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Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, I. Semester. II. Band.

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Grund der anzustellenden Ermittelungen dem Reichstage womöglich schon in
seiner nächsten Session eine Gesetzesvorlage gemacht werden solle, durch welche
entweder das Tabaksmonopol oder eine andere annährend den gleichen Erfolg
wie das Monopol versprechende Besteuerung des Tabaks beantragt würde.
Es kann nicht Wunder nehmen, daß man, nachdem Fürst Bismark am 22.
Februar seine Vorliebe sür das Monopol so rückhaltlos kundgegeben und oben¬
drein noch seine Ansicht von der Unmöglichkeit, ans einem andern Wege ein
annähernd gleich günstiges finanzielles Ergebniß zu erzielen, ausführlich dar¬
gelegt hatte, von vornherein vermuthete, daß die "andern annähernd den gleichen
Ertrag versprechende Besteuerungsart" in die Motive nur rein äußerlich ein¬
gefügt, die von der Regierung intendirten Vorarbeiten in Wirklichkeit aber nur
auf die Einführung des Monopols angelegt seien. In dieser Vermuthung
konnte eine aufmerksame Prüfung des Inhalts der Vorlage uur bestärken. Der
Finanzminister Camphausen hatte in der Sitzung des Reichstags vom 22. Febr.
ausdrücklich erklärt, wenn man zur Einführung der Tabaksregie entschlossen
sei, so würde seines Trachtens das Erste sein müssen: der Erlaß eines Gesetzes,
das die Regierungen berechtigte, eine statistische Aufnahme der vorhandenen
Fabrikationsanstalten vorzunehmen, und an diese Aufnahme würde sich sofort
die Frage nach der Höhe der den Privaten zu gewährenden Entschädigung
anschließen müssen. Dabei sagte er wörtlich: "Wenn vorhin so mit einem ge¬
wissen Spotte angeführt wurde, es sieht mir so aus, sagte der betreffende Redner,
als wenn noch gar keine Vorbereitungen getroffen wären, -- ja, meine Herren,
dies hat bis zu einem gewissen Grade einen außerordentlich guten Grund; zur
Beantwortung dieser strenger Fragen, die wir aufwerfen müssen, und auf bereu
exakte Behandlung wir halten müssen, können wir das Publikum nicht nöthigen,
wenn wir nicht kraft eines Gesetzes berechtigt werden, in diese Verhältnisse
einzudringen." Nun, ein Blick auf die Enquetevvrlage genügt, um die Ueber¬
zeugung hervorzurufen, daß man es hier mit jener "statistischen Aufnahme",
mit jenen "strengen Fragen" zu thun hat, zu welchen das Publikum unter An¬
drohung schwerer Strafen gezwungen werden soll, nachdem man sich im
Prinzip für die Einführung des Monopols entschieden hat. Kurz, der Gesetz¬
entwurf, wie er liegt, ist nur verstündlich, wenn man ihm die Absicht unterlegt
Zu erfahren, wie die Einrichtung des Monopols am zweckmäßigsten zu bewerk¬
stelligen sei und welche Kosten sie verursachen würde.

Angesichts der Camphausen'schen Andeutungen wird man kaum fehlgehen
mit der Annahme, daß der Entwurf zur Zeit der Steuerdebatte des Februar
im Preußischen Finanzministerium bereits kouzipirt war. Seitdem hat der Wechsel
w der Leitung dieses Ministeriums stattgefunden, und es ist schon denkbar,
daß Herr Hobrecht die Verpflichtungen seines Vorgängers betreffs Einführung


Grund der anzustellenden Ermittelungen dem Reichstage womöglich schon in
seiner nächsten Session eine Gesetzesvorlage gemacht werden solle, durch welche
entweder das Tabaksmonopol oder eine andere annährend den gleichen Erfolg
wie das Monopol versprechende Besteuerung des Tabaks beantragt würde.
Es kann nicht Wunder nehmen, daß man, nachdem Fürst Bismark am 22.
Februar seine Vorliebe sür das Monopol so rückhaltlos kundgegeben und oben¬
drein noch seine Ansicht von der Unmöglichkeit, ans einem andern Wege ein
annähernd gleich günstiges finanzielles Ergebniß zu erzielen, ausführlich dar¬
gelegt hatte, von vornherein vermuthete, daß die „andern annähernd den gleichen
Ertrag versprechende Besteuerungsart" in die Motive nur rein äußerlich ein¬
gefügt, die von der Regierung intendirten Vorarbeiten in Wirklichkeit aber nur
auf die Einführung des Monopols angelegt seien. In dieser Vermuthung
konnte eine aufmerksame Prüfung des Inhalts der Vorlage uur bestärken. Der
Finanzminister Camphausen hatte in der Sitzung des Reichstags vom 22. Febr.
ausdrücklich erklärt, wenn man zur Einführung der Tabaksregie entschlossen
sei, so würde seines Trachtens das Erste sein müssen: der Erlaß eines Gesetzes,
das die Regierungen berechtigte, eine statistische Aufnahme der vorhandenen
Fabrikationsanstalten vorzunehmen, und an diese Aufnahme würde sich sofort
die Frage nach der Höhe der den Privaten zu gewährenden Entschädigung
anschließen müssen. Dabei sagte er wörtlich: „Wenn vorhin so mit einem ge¬
wissen Spotte angeführt wurde, es sieht mir so aus, sagte der betreffende Redner,
als wenn noch gar keine Vorbereitungen getroffen wären, — ja, meine Herren,
dies hat bis zu einem gewissen Grade einen außerordentlich guten Grund; zur
Beantwortung dieser strenger Fragen, die wir aufwerfen müssen, und auf bereu
exakte Behandlung wir halten müssen, können wir das Publikum nicht nöthigen,
wenn wir nicht kraft eines Gesetzes berechtigt werden, in diese Verhältnisse
einzudringen." Nun, ein Blick auf die Enquetevvrlage genügt, um die Ueber¬
zeugung hervorzurufen, daß man es hier mit jener „statistischen Aufnahme",
mit jenen „strengen Fragen" zu thun hat, zu welchen das Publikum unter An¬
drohung schwerer Strafen gezwungen werden soll, nachdem man sich im
Prinzip für die Einführung des Monopols entschieden hat. Kurz, der Gesetz¬
entwurf, wie er liegt, ist nur verstündlich, wenn man ihm die Absicht unterlegt
Zu erfahren, wie die Einrichtung des Monopols am zweckmäßigsten zu bewerk¬
stelligen sei und welche Kosten sie verursachen würde.

Angesichts der Camphausen'schen Andeutungen wird man kaum fehlgehen
mit der Annahme, daß der Entwurf zur Zeit der Steuerdebatte des Februar
im Preußischen Finanzministerium bereits kouzipirt war. Seitdem hat der Wechsel
w der Leitung dieses Ministeriums stattgefunden, und es ist schon denkbar,
daß Herr Hobrecht die Verpflichtungen seines Vorgängers betreffs Einführung


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341827_157653/319>, abgerufen am 06.10.2024.