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Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, I. Semester. II. Band.

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Das reformirte Gymnasium als die einheitliche höhere
Schule der Zukunft.

Die vielverhandelte Frage über die Umgestaltung unserer höheren Schulen,
die angesichts des bevorstehenden Erlasses eines Unterrichtsgesetzes in Preußen
zu einer geradezu brennenden wird, hat durch den scharf einschneidenden Aus¬
satz Du Bois-Reymond's: Culturgeschichte und Naturwissenschaft (Deutsche
Rundschau vom November 1877, jetzt auch separat erschienen, Leipzig, Veit
und Co., 1878) einen um so lebhafteren Anstoß erhalten, als schon der Name
des berühmten Verfassers dazu auffordert, die Grundgedanken seiner Aufstellung
zu prüfen. Indem er die Gefahr, welche unsere ganze Bildung durch das
von der Doppelheit unserer höheren Schulen begünstigte drohende Anschwellen
der auf das rein Nützliche gerichteten Bestrebungen läuft, scharf hervorhebt,
fordert er für die Zukunft die Einheit des höheren Unterrichts, mit andern
Worten die Verschmelzung des Gymnasiums und der Realschule I. Ordnung
zu einer Anstalt, die er natürlich durch gegenseitige Konzessionen sich ange¬
bahnt denkt.

Wir stimmen ihm zunächst in diesem Grundgedanken vollständig bei. Die
natürliche Neigung des Einzelnen in unserer vielfordernden Zeit, sich möglichst
zu spezialisiren, sich immer mehr auf ein bestimmtes, beschränktes Gebiet des
Wissens und Könnens zu konzentriren, ist sicher tief begründet da, wo es sich
um selbständiges Forschen oder um den höchstmöglichen Grad des Könnens
handelt. Anders dann, wenn jene Neigung dazu drängt, von vornherein die
ganze Ausbildung zuzuschneiden auf das künftige "Fach", den künftigen Beruf
des Auszubildenden. Sie hat aber wirklich bereits zu einer Spaltung des.
Bildungsweges, zur Entwicklung der Realschule I. Ordnung neben dem Gym¬
nasium geführt, die in den neueren Sprachen, in Mathematik und Naturwissen¬
schaften ihren Schwerpunkt findet, und ihre Vertreter drängen, was ihnen von


Grenzboten 17. 1878. 61
Das reformirte Gymnasium als die einheitliche höhere
Schule der Zukunft.

Die vielverhandelte Frage über die Umgestaltung unserer höheren Schulen,
die angesichts des bevorstehenden Erlasses eines Unterrichtsgesetzes in Preußen
zu einer geradezu brennenden wird, hat durch den scharf einschneidenden Aus¬
satz Du Bois-Reymond's: Culturgeschichte und Naturwissenschaft (Deutsche
Rundschau vom November 1877, jetzt auch separat erschienen, Leipzig, Veit
und Co., 1878) einen um so lebhafteren Anstoß erhalten, als schon der Name
des berühmten Verfassers dazu auffordert, die Grundgedanken seiner Aufstellung
zu prüfen. Indem er die Gefahr, welche unsere ganze Bildung durch das
von der Doppelheit unserer höheren Schulen begünstigte drohende Anschwellen
der auf das rein Nützliche gerichteten Bestrebungen läuft, scharf hervorhebt,
fordert er für die Zukunft die Einheit des höheren Unterrichts, mit andern
Worten die Verschmelzung des Gymnasiums und der Realschule I. Ordnung
zu einer Anstalt, die er natürlich durch gegenseitige Konzessionen sich ange¬
bahnt denkt.

Wir stimmen ihm zunächst in diesem Grundgedanken vollständig bei. Die
natürliche Neigung des Einzelnen in unserer vielfordernden Zeit, sich möglichst
zu spezialisiren, sich immer mehr auf ein bestimmtes, beschränktes Gebiet des
Wissens und Könnens zu konzentriren, ist sicher tief begründet da, wo es sich
um selbständiges Forschen oder um den höchstmöglichen Grad des Könnens
handelt. Anders dann, wenn jene Neigung dazu drängt, von vornherein die
ganze Ausbildung zuzuschneiden auf das künftige „Fach", den künftigen Beruf
des Auszubildenden. Sie hat aber wirklich bereits zu einer Spaltung des.
Bildungsweges, zur Entwicklung der Realschule I. Ordnung neben dem Gym¬
nasium geführt, die in den neueren Sprachen, in Mathematik und Naturwissen¬
schaften ihren Schwerpunkt findet, und ihre Vertreter drängen, was ihnen von


Grenzboten 17. 1878. 61
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[0405] Das reformirte Gymnasium als die einheitliche höhere Schule der Zukunft. Die vielverhandelte Frage über die Umgestaltung unserer höheren Schulen, die angesichts des bevorstehenden Erlasses eines Unterrichtsgesetzes in Preußen zu einer geradezu brennenden wird, hat durch den scharf einschneidenden Aus¬ satz Du Bois-Reymond's: Culturgeschichte und Naturwissenschaft (Deutsche Rundschau vom November 1877, jetzt auch separat erschienen, Leipzig, Veit und Co., 1878) einen um so lebhafteren Anstoß erhalten, als schon der Name des berühmten Verfassers dazu auffordert, die Grundgedanken seiner Aufstellung zu prüfen. Indem er die Gefahr, welche unsere ganze Bildung durch das von der Doppelheit unserer höheren Schulen begünstigte drohende Anschwellen der auf das rein Nützliche gerichteten Bestrebungen läuft, scharf hervorhebt, fordert er für die Zukunft die Einheit des höheren Unterrichts, mit andern Worten die Verschmelzung des Gymnasiums und der Realschule I. Ordnung zu einer Anstalt, die er natürlich durch gegenseitige Konzessionen sich ange¬ bahnt denkt. Wir stimmen ihm zunächst in diesem Grundgedanken vollständig bei. Die natürliche Neigung des Einzelnen in unserer vielfordernden Zeit, sich möglichst zu spezialisiren, sich immer mehr auf ein bestimmtes, beschränktes Gebiet des Wissens und Könnens zu konzentriren, ist sicher tief begründet da, wo es sich um selbständiges Forschen oder um den höchstmöglichen Grad des Könnens handelt. Anders dann, wenn jene Neigung dazu drängt, von vornherein die ganze Ausbildung zuzuschneiden auf das künftige „Fach", den künftigen Beruf des Auszubildenden. Sie hat aber wirklich bereits zu einer Spaltung des. Bildungsweges, zur Entwicklung der Realschule I. Ordnung neben dem Gym¬ nasium geführt, die in den neueren Sprachen, in Mathematik und Naturwissen¬ schaften ihren Schwerpunkt findet, und ihre Vertreter drängen, was ihnen von Grenzboten 17. 1878. 61

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341827_157653/405>, abgerufen am 09.11.2024.