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Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, I. Semester. II. Band.

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jeher die Eigennamen, beim Stein von Rosette z. B. die Namen Ptolemäus,
Arsinoe, Berenice die Operationsbasis abgegeben; -- kamen also in den per¬
sischen Keilreihen Königsnamen vor, die griechisch lautlich bestimmbar waren,
so war viel gewonnen; es handelte sich also für den Entzifferer nur darum,
welche Achämenideunmnen sich fanden -- Wichtig conjicieren also hieß es. --
Grotefend hat großes darin geleistet, und folgt man seinen Versuchen, wie sie
anschaulich von Welthaufen im Rheinischen Museum*) gegeben werden, mit Auf¬
merksamkeit, so wird man diesem genialen Rathgeschäfte die Anerkennung metho¬
dischen Arbeitens nicht versagen dürfen. -- Wir wollen einen Augenblick seinen
höchst interessanten Versuchen folgen.

Grotefend fand sich vor zwei Reihen persischer Keile gestellt, von denen
je einer der folgenden lateinischen Buchstaben einen persischen Keil repräsentire,

I. D R N ki Ku R H V ^
II. X R U R Rin v I?

also so, daß z. V. der zweite Keil der ersten Reihe sich genau mit dem zweiten
Keil der zweiten Reihe deckte, dagegen von dem fünften Keile der ersten und
zweiten Reihe, ebenso vom siebenten der zweiten Reihe in seiner Endung ab¬
wich. -- In diesen beiden Reihen fiel nun Grotefend auf 1, die stetige Gruppe
K U R, Hin, und 2, daß L in den 18 Wörtern sich achtmal wiederholte, dreimal
modifizirt als Ren und Ks. Was hatten, fragte er sich, die Achämeniden auf
so kleinem Raume so oft zu sagen? Eigennamen vermuthete er ja mit Recht
unter den Bildern, aber L. konnte weder Eigennahme noch Verbum sein, weil
eine achtmalige Wiederholung desselben in so kurzen Reihen eine sprachliche
Unmöglichkeit ist. Wohl aber konnten die beiden Achämeniden ihren Titel
in den verschiedenen Modifikationen wiederholen. So hatten schon Tychsen
und Müller halb vermuthet, und eine kurz vorher aufgefundene und entzifferte
Sassanideninschrift, welche lautete:.......R N ki Kilt.....V hev. entziffert
Ksx Re-Airo.......Mos etc. bestätigte die Vermuthung.
Dies auf unsere Reihen angewandt, ergab also

I. I) L.sx Kag'tius Ksgum I5sx N I? ^
II. X ü."zx UaZQUs Il,6x Kössum v Ksg'is I? ^

So stellte also die stetige Gruppe den Titel dar, zu dem aber v und X, die
Anfangskeile, weil verschieden, nicht gehörten: sie bedeuteten also die vielbegehrten
Eigennamen. - Welche? v kam an der Spitze der ersten und am Ende der
zweiten Reihe vor, an letzter Stelle begleitet vom Titel König und zwar vom
flektierten Titel: lis^is. Was sollten die beiden Eigennamen in beiden Reihen
und in diesen abweichenden Verbindungen? Dafür schien die erwähnte Sassa-



*) Mus. für Philvl,, N. F. 31. Bd., 1876, x^. 1SS-S9.
Grenzboten II. 1873.L

jeher die Eigennamen, beim Stein von Rosette z. B. die Namen Ptolemäus,
Arsinoe, Berenice die Operationsbasis abgegeben; — kamen also in den per¬
sischen Keilreihen Königsnamen vor, die griechisch lautlich bestimmbar waren,
so war viel gewonnen; es handelte sich also für den Entzifferer nur darum,
welche Achämenideunmnen sich fanden — Wichtig conjicieren also hieß es. —
Grotefend hat großes darin geleistet, und folgt man seinen Versuchen, wie sie
anschaulich von Welthaufen im Rheinischen Museum*) gegeben werden, mit Auf¬
merksamkeit, so wird man diesem genialen Rathgeschäfte die Anerkennung metho¬
dischen Arbeitens nicht versagen dürfen. — Wir wollen einen Augenblick seinen
höchst interessanten Versuchen folgen.

Grotefend fand sich vor zwei Reihen persischer Keile gestellt, von denen
je einer der folgenden lateinischen Buchstaben einen persischen Keil repräsentire,

I. D R N ki Ku R H V ^
II. X R U R Rin v I?

also so, daß z. V. der zweite Keil der ersten Reihe sich genau mit dem zweiten
Keil der zweiten Reihe deckte, dagegen von dem fünften Keile der ersten und
zweiten Reihe, ebenso vom siebenten der zweiten Reihe in seiner Endung ab¬
wich. — In diesen beiden Reihen fiel nun Grotefend auf 1, die stetige Gruppe
K U R, Hin, und 2, daß L in den 18 Wörtern sich achtmal wiederholte, dreimal
modifizirt als Ren und Ks. Was hatten, fragte er sich, die Achämeniden auf
so kleinem Raume so oft zu sagen? Eigennamen vermuthete er ja mit Recht
unter den Bildern, aber L. konnte weder Eigennahme noch Verbum sein, weil
eine achtmalige Wiederholung desselben in so kurzen Reihen eine sprachliche
Unmöglichkeit ist. Wohl aber konnten die beiden Achämeniden ihren Titel
in den verschiedenen Modifikationen wiederholen. So hatten schon Tychsen
und Müller halb vermuthet, und eine kurz vorher aufgefundene und entzifferte
Sassanideninschrift, welche lautete:.......R N ki Kilt.....V hev. entziffert
Ksx Re-Airo.......Mos etc. bestätigte die Vermuthung.
Dies auf unsere Reihen angewandt, ergab also

I. I) L.sx Kag'tius Ksgum I5sx N I? ^
II. X ü.«zx UaZQUs Il,6x Kössum v Ksg'is I? ^

So stellte also die stetige Gruppe den Titel dar, zu dem aber v und X, die
Anfangskeile, weil verschieden, nicht gehörten: sie bedeuteten also die vielbegehrten
Eigennamen. - Welche? v kam an der Spitze der ersten und am Ende der
zweiten Reihe vor, an letzter Stelle begleitet vom Titel König und zwar vom
flektierten Titel: lis^is. Was sollten die beiden Eigennamen in beiden Reihen
und in diesen abweichenden Verbindungen? Dafür schien die erwähnte Sassa-



*) Mus. für Philvl,, N. F. 31. Bd., 1876, x^. 1SS-S9.
Grenzboten II. 1873.L
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[0013] jeher die Eigennamen, beim Stein von Rosette z. B. die Namen Ptolemäus, Arsinoe, Berenice die Operationsbasis abgegeben; — kamen also in den per¬ sischen Keilreihen Königsnamen vor, die griechisch lautlich bestimmbar waren, so war viel gewonnen; es handelte sich also für den Entzifferer nur darum, welche Achämenideunmnen sich fanden — Wichtig conjicieren also hieß es. — Grotefend hat großes darin geleistet, und folgt man seinen Versuchen, wie sie anschaulich von Welthaufen im Rheinischen Museum*) gegeben werden, mit Auf¬ merksamkeit, so wird man diesem genialen Rathgeschäfte die Anerkennung metho¬ dischen Arbeitens nicht versagen dürfen. — Wir wollen einen Augenblick seinen höchst interessanten Versuchen folgen. Grotefend fand sich vor zwei Reihen persischer Keile gestellt, von denen je einer der folgenden lateinischen Buchstaben einen persischen Keil repräsentire, I. D R N ki Ku R H V ^ II. X R U R Rin v I? also so, daß z. V. der zweite Keil der ersten Reihe sich genau mit dem zweiten Keil der zweiten Reihe deckte, dagegen von dem fünften Keile der ersten und zweiten Reihe, ebenso vom siebenten der zweiten Reihe in seiner Endung ab¬ wich. — In diesen beiden Reihen fiel nun Grotefend auf 1, die stetige Gruppe K U R, Hin, und 2, daß L in den 18 Wörtern sich achtmal wiederholte, dreimal modifizirt als Ren und Ks. Was hatten, fragte er sich, die Achämeniden auf so kleinem Raume so oft zu sagen? Eigennamen vermuthete er ja mit Recht unter den Bildern, aber L. konnte weder Eigennahme noch Verbum sein, weil eine achtmalige Wiederholung desselben in so kurzen Reihen eine sprachliche Unmöglichkeit ist. Wohl aber konnten die beiden Achämeniden ihren Titel in den verschiedenen Modifikationen wiederholen. So hatten schon Tychsen und Müller halb vermuthet, und eine kurz vorher aufgefundene und entzifferte Sassanideninschrift, welche lautete:.......R N ki Kilt.....V hev. entziffert Ksx Re-Airo.......Mos etc. bestätigte die Vermuthung. Dies auf unsere Reihen angewandt, ergab also I. I) L.sx Kag'tius Ksgum I5sx N I? ^ II. X ü.«zx UaZQUs Il,6x Kössum v Ksg'is I? ^ So stellte also die stetige Gruppe den Titel dar, zu dem aber v und X, die Anfangskeile, weil verschieden, nicht gehörten: sie bedeuteten also die vielbegehrten Eigennamen. - Welche? v kam an der Spitze der ersten und am Ende der zweiten Reihe vor, an letzter Stelle begleitet vom Titel König und zwar vom flektierten Titel: lis^is. Was sollten die beiden Eigennamen in beiden Reihen und in diesen abweichenden Verbindungen? Dafür schien die erwähnte Sassa- *) Mus. für Philvl,, N. F. 31. Bd., 1876, x^. 1SS-S9. Grenzboten II. 1873.L

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341827_157653/13>, abgerufen am 09.11.2024.