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Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, I. Semester. II. Band.

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34,000 Seelen gehabt.*) Gegen Ende September 1634 nun wurde eine Zählung
der gesammten Einwohnerschaft vorgenommen; die erste, deren Resultat uns
überliefert ist; diese ergab eine Seelenzahl von in runder Summe 17,500.^)
Wenn also die obige Schätzung der Einwohnerzahl von 1632 richtig war, nud
ein großer Fehler ist kaum anzunehmen, verlor die Stadt nachdem sie schon
in den vorhergehenden Jahren eine so hohe Einbuße von Menschen erlitten,
in deu drei Schwedenjahren und den darauf folgenden 6 Monaten zusammen
durch Tod und Auswanderung noch einmal nahezu die Hälfte ihrer Bevölkerung
d. h. etwa 16-17,000 Seelen. ^)

Der Verlust ist zwar nicht so enorm, wie gewöhnlich geglaubt wird, aber
doch immerhin fürchterlich. Eine Menge Häuser, ja ganze Straßen waren
ausgestorben und verlassen; wohin man blickte, Ruin und Verfall. Ein an¬
schauliches Bild von der trostlosen Verödung der Stadt bieten die oben
erwähnten Steuerregister aus jenen Jahren. Wir sehen da sast auf jeder
Seite, wo früher Wohnungen mit zahlreichen steuerpflichtigen Insassen verzeichnet
standen, nur noch Reihen von dicken Punkten mit unbeschriebenen Raum
dahinter; auf mancher Seite findet sich kein einziger Name, dann wieder
stoßen wir eine ganze Spalte lang ans fast nichts als Wittwen und nicht
selten sogar treffen wir auf ganze Häuser, bei denen der Steuerschreiber nicht
nur keine Bewohner hinzu zusetzen hatte, sondern auch nicht mehr wußte, wen
er als Besitzer nennen sollte.

Wir sind am Schlüsse. Durch den am 13. März 1635 zu Leonberg
unterzeichneten Vertrag gelangte, wie schon gesagt, die Stadt wieder unter die
Botmäßigkeit des Kaisers. Die Schweden zogen an: 28. März ab, die Kaiser¬
lichen gleich darauf ein, und damit war die Schwedenzeit für Augsburg
vorüber. Schweden und Franzosen kamen zwar noch mehrmals im Laufe des
Krieges in die Nähe, im Herbste 1646 beschossen sie sogar die Stadt ein paar





Weder diese noch die vorhergehende Bevölkerungsziffer macht Anspruch nuf absolute
Genauigkeit; uns ein paar Tausend mehr oder weniger koimnt es jedoch anch für unsern
Zweck nicht an. Die Geistlichkeit, immerhin 600--1000 Personen, ist beide Male, sowie
anch bei der nächsten Angabe nicht eingerechnet.
**) Gezählt wurden eigentlich nnr 16,422, doch sind dabei die Stadtgardisten mit ihren
Familien, nach einer Zählung von 1646 1053 Seelen nicht eingeschlossen.
Es starben 1632 ^ 3486
1633 -- 3364
1634 -- 4664
1635 ^ 6243
zusammen 17,756
Geborne in den 4 Jahren 3,027
Mehr der Gestorbenen 13,829

34,000 Seelen gehabt.*) Gegen Ende September 1634 nun wurde eine Zählung
der gesammten Einwohnerschaft vorgenommen; die erste, deren Resultat uns
überliefert ist; diese ergab eine Seelenzahl von in runder Summe 17,500.^)
Wenn also die obige Schätzung der Einwohnerzahl von 1632 richtig war, nud
ein großer Fehler ist kaum anzunehmen, verlor die Stadt nachdem sie schon
in den vorhergehenden Jahren eine so hohe Einbuße von Menschen erlitten,
in deu drei Schwedenjahren und den darauf folgenden 6 Monaten zusammen
durch Tod und Auswanderung noch einmal nahezu die Hälfte ihrer Bevölkerung
d. h. etwa 16-17,000 Seelen. ^)

Der Verlust ist zwar nicht so enorm, wie gewöhnlich geglaubt wird, aber
doch immerhin fürchterlich. Eine Menge Häuser, ja ganze Straßen waren
ausgestorben und verlassen; wohin man blickte, Ruin und Verfall. Ein an¬
schauliches Bild von der trostlosen Verödung der Stadt bieten die oben
erwähnten Steuerregister aus jenen Jahren. Wir sehen da sast auf jeder
Seite, wo früher Wohnungen mit zahlreichen steuerpflichtigen Insassen verzeichnet
standen, nur noch Reihen von dicken Punkten mit unbeschriebenen Raum
dahinter; auf mancher Seite findet sich kein einziger Name, dann wieder
stoßen wir eine ganze Spalte lang ans fast nichts als Wittwen und nicht
selten sogar treffen wir auf ganze Häuser, bei denen der Steuerschreiber nicht
nur keine Bewohner hinzu zusetzen hatte, sondern auch nicht mehr wußte, wen
er als Besitzer nennen sollte.

Wir sind am Schlüsse. Durch den am 13. März 1635 zu Leonberg
unterzeichneten Vertrag gelangte, wie schon gesagt, die Stadt wieder unter die
Botmäßigkeit des Kaisers. Die Schweden zogen an: 28. März ab, die Kaiser¬
lichen gleich darauf ein, und damit war die Schwedenzeit für Augsburg
vorüber. Schweden und Franzosen kamen zwar noch mehrmals im Laufe des
Krieges in die Nähe, im Herbste 1646 beschossen sie sogar die Stadt ein paar





Weder diese noch die vorhergehende Bevölkerungsziffer macht Anspruch nuf absolute
Genauigkeit; uns ein paar Tausend mehr oder weniger koimnt es jedoch anch für unsern
Zweck nicht an. Die Geistlichkeit, immerhin 600—1000 Personen, ist beide Male, sowie
anch bei der nächsten Angabe nicht eingerechnet.
**) Gezählt wurden eigentlich nnr 16,422, doch sind dabei die Stadtgardisten mit ihren
Familien, nach einer Zählung von 1646 1053 Seelen nicht eingeschlossen.
Es starben 1632 ^ 3486
1633 — 3364
1634 — 4664
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[0467] 34,000 Seelen gehabt.*) Gegen Ende September 1634 nun wurde eine Zählung der gesammten Einwohnerschaft vorgenommen; die erste, deren Resultat uns überliefert ist; diese ergab eine Seelenzahl von in runder Summe 17,500.^) Wenn also die obige Schätzung der Einwohnerzahl von 1632 richtig war, nud ein großer Fehler ist kaum anzunehmen, verlor die Stadt nachdem sie schon in den vorhergehenden Jahren eine so hohe Einbuße von Menschen erlitten, in deu drei Schwedenjahren und den darauf folgenden 6 Monaten zusammen durch Tod und Auswanderung noch einmal nahezu die Hälfte ihrer Bevölkerung d. h. etwa 16-17,000 Seelen. ^) Der Verlust ist zwar nicht so enorm, wie gewöhnlich geglaubt wird, aber doch immerhin fürchterlich. Eine Menge Häuser, ja ganze Straßen waren ausgestorben und verlassen; wohin man blickte, Ruin und Verfall. Ein an¬ schauliches Bild von der trostlosen Verödung der Stadt bieten die oben erwähnten Steuerregister aus jenen Jahren. Wir sehen da sast auf jeder Seite, wo früher Wohnungen mit zahlreichen steuerpflichtigen Insassen verzeichnet standen, nur noch Reihen von dicken Punkten mit unbeschriebenen Raum dahinter; auf mancher Seite findet sich kein einziger Name, dann wieder stoßen wir eine ganze Spalte lang ans fast nichts als Wittwen und nicht selten sogar treffen wir auf ganze Häuser, bei denen der Steuerschreiber nicht nur keine Bewohner hinzu zusetzen hatte, sondern auch nicht mehr wußte, wen er als Besitzer nennen sollte. Wir sind am Schlüsse. Durch den am 13. März 1635 zu Leonberg unterzeichneten Vertrag gelangte, wie schon gesagt, die Stadt wieder unter die Botmäßigkeit des Kaisers. Die Schweden zogen an: 28. März ab, die Kaiser¬ lichen gleich darauf ein, und damit war die Schwedenzeit für Augsburg vorüber. Schweden und Franzosen kamen zwar noch mehrmals im Laufe des Krieges in die Nähe, im Herbste 1646 beschossen sie sogar die Stadt ein paar Weder diese noch die vorhergehende Bevölkerungsziffer macht Anspruch nuf absolute Genauigkeit; uns ein paar Tausend mehr oder weniger koimnt es jedoch anch für unsern Zweck nicht an. Die Geistlichkeit, immerhin 600—1000 Personen, ist beide Male, sowie anch bei der nächsten Angabe nicht eingerechnet. **) Gezählt wurden eigentlich nnr 16,422, doch sind dabei die Stadtgardisten mit ihren Familien, nach einer Zählung von 1646 1053 Seelen nicht eingeschlossen. Es starben 1632 ^ 3486 1633 — 3364 1634 — 4664 1635 ^ 6243 zusammen 17,756 Geborne in den 4 Jahren 3,027 Mehr der Gestorbenen 13,829

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341827_157653/467>, abgerufen am 28.12.2024.