Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, I. Semester. II. Band.Kanonen und Mannschaft hinein, spannte die Segel auf, und stieg am gegen¬ Als nun alles Volk wieder zur Ruhe gekommen war, da sprach Sultan ") Thor des Fanars. " ) Kanonenthor, auf der Westseite Stambuls.
Kanonen und Mannschaft hinein, spannte die Segel auf, und stieg am gegen¬ Als nun alles Volk wieder zur Ruhe gekommen war, da sprach Sultan ") Thor des Fanars. " ) Kanonenthor, auf der Westseite Stambuls.
<TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0239" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/140060"/> <p xml:id="ID_740" prev="#ID_739"> Kanonen und Mannschaft hinein, spannte die Segel auf, und stieg am gegen¬<lb/> über liegenden Ufer bei Feuer-Kapu*) ans Land. Dazu begannen 10,000<lb/> Mann mit Kanonen das in der Nähe des Silivriathores liegende Top-Kapu**)<lb/> niederzuwerfen: und als sie zwei Tage und zwei Nächte gearbeitet, kamen sie<lb/> nach dem Befehl des Allerhöchsten am dritten Tage nach Stambul hinein, den<lb/> Ungläubigen war nicht möglich Stand zu halten, und sie wendeten ihr Antlitz<lb/> zur Flucht: das Heer des Islam aber schlug die Ungläubigen mit der Schärfe<lb/> des Schwertes____und hatten nun ganz Stambul in ihrer Gewalt, und<lb/> schrieben alles wie es geschehen war nieder in den Jahrbüchern der herr¬<lb/> lichen Stadt.</p><lb/> <p xml:id="ID_741"> Als nun alles Volk wieder zur Ruhe gekommen war, da sprach Sultan<lb/> Mehmet (zu Mahmud Pascha): „Caia, weil Du über das Festland ein Schiff<lb/> hast gehn lassen, so habe ich Dir das Amt des Kapudau-Pascha gegeben."<lb/> Mahmud Pascha aber nahm es an, setzte sich den Gebit-Pascha zum Stellver¬<lb/> treter (als Groß-Vezir) und zog mit den Galeeren auf einen Streifzug aus,<lb/> der ein ganzes Jahr lang dauerte. Als er zurückkam, und erfuhr, daß in dem<lb/> in der Nachbarschaft Stambuls gelegenen festen Platze Tschanaldscha, wo fünf<lb/> bis sechshundert Ungläubige wohnten, man sich unvorsichtig darüber geäußert<lb/> hatte, wie er Muselmann geworden sei, so zog er hin und eroberte Tscha¬<lb/> naldscha. Danach kam er, küßte des Padischah Hand, und empfing seinen<lb/> Segen. — Hieraufsprach zu ihm der Padischah: „Caia, von jetzt an habe ich<lb/> noch Krieg mit Rumelien, ich habe Dir die Statthalterschaft dieses Landes<lb/> übergeben," und so befahl er aus eignem Antriebe, daß er Begier-Beg von<lb/> Rumelien sein solle. Drei Jahre darauf wünschte der Kazyasker Ali Effendi<lb/> die Erlaubniß zur Pilgerfahrt nach Mekka, Sultan Mehmet aber sprach:<lb/> „Findet irgend einen, der vortrefflicher an Tugend und Gelehrsamkeit ist, als<lb/> ihr, dann gehet und ziehet hin." Ali Effendi antwortete: „Mein Padischah,<lb/> vortrefflicher als dieser euer Sklave hier ist Mahmud Pascha, euer Sklave."<lb/> Als er so gesprochen, schaute der Padischah dem Mahmud Pascha ins Antlitz,<lb/> und sagte: „Kannst Du die Pflichten des Amtes des Kazy-after erfüllen?"<lb/> Dieser aber antwortete: „Für die Zeit, daß mein Meister geht und kommt,<lb/> kann ich seinen Dienst versehn." Nun ging Ali Effendi auf die Pilgerfahrt,<lb/> und da er schon hoch betagt war, starb er auf dieser, der Padischah aber be¬<lb/> stätigte den Mahmud Pascha im Amte des Kazy-after. Auf diese Weise wurde<lb/> der Verwaltung von vier Aemtern, des Amtes des Groß-Vezirs, des Kapudan-<lb/> Paschas, des Statthalters von Rumelien, des Kazy-askers, ein einziger Mann<lb/> gerecht.</p><lb/> <note xml:id="FID_80" place="foot"> ") Thor des Fanars.<lb/> "</note><lb/> <note xml:id="FID_81" place="foot"> ) Kanonenthor, auf der Westseite Stambuls.</note><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0239]
Kanonen und Mannschaft hinein, spannte die Segel auf, und stieg am gegen¬
über liegenden Ufer bei Feuer-Kapu*) ans Land. Dazu begannen 10,000
Mann mit Kanonen das in der Nähe des Silivriathores liegende Top-Kapu**)
niederzuwerfen: und als sie zwei Tage und zwei Nächte gearbeitet, kamen sie
nach dem Befehl des Allerhöchsten am dritten Tage nach Stambul hinein, den
Ungläubigen war nicht möglich Stand zu halten, und sie wendeten ihr Antlitz
zur Flucht: das Heer des Islam aber schlug die Ungläubigen mit der Schärfe
des Schwertes____und hatten nun ganz Stambul in ihrer Gewalt, und
schrieben alles wie es geschehen war nieder in den Jahrbüchern der herr¬
lichen Stadt.
Als nun alles Volk wieder zur Ruhe gekommen war, da sprach Sultan
Mehmet (zu Mahmud Pascha): „Caia, weil Du über das Festland ein Schiff
hast gehn lassen, so habe ich Dir das Amt des Kapudau-Pascha gegeben."
Mahmud Pascha aber nahm es an, setzte sich den Gebit-Pascha zum Stellver¬
treter (als Groß-Vezir) und zog mit den Galeeren auf einen Streifzug aus,
der ein ganzes Jahr lang dauerte. Als er zurückkam, und erfuhr, daß in dem
in der Nachbarschaft Stambuls gelegenen festen Platze Tschanaldscha, wo fünf
bis sechshundert Ungläubige wohnten, man sich unvorsichtig darüber geäußert
hatte, wie er Muselmann geworden sei, so zog er hin und eroberte Tscha¬
naldscha. Danach kam er, küßte des Padischah Hand, und empfing seinen
Segen. — Hieraufsprach zu ihm der Padischah: „Caia, von jetzt an habe ich
noch Krieg mit Rumelien, ich habe Dir die Statthalterschaft dieses Landes
übergeben," und so befahl er aus eignem Antriebe, daß er Begier-Beg von
Rumelien sein solle. Drei Jahre darauf wünschte der Kazyasker Ali Effendi
die Erlaubniß zur Pilgerfahrt nach Mekka, Sultan Mehmet aber sprach:
„Findet irgend einen, der vortrefflicher an Tugend und Gelehrsamkeit ist, als
ihr, dann gehet und ziehet hin." Ali Effendi antwortete: „Mein Padischah,
vortrefflicher als dieser euer Sklave hier ist Mahmud Pascha, euer Sklave."
Als er so gesprochen, schaute der Padischah dem Mahmud Pascha ins Antlitz,
und sagte: „Kannst Du die Pflichten des Amtes des Kazy-after erfüllen?"
Dieser aber antwortete: „Für die Zeit, daß mein Meister geht und kommt,
kann ich seinen Dienst versehn." Nun ging Ali Effendi auf die Pilgerfahrt,
und da er schon hoch betagt war, starb er auf dieser, der Padischah aber be¬
stätigte den Mahmud Pascha im Amte des Kazy-after. Auf diese Weise wurde
der Verwaltung von vier Aemtern, des Amtes des Groß-Vezirs, des Kapudan-
Paschas, des Statthalters von Rumelien, des Kazy-askers, ein einziger Mann
gerecht.
") Thor des Fanars.
"
) Kanonenthor, auf der Westseite Stambuls.
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |