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Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, I. Semester. II. Band.

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ferner behauptet wurde, "daß die Neger in ihrer überwiegenden Mehrzahl noch
nicht die ersten Künste der Civilisation erlernt hätten, daß sie ja gar nicht
arbeiteten und von dem lebten, was ihnen in den Mund wüchse", so ist das
eben nur eine Behauptung und es beweist die heutzutage nicht mehr zu ent¬
schuldigende Unkenntniß der Kommission über das besprochene Thema und mit
allen neueren Reisewerken, sowohl das Vertrautsein mit den betreffenden An¬
gelegenheiten doch als eine Hauptbedingung dieser Besprechungen von der
Elite, der erwählten Rathsversammlung des deutschen Volkes, wohl als selbst¬
verständlich vorauszusetzen sein sollte. Wenn die mit Europäer" in Berührung
gekommenen Neger bisher nichts lernten, so ist das nicht ihre Schuld, sondern
die Schuld der mit "Menschenfleisch" Handelnden Weißen. Cameron sagt u. a.
über die Frage der Arbeit: "Wenn man die großen Felder sieht, welche nur
mit der Hacke in der Hand bearbeitet sind und dann noch sagen will, daß
diesen Menschen (den Schwarzen) die Ausdauer fehle, so ist das ein Unding!"
Selbst in Afrika wächst dem Menschen seine Nahrung nicht in den Mund.
Wir selbst können versichern, daß allein schon einen Ort Angola's jährlich
viele Tausende von Trägern Passiren, einmal mit Exportwaaren, das andere
Mal bei der Rückkehr mit Importartikeln schwer beladen! Die Ausfuhr der
Küste vom Kulla (etwa 4^ Grad südl. Br.) bis zum Congo (6 Grad südl,
Vr.) wird von Dr. Pechuöl-Lösche auf 5000 Tons jährlich angegeben, die¬
jenige vom Congo bis Ambris (ca. 8 Grad südl. Br.) durch den Reisenden
Monteiro auf 6/000,000 Mark an Geldwerth berechnet. Wir meinen, daß um
diesen jährlichen Export von Elfenbein, Kautschuk, Palmöl und -Kernen, Erd¬
nüssen, Kopalharz, Kaffee, Scham, Baobabfasern n. v. a. in. auf etwa 60
Meilen Küstenlänge hervor zu bringen, einmal Arbeit und zweitens Import
nöthig ist. -- Das zur Richtigstellung der Ansichten der Budgetkommissiou
über den Werth von Kultur- und Handelsbestrebungen und deren Vortheile
für uns in Afrika.

Was nun aber die Zulässigkeit einer Reichsunterstützung der Forschungs¬
arbeiten in Afrika betrifft, so wurde vor einer Bewilligung jener 100,000 Mk.
durch die Hinweisung darauf gewarnt, daß diese Summe auf die Länge der
Zeit in zehn und mehr Millionen hinein sich vermehren könne. Die Kommission
glaubte doch wohl selbst uicht daran, daß selbst die deutsche Phantasie sich so
weit versteige" würde?! -- Scheinbar richtig erwähnte der Referent, daß die
englische Regierung auch keine Unterstützungen für Asrikareisen mehr gäbe; er
versäumte jedoch, hinzuzufügen, daß die Koz^l Kho^xKiog.! Kooiöt^ in London
alljährlich vom Staate 10,000 Mark Unterstützung erhält, und daß die Regie¬
rung derartigen Unternehmungen keine Subsidien mehr zu überweisen braucht,
weil sie durch leuchtendes Beispiel früherer Freigebigkeit sich bereits Unter-


ferner behauptet wurde, „daß die Neger in ihrer überwiegenden Mehrzahl noch
nicht die ersten Künste der Civilisation erlernt hätten, daß sie ja gar nicht
arbeiteten und von dem lebten, was ihnen in den Mund wüchse", so ist das
eben nur eine Behauptung und es beweist die heutzutage nicht mehr zu ent¬
schuldigende Unkenntniß der Kommission über das besprochene Thema und mit
allen neueren Reisewerken, sowohl das Vertrautsein mit den betreffenden An¬
gelegenheiten doch als eine Hauptbedingung dieser Besprechungen von der
Elite, der erwählten Rathsversammlung des deutschen Volkes, wohl als selbst¬
verständlich vorauszusetzen sein sollte. Wenn die mit Europäer» in Berührung
gekommenen Neger bisher nichts lernten, so ist das nicht ihre Schuld, sondern
die Schuld der mit „Menschenfleisch" Handelnden Weißen. Cameron sagt u. a.
über die Frage der Arbeit: „Wenn man die großen Felder sieht, welche nur
mit der Hacke in der Hand bearbeitet sind und dann noch sagen will, daß
diesen Menschen (den Schwarzen) die Ausdauer fehle, so ist das ein Unding!"
Selbst in Afrika wächst dem Menschen seine Nahrung nicht in den Mund.
Wir selbst können versichern, daß allein schon einen Ort Angola's jährlich
viele Tausende von Trägern Passiren, einmal mit Exportwaaren, das andere
Mal bei der Rückkehr mit Importartikeln schwer beladen! Die Ausfuhr der
Küste vom Kulla (etwa 4^ Grad südl. Br.) bis zum Congo (6 Grad südl,
Vr.) wird von Dr. Pechuöl-Lösche auf 5000 Tons jährlich angegeben, die¬
jenige vom Congo bis Ambris (ca. 8 Grad südl. Br.) durch den Reisenden
Monteiro auf 6/000,000 Mark an Geldwerth berechnet. Wir meinen, daß um
diesen jährlichen Export von Elfenbein, Kautschuk, Palmöl und -Kernen, Erd¬
nüssen, Kopalharz, Kaffee, Scham, Baobabfasern n. v. a. in. auf etwa 60
Meilen Küstenlänge hervor zu bringen, einmal Arbeit und zweitens Import
nöthig ist. — Das zur Richtigstellung der Ansichten der Budgetkommissiou
über den Werth von Kultur- und Handelsbestrebungen und deren Vortheile
für uns in Afrika.

Was nun aber die Zulässigkeit einer Reichsunterstützung der Forschungs¬
arbeiten in Afrika betrifft, so wurde vor einer Bewilligung jener 100,000 Mk.
durch die Hinweisung darauf gewarnt, daß diese Summe auf die Länge der
Zeit in zehn und mehr Millionen hinein sich vermehren könne. Die Kommission
glaubte doch wohl selbst uicht daran, daß selbst die deutsche Phantasie sich so
weit versteige» würde?! — Scheinbar richtig erwähnte der Referent, daß die
englische Regierung auch keine Unterstützungen für Asrikareisen mehr gäbe; er
versäumte jedoch, hinzuzufügen, daß die Koz^l Kho^xKiog.! Kooiöt^ in London
alljährlich vom Staate 10,000 Mark Unterstützung erhält, und daß die Regie¬
rung derartigen Unternehmungen keine Subsidien mehr zu überweisen braucht,
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341827_157653/220>, abgerufen am 29.12.2024.