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Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, II. Semester. I. Band.

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umfassenden Separatausstelluug vereinigt hatten: de Neuville, Detaille, der be¬
reits genannte Berne-Bellecour, Dupray und Protais. Neuville der im Glänze
seines Kolorits, in der Vravonr und Verve seiner Schilderung manches mit
unserem trefflichen Bleibtreu gemein hat, und Berne-Belleeonr sind Schüler
Pieve's, während Detaille ein Schüler Meissvniers des "Großen" ist. Dupray
ist ein Maler, der uach starken Effekten strebt und in dieser Hinsicht an den
Düsseldorfer Kötitz erinnert, und Protais' elegische Art ist mit der eleganten,
bestechenden Manier des Grafen Harrach verwandt.

Protais ist der einzige, der bis auf die Schlachten des Kaiserreichs zu¬
rückgegriffen hat. Das eine seiner Bilder, ein Schauriges Stillleben, zeigt
einen todten französischen Kürassier auf einem der entsetzlichen Schlachtfelder
des Monats August, welchen die Nacht mit ihrem mitleidigen Schleier zudeckt.
Auf dem andern Bilde sieht man einen französischen Linienoffizier, der ans
einer Anhöhe vor Metz sitzt und seine kummervollen Blicke auf die Kathedrale
der Stadt wirft, welchem die untergehende Sonne mit ihren letzten Strahlen
vergoldet. Ohne jeden theatralischen oder pathetischen Zug übt dieses Bild
eine tief ergreifende Wirkung. Der Katalog erläuterte es nur durch das
lakonische Wort: Metz!

Den Mittelpunkt der ganzen Ausstellung bildete A. de Neuville's "Le
Bourget" (30. Oktober 1870). Der Alltor der "vornuM varwuLds" ist der
populärste Schlachtenmaler Frankreich's: er ist ein geistvoller Zeichner, ein ge¬
schickter Radirer, ein ausgezeichneter Kvlorist, der seine Popularität nicht bloß
durch die glückliche Wahl seiner Stoffe, sondern auch dnrch hervorragende
künstlerische Qualitäten begründet hat. Er hat die guorrv Z, outrÄilvö wie
kein zweiter verherrlicht, am ausführlichsten in einer Reihe von Illustrationen
zu einem Roman von Quatrelles oouxs as kühn", in welchem die Verthei¬
digung einer französischen Provinzialstadt mit großer Meisterschaft, wenn anch
mit stark chauvinistischen Strichen geschildert wird. Was der Romancier nach
dieser Richtung hin verschuldet, hat der Zeichner wieder gut gemacht. Der
legendarische Schrecken, den unsere Ulanen vor sich her verbreitet haben, ist
außer von Detaille, auf den wir noch zurückkommen werden, wenn auch vou
letzterem gegen seinen Willen, von Niemandem so eindringlich dargestellt worden
wie von Neuville. Auf einem der Blätter, welche zur Illustration des Qna-
trelles'schen Romans gehören, sieht man ein preußisches Ulcmenpiket wie die
Windsbraut durch die Stadt sausen. Man hat das Gefühl, als hätte der
Künstler selber einmal unter dem faszinirenden Eindruck gestanden, den das rapide
Erscheinen und Verschwinden der preußische,! Eclaireurs aller Orten in Frank¬
reich hervorgerufen. Ich vermag unter den deutschen Illustrationen, die den
Heldenthaten unserer Krieger gewidmet sind, keine zu nennen, die an Verve


umfassenden Separatausstelluug vereinigt hatten: de Neuville, Detaille, der be¬
reits genannte Berne-Bellecour, Dupray und Protais. Neuville der im Glänze
seines Kolorits, in der Vravonr und Verve seiner Schilderung manches mit
unserem trefflichen Bleibtreu gemein hat, und Berne-Belleeonr sind Schüler
Pieve's, während Detaille ein Schüler Meissvniers des „Großen" ist. Dupray
ist ein Maler, der uach starken Effekten strebt und in dieser Hinsicht an den
Düsseldorfer Kötitz erinnert, und Protais' elegische Art ist mit der eleganten,
bestechenden Manier des Grafen Harrach verwandt.

Protais ist der einzige, der bis auf die Schlachten des Kaiserreichs zu¬
rückgegriffen hat. Das eine seiner Bilder, ein Schauriges Stillleben, zeigt
einen todten französischen Kürassier auf einem der entsetzlichen Schlachtfelder
des Monats August, welchen die Nacht mit ihrem mitleidigen Schleier zudeckt.
Auf dem andern Bilde sieht man einen französischen Linienoffizier, der ans
einer Anhöhe vor Metz sitzt und seine kummervollen Blicke auf die Kathedrale
der Stadt wirft, welchem die untergehende Sonne mit ihren letzten Strahlen
vergoldet. Ohne jeden theatralischen oder pathetischen Zug übt dieses Bild
eine tief ergreifende Wirkung. Der Katalog erläuterte es nur durch das
lakonische Wort: Metz!

Den Mittelpunkt der ganzen Ausstellung bildete A. de Neuville's „Le
Bourget" (30. Oktober 1870). Der Alltor der „vornuM varwuLds" ist der
populärste Schlachtenmaler Frankreich's: er ist ein geistvoller Zeichner, ein ge¬
schickter Radirer, ein ausgezeichneter Kvlorist, der seine Popularität nicht bloß
durch die glückliche Wahl seiner Stoffe, sondern auch dnrch hervorragende
künstlerische Qualitäten begründet hat. Er hat die guorrv Z, outrÄilvö wie
kein zweiter verherrlicht, am ausführlichsten in einer Reihe von Illustrationen
zu einem Roman von Quatrelles oouxs as kühn", in welchem die Verthei¬
digung einer französischen Provinzialstadt mit großer Meisterschaft, wenn anch
mit stark chauvinistischen Strichen geschildert wird. Was der Romancier nach
dieser Richtung hin verschuldet, hat der Zeichner wieder gut gemacht. Der
legendarische Schrecken, den unsere Ulanen vor sich her verbreitet haben, ist
außer von Detaille, auf den wir noch zurückkommen werden, wenn auch vou
letzterem gegen seinen Willen, von Niemandem so eindringlich dargestellt worden
wie von Neuville. Auf einem der Blätter, welche zur Illustration des Qna-
trelles'schen Romans gehören, sieht man ein preußisches Ulcmenpiket wie die
Windsbraut durch die Stadt sausen. Man hat das Gefühl, als hätte der
Künstler selber einmal unter dem faszinirenden Eindruck gestanden, den das rapide
Erscheinen und Verschwinden der preußische,! Eclaireurs aller Orten in Frank¬
reich hervorgerufen. Ich vermag unter den deutschen Illustrationen, die den
Heldenthaten unserer Krieger gewidmet sind, keine zu nennen, die an Verve


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[0204] umfassenden Separatausstelluug vereinigt hatten: de Neuville, Detaille, der be¬ reits genannte Berne-Bellecour, Dupray und Protais. Neuville der im Glänze seines Kolorits, in der Vravonr und Verve seiner Schilderung manches mit unserem trefflichen Bleibtreu gemein hat, und Berne-Belleeonr sind Schüler Pieve's, während Detaille ein Schüler Meissvniers des „Großen" ist. Dupray ist ein Maler, der uach starken Effekten strebt und in dieser Hinsicht an den Düsseldorfer Kötitz erinnert, und Protais' elegische Art ist mit der eleganten, bestechenden Manier des Grafen Harrach verwandt. Protais ist der einzige, der bis auf die Schlachten des Kaiserreichs zu¬ rückgegriffen hat. Das eine seiner Bilder, ein Schauriges Stillleben, zeigt einen todten französischen Kürassier auf einem der entsetzlichen Schlachtfelder des Monats August, welchen die Nacht mit ihrem mitleidigen Schleier zudeckt. Auf dem andern Bilde sieht man einen französischen Linienoffizier, der ans einer Anhöhe vor Metz sitzt und seine kummervollen Blicke auf die Kathedrale der Stadt wirft, welchem die untergehende Sonne mit ihren letzten Strahlen vergoldet. Ohne jeden theatralischen oder pathetischen Zug übt dieses Bild eine tief ergreifende Wirkung. Der Katalog erläuterte es nur durch das lakonische Wort: Metz! Den Mittelpunkt der ganzen Ausstellung bildete A. de Neuville's „Le Bourget" (30. Oktober 1870). Der Alltor der „vornuM varwuLds" ist der populärste Schlachtenmaler Frankreich's: er ist ein geistvoller Zeichner, ein ge¬ schickter Radirer, ein ausgezeichneter Kvlorist, der seine Popularität nicht bloß durch die glückliche Wahl seiner Stoffe, sondern auch dnrch hervorragende künstlerische Qualitäten begründet hat. Er hat die guorrv Z, outrÄilvö wie kein zweiter verherrlicht, am ausführlichsten in einer Reihe von Illustrationen zu einem Roman von Quatrelles oouxs as kühn", in welchem die Verthei¬ digung einer französischen Provinzialstadt mit großer Meisterschaft, wenn anch mit stark chauvinistischen Strichen geschildert wird. Was der Romancier nach dieser Richtung hin verschuldet, hat der Zeichner wieder gut gemacht. Der legendarische Schrecken, den unsere Ulanen vor sich her verbreitet haben, ist außer von Detaille, auf den wir noch zurückkommen werden, wenn auch vou letzterem gegen seinen Willen, von Niemandem so eindringlich dargestellt worden wie von Neuville. Auf einem der Blätter, welche zur Illustration des Qna- trelles'schen Romans gehören, sieht man ein preußisches Ulcmenpiket wie die Windsbraut durch die Stadt sausen. Man hat das Gefühl, als hätte der Künstler selber einmal unter dem faszinirenden Eindruck gestanden, den das rapide Erscheinen und Verschwinden der preußische,! Eclaireurs aller Orten in Frank¬ reich hervorgerufen. Ich vermag unter den deutschen Illustrationen, die den Heldenthaten unserer Krieger gewidmet sind, keine zu nennen, die an Verve

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341827_157661/204>, abgerufen am 22.07.2024.