem furchtbaren Kampfe um Le Bourget, der eine der glänzendsten Seiten der beiderseitigen Kriegsge¬ schichte bildet. Ich habe noch von dem oben erwähnten Bilde Detaille's zu sprechen: Du rk<zoniis.is8k>,liW betitelt, das, nicht zum mindesten um seiner glänzenden Mache willen, fast ebenso populär geworden ist wie Neuville's „Letzte Cartouche". Es stellt die Straße eines französischen Dorfes dar. Im Vordergrunde liegt ein erschossener preußischer Ulan mit seinem Pferde in einer Blutlache, den gerade die tödtlichen Kugeln erreicht haben, als er um die Ecke sprengen wollte. Aus dem Mittelgrunde kommt ein Trupp Franetireurs, von einem Bauern geführt, die mit schenen, ängstlichen Blicken einen Bogen um den ge¬ fallenen Feind machen, als fürchteten sie, der schreckliche Ulan könnte noch einmal ausstehn. Andere Trupps kommen aus den Seitenstraßen cmmarschirt — es handelt sich offenbar um eines jener verwegenen Reiterstückchen, die unsere Ulanen so häufig ausgeführt, um einen Rekognoszirungsritt, der für einen Nachzügler ein so tragisches Ende genommen. Jedenfalls ist die Helden¬ that, welche der französische Maler verewigt hat, keine sonderlich große. Berne-Belleconr hat eine Szene aus einem Tirailleurgefecht bei Malmaison (21. Oktober 1870), an dem sich eine Gesellschaft Pariser Maler betheiligte, und den Tod des Unterlientenants Michel in Boulogne (Januar 1870), Detaille die Beschwerden eines Rückzuges, deu Ueberfall eines Schlosses durch Lllg.W6urL Ä xivä, den Ritt eines Parlamentärs, Neuville den Transport französischer ^Gefangener und das Verhör einer aufgefangenen preußischen Or¬ donnanz geschildert. Allen diesen Bildern ist merkwürdigerweise, sofern sie Gefechte zum Gegenstande haben, der eine Zug gemeinsam, daß sie von hinten beobachtet siud. Es scheint demnach als hätten die französischen Maler bei ihren Kriegsstndien gute Deckung gehabt. Von den 51 Bildern, die auf dieser interessanten und lehrreichen Aus¬ stellung zu sehen waren, befanden sich 46 in Privatbesitz. Meissonier, der Soldatenmaler xmr exesllsnos, der mit demselben Eifer wie sein verstorbener Freund Thiers, aber mit geringerem Glück die napoleonische Legende zu erhalten und zu verbreiten bestrebt ist, hat es bis jetzt verschmäht,

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341827_157661/206>, abgerufen am 22.07.2024.