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Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, II. Semester. I. Band.

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bis 30 Schritt vor ihrer Front ein Hinderniß hatte, das der Gegner dann im
Wurfe der leichten Pita zu überschreiten hatte. Für den Angriff dagegen be¬
dienten sich die Römer damals wahrscheinlich noch des schweren Plinins."')

Hatte die mörderische Wirkung dieser wuchtigen Waffe, welche in der Nähe
von 12 bis 10 Schritt geschleudert ward, Lücken und Verwirrung in den
feindlichen Reihen erzeugt, so vollendete der fast in demselben Augenblicke er¬
folgende Schwertangriff den Erfolg, noch bevor der Feind Zeit gehabt, seine
Lücken zu schließen und sich von der Bestürzung zu erholen. Pilenwurf und
Schwertstoß folgten einander wie Blitz und Schlag.

Die Entfernung von 10 Schritten vom Feinde ist größer als diejenige,
auf welche der griechische Phalangit Herangehen mußte, um mit seinem Hand¬
spieße zustoßen zu können; aber sie ist zugleich gering genug, um der Vor¬
bereitung durch den Wurf den Einbruch unmittelbar auf dem Fuße folgen zu
lassen, nett hierin liegt das Geheimniß des Erfolges.

Für die Gliederung der Legion waren Alter und Diensterfahrung
maßgebend; und auf diesen Grundlagen theilte sich das Fußvolk, unabhängig
von den Censusklasseu, denen es entnommen war, in 4 Klassen. 600
Mann, die ältesten, diensterfahrensten Leute vom 40. bis zum 45. Lebensjahre,
bildeten die Klasse der triMii; aus den beiden mittleren Altersklassen erscheinen
die Mannschaften, welche die meisten Feldzüge mitgemacht hatten, also im All-
gemeinen diejenigen vom 32. bis zum 40. Jahre, in Stärke von 1200 Köpfen
als xrineixss, 1200 andere vom 25. bis zum 32. Jahre als KastM. Die
jüngsten und gewandtesten Leute aber bildeten, ebenfalls in Stärke von 1200
Köpfen, eine leichte Truppe unter dem neuen Namen vslirss.

Jede der erstgedachten drei Klassen wurde in 10 Manipel gegliedert.
Der Manipel der Hastaten und Principes war demnach 120 Mann, d. h.
doppelt so stark als in der früheren Mcmipularlegion. Der Manipel der
Triarier behielt dagegen seine alte Stärke von 60 Mann, weil die Zahl dieser
bejahrten Mannschaften selbstverständlich geringer war, als die der anderen
Klassen. Jeder Manipel zerfiel in zwei Centurien (Züge), die also keine
Hundertschaften mehr waren, sondern bei den Hastaten und Principes 60, bei



*) Nach Polybivs hatte der Schaft des schweren Plinins einen Durchmesser von einer
n^"-o^, d. h. von 3 Zollen; das Plinn war also eine überaus schwere Wurfwaffe, deren
Gebrauch im Felde daher auch von vielen Archäologen in Frage gestellt wird. Oberst
Rüstom tritt jedoch in dem oben erläuterten Sinne für die pobybianische Angabe ein.
Seine Rekonstruktion des schweren Plinins läßt dasselbe allerdings balkcnartig erscheinen
und weicht von den gefundenen und abgebildeten Pilcnformen bedeutend ab. Indeß ge¬
hören alle diese Funde und Darstellungen einer weit späteren Zeit an; für die Periode des
ersten punischen Krieges hat die Rüstow'sche Form die größte Wahrscheinlichkeit. Mheres
über die Bewaffnung bringt der folgende Artikel).

bis 30 Schritt vor ihrer Front ein Hinderniß hatte, das der Gegner dann im
Wurfe der leichten Pita zu überschreiten hatte. Für den Angriff dagegen be¬
dienten sich die Römer damals wahrscheinlich noch des schweren Plinins."')

Hatte die mörderische Wirkung dieser wuchtigen Waffe, welche in der Nähe
von 12 bis 10 Schritt geschleudert ward, Lücken und Verwirrung in den
feindlichen Reihen erzeugt, so vollendete der fast in demselben Augenblicke er¬
folgende Schwertangriff den Erfolg, noch bevor der Feind Zeit gehabt, seine
Lücken zu schließen und sich von der Bestürzung zu erholen. Pilenwurf und
Schwertstoß folgten einander wie Blitz und Schlag.

Die Entfernung von 10 Schritten vom Feinde ist größer als diejenige,
auf welche der griechische Phalangit Herangehen mußte, um mit seinem Hand¬
spieße zustoßen zu können; aber sie ist zugleich gering genug, um der Vor¬
bereitung durch den Wurf den Einbruch unmittelbar auf dem Fuße folgen zu
lassen, nett hierin liegt das Geheimniß des Erfolges.

Für die Gliederung der Legion waren Alter und Diensterfahrung
maßgebend; und auf diesen Grundlagen theilte sich das Fußvolk, unabhängig
von den Censusklasseu, denen es entnommen war, in 4 Klassen. 600
Mann, die ältesten, diensterfahrensten Leute vom 40. bis zum 45. Lebensjahre,
bildeten die Klasse der triMii; aus den beiden mittleren Altersklassen erscheinen
die Mannschaften, welche die meisten Feldzüge mitgemacht hatten, also im All-
gemeinen diejenigen vom 32. bis zum 40. Jahre, in Stärke von 1200 Köpfen
als xrineixss, 1200 andere vom 25. bis zum 32. Jahre als KastM. Die
jüngsten und gewandtesten Leute aber bildeten, ebenfalls in Stärke von 1200
Köpfen, eine leichte Truppe unter dem neuen Namen vslirss.

Jede der erstgedachten drei Klassen wurde in 10 Manipel gegliedert.
Der Manipel der Hastaten und Principes war demnach 120 Mann, d. h.
doppelt so stark als in der früheren Mcmipularlegion. Der Manipel der
Triarier behielt dagegen seine alte Stärke von 60 Mann, weil die Zahl dieser
bejahrten Mannschaften selbstverständlich geringer war, als die der anderen
Klassen. Jeder Manipel zerfiel in zwei Centurien (Züge), die also keine
Hundertschaften mehr waren, sondern bei den Hastaten und Principes 60, bei



*) Nach Polybivs hatte der Schaft des schweren Plinins einen Durchmesser von einer
n^«-o^, d. h. von 3 Zollen; das Plinn war also eine überaus schwere Wurfwaffe, deren
Gebrauch im Felde daher auch von vielen Archäologen in Frage gestellt wird. Oberst
Rüstom tritt jedoch in dem oben erläuterten Sinne für die pobybianische Angabe ein.
Seine Rekonstruktion des schweren Plinins läßt dasselbe allerdings balkcnartig erscheinen
und weicht von den gefundenen und abgebildeten Pilcnformen bedeutend ab. Indeß ge¬
hören alle diese Funde und Darstellungen einer weit späteren Zeit an; für die Periode des
ersten punischen Krieges hat die Rüstow'sche Form die größte Wahrscheinlichkeit. Mheres
über die Bewaffnung bringt der folgende Artikel).
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341827_157661/170>, abgerufen am 22.07.2024.