Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, I. Semester. II. Band.Stämme und Staaten durchgebildet, als daß sie über sich eine straffere Einheit Otto Kaemmel. Der amerikanische Zolltarif. Die schwere volkswirtschaftliche Krisis, von der im Jahre 1873 nahezu Stämme und Staaten durchgebildet, als daß sie über sich eine straffere Einheit Otto Kaemmel. Der amerikanische Zolltarif. Die schwere volkswirtschaftliche Krisis, von der im Jahre 1873 nahezu <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0138" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/139959"/> <p xml:id="ID_457" prev="#ID_456"> Stämme und Staaten durchgebildet, als daß sie über sich eine straffere Einheit<lb/> ertragen hätten; auch die großartigste politische Schöpfung, die den Griechen<lb/> jemals gelungen ist, der Seebund der Athener, erliegt nach kurzer Zeit mehr<lb/> uoch dem alteingewnrzelten Partikularismus als dem spartanischen Nebenbuhler,<lb/> und ums dann folgt, sind kurze Ansätze ohne dauernde Bedeutung. In dieser<lb/> Beziehung also sind die Griechen niemals ein modernes Volk geworden.</p><lb/> <note type="byline"> Otto Kaemmel.</note><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> <div n="1"> <head> Der amerikanische Zolltarif.</head><lb/> <p xml:id="ID_458" next="#ID_459"> Die schwere volkswirtschaftliche Krisis, von der im Jahre 1873 nahezu<lb/> jedes Kulturvolk getroffen wurde, und die äußerst langsame Erholung von der¬<lb/> selben haben bekanntlich den alten Kampf zwischen Freihandel und Schutz¬<lb/> zoll in der letzten Zeit wieder mit besonderer Heftigkeit entbrennen lassen.<lb/> Volkswirthe und Staatsmänner, Handelskammern und Legislaturen, Praktiker<lb/> und Theoretiker traten sich mit alten und neuen Gründen, sei es in der Ver¬<lb/> theidigung des Schutzzolls oder in der des Freihandels, einander gegenüber und<lb/> noch wogt der Kampf vielfach unentschieden hin und her, nicht gemindert durch<lb/> die schwankenden und unfertigen Verhältnisse und Zustände auf dem Gebiete<lb/> der innern und äußern Politik in vielen der größten und mächtigsten Staaten<lb/> der Erde. Eine auffallende Erscheinung aber ist es hierbei, daß Dent sch¬<lb/> lank, obschon es im Großen und Ganzen einem müßigen, dem Freihandel<lb/> zugeneigten System huldigt, dnrch die oben erwähnte Krisis ebenso schwer<lb/> heimgesucht ward, wie die Vereinigten Staaten von Nordamerika es<lb/> wurden, wo der Schutzzoll auf die äußerste Spitze getrieben ist; noch auffäl¬<lb/> liger aber dürfte es erscheinen, daß beide Parteien, die Freihändler nicht<lb/> minder, als die Schutzzöllner, die Zollverhältnisse der amerikanischen Union<lb/> als das beste Beispiel für die Richtigkeit ihrer Ansichten anzuführen pflegen.<lb/> Die Schutzzöllner betonen nämlich den ungeheuern Aufschwung, den Industrie<lb/> und Landwirthschaft Amerikas in den letzten 10 Jahren gemacht haben, und<lb/> schreiben ihn ohne Weiteres dem segensreichen Einflüsse des Schutzzolles zu;<lb/> die Behauptung dagegen, daß der hohe Zolltarif gar gewaltig zu der Krisis<lb/> von 1873 beigetragen, weisen sie mit einer Hindeutung auf Englaud und<lb/> Deutschland zurück, wo die Krisis ebenso schwer gewesen ist. Die Freihändler<lb/> andererseits machen darauf aufmerksam, daß jener Ausschwung in den Ver¬<lb/> einigten Staaten, wie groß er auch immer gewesen sein mag, doch Verhältniß-</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0138]
Stämme und Staaten durchgebildet, als daß sie über sich eine straffere Einheit
ertragen hätten; auch die großartigste politische Schöpfung, die den Griechen
jemals gelungen ist, der Seebund der Athener, erliegt nach kurzer Zeit mehr
uoch dem alteingewnrzelten Partikularismus als dem spartanischen Nebenbuhler,
und ums dann folgt, sind kurze Ansätze ohne dauernde Bedeutung. In dieser
Beziehung also sind die Griechen niemals ein modernes Volk geworden.
Otto Kaemmel.
Der amerikanische Zolltarif.
Die schwere volkswirtschaftliche Krisis, von der im Jahre 1873 nahezu
jedes Kulturvolk getroffen wurde, und die äußerst langsame Erholung von der¬
selben haben bekanntlich den alten Kampf zwischen Freihandel und Schutz¬
zoll in der letzten Zeit wieder mit besonderer Heftigkeit entbrennen lassen.
Volkswirthe und Staatsmänner, Handelskammern und Legislaturen, Praktiker
und Theoretiker traten sich mit alten und neuen Gründen, sei es in der Ver¬
theidigung des Schutzzolls oder in der des Freihandels, einander gegenüber und
noch wogt der Kampf vielfach unentschieden hin und her, nicht gemindert durch
die schwankenden und unfertigen Verhältnisse und Zustände auf dem Gebiete
der innern und äußern Politik in vielen der größten und mächtigsten Staaten
der Erde. Eine auffallende Erscheinung aber ist es hierbei, daß Dent sch¬
lank, obschon es im Großen und Ganzen einem müßigen, dem Freihandel
zugeneigten System huldigt, dnrch die oben erwähnte Krisis ebenso schwer
heimgesucht ward, wie die Vereinigten Staaten von Nordamerika es
wurden, wo der Schutzzoll auf die äußerste Spitze getrieben ist; noch auffäl¬
liger aber dürfte es erscheinen, daß beide Parteien, die Freihändler nicht
minder, als die Schutzzöllner, die Zollverhältnisse der amerikanischen Union
als das beste Beispiel für die Richtigkeit ihrer Ansichten anzuführen pflegen.
Die Schutzzöllner betonen nämlich den ungeheuern Aufschwung, den Industrie
und Landwirthschaft Amerikas in den letzten 10 Jahren gemacht haben, und
schreiben ihn ohne Weiteres dem segensreichen Einflüsse des Schutzzolles zu;
die Behauptung dagegen, daß der hohe Zolltarif gar gewaltig zu der Krisis
von 1873 beigetragen, weisen sie mit einer Hindeutung auf Englaud und
Deutschland zurück, wo die Krisis ebenso schwer gewesen ist. Die Freihändler
andererseits machen darauf aufmerksam, daß jener Ausschwung in den Ver¬
einigten Staaten, wie groß er auch immer gewesen sein mag, doch Verhältniß-
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