Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, I. Semester. I. Band.

Bild:
<< vorherige Seite

die an's Wunderbare grenzende Geschwindigkeit, mit welcher sie ihren ersten
"Jahrgang" zurückgelegt hat; zweitens: die ungewöhnliche Art, mit welcher
sie für sich selber Reklame macht; drittens: die Beflissenheit, mit der sie etwas
zu sein vorgiebt, was sie vielleicht einmal werden kann, aber bis jetzt
wenigstens nach unserem Dafürhalten nicht ist, nämlich eine wirkliche und
wahrhafte "Revue".

Das erste Heft, die "Probenummer" der "Deutschen Revue", erschien,
wenn wir nicht irren, Ende April oder Anfang Mai 1877. Auf dem zweiten
Hefte, welches im Juni ausgegeben wurde, stand folgende Bemerkung: "Das
erste Quartal umfaßt die Zeit bis incl. September. Das zweite Quartal
beginnt mit dem 1. Oktober und werden die Hefte dann (der Herr Verleger
scheinen die Inversion etwas zu lieben, sie begegnet auch im Prospekte) regel¬
mäßig zweimal monatlich erscheinen." Diese Frist ist denn auch pünktlich ein¬
gehalten worden, und bis Ende September lagen sechs Hefte vor. Wie groß
war aber unser Erstaunen, als bereits im fünften Hefte die Ankündigung zu
lesen war: "Vom 1. Oktober 1877 beginnt der 2. Jahrgang der "Deutschen
Revue" und erscheint dieselbe (da haben wir wieder die Inversion) von da
an auf Wunsch unserer Mitarbeiter monatlich einmal." Daß durch Verdopp¬
lung der Bogenzahl aus einer Halbmonatsschrift eine Monatsschrift entstehen
kann, wird jedermann einleuchten. Wie aber entsteht aus einem Quartal
mit einem Male ein Jahrgang? Wir haben bisher geglaubt, unter Jahr¬
gang verstehe man diejenigen Nummern einer Zeitschrift, welche im Laufe eines
Jahres, sei es nun vom Januar bis zum Dezember, oder vom Oktober bis
zum September oder wie immer, erscheinen. Hier werden wir belehrt, daß
man auch ein Quartal als "Jahrgang" bezeichnen kann. Wir sind natürlich
weit davon entfernt zu glauben, daß es mit diesem unerwarteten Vertauschen
der beiden Worte "Quartal" und "Jahrgang" auf ein Täuschen des Publikums
abgesehen gewesen sei, aber das wird man doch zugestehen müssen, daß das
Publikum, an die bisherige Auffassung des Wortes "Jahrgang" gewöhnt, wenn
es auf dem Umschlage einer Zeitschrift liest: "Jahrgang II., Heft I." nicht
anders glauben kann, als daß die Zeitschrift bereits ein volles Jahr hinter sich
habe. Und diese Methode, binnen Jahresfrist vier "Jahrgänge" einer Zeit¬
schrift fertig zu bringen, dürfte doch ihr Bedenkliches haben. Soviel über den
ersten Punkt.

Was uns an zweiter Stelle an der "Revue" nicht gefallen wollte, war
die auffällige Reklame, die sie bisher für sich gemacht hat. Wir leben ja in
einer Zeit, die eine etwas starke Reklame braucht und verträgt, aber speziell
in der buchhändlerischen Anpreisung sind doch durch den literarischen Anstand
gewisse unüberschreitbare Grenzen gezogen. Die "Deutsche Revue" scheint nicht


die an's Wunderbare grenzende Geschwindigkeit, mit welcher sie ihren ersten
„Jahrgang" zurückgelegt hat; zweitens: die ungewöhnliche Art, mit welcher
sie für sich selber Reklame macht; drittens: die Beflissenheit, mit der sie etwas
zu sein vorgiebt, was sie vielleicht einmal werden kann, aber bis jetzt
wenigstens nach unserem Dafürhalten nicht ist, nämlich eine wirkliche und
wahrhafte „Revue".

Das erste Heft, die „Probenummer" der „Deutschen Revue", erschien,
wenn wir nicht irren, Ende April oder Anfang Mai 1877. Auf dem zweiten
Hefte, welches im Juni ausgegeben wurde, stand folgende Bemerkung: „Das
erste Quartal umfaßt die Zeit bis incl. September. Das zweite Quartal
beginnt mit dem 1. Oktober und werden die Hefte dann (der Herr Verleger
scheinen die Inversion etwas zu lieben, sie begegnet auch im Prospekte) regel¬
mäßig zweimal monatlich erscheinen." Diese Frist ist denn auch pünktlich ein¬
gehalten worden, und bis Ende September lagen sechs Hefte vor. Wie groß
war aber unser Erstaunen, als bereits im fünften Hefte die Ankündigung zu
lesen war: „Vom 1. Oktober 1877 beginnt der 2. Jahrgang der „Deutschen
Revue" und erscheint dieselbe (da haben wir wieder die Inversion) von da
an auf Wunsch unserer Mitarbeiter monatlich einmal." Daß durch Verdopp¬
lung der Bogenzahl aus einer Halbmonatsschrift eine Monatsschrift entstehen
kann, wird jedermann einleuchten. Wie aber entsteht aus einem Quartal
mit einem Male ein Jahrgang? Wir haben bisher geglaubt, unter Jahr¬
gang verstehe man diejenigen Nummern einer Zeitschrift, welche im Laufe eines
Jahres, sei es nun vom Januar bis zum Dezember, oder vom Oktober bis
zum September oder wie immer, erscheinen. Hier werden wir belehrt, daß
man auch ein Quartal als „Jahrgang" bezeichnen kann. Wir sind natürlich
weit davon entfernt zu glauben, daß es mit diesem unerwarteten Vertauschen
der beiden Worte „Quartal" und „Jahrgang" auf ein Täuschen des Publikums
abgesehen gewesen sei, aber das wird man doch zugestehen müssen, daß das
Publikum, an die bisherige Auffassung des Wortes „Jahrgang" gewöhnt, wenn
es auf dem Umschlage einer Zeitschrift liest: „Jahrgang II., Heft I." nicht
anders glauben kann, als daß die Zeitschrift bereits ein volles Jahr hinter sich
habe. Und diese Methode, binnen Jahresfrist vier „Jahrgänge" einer Zeit¬
schrift fertig zu bringen, dürfte doch ihr Bedenkliches haben. Soviel über den
ersten Punkt.

Was uns an zweiter Stelle an der „Revue" nicht gefallen wollte, war
die auffällige Reklame, die sie bisher für sich gemacht hat. Wir leben ja in
einer Zeit, die eine etwas starke Reklame braucht und verträgt, aber speziell
in der buchhändlerischen Anpreisung sind doch durch den literarischen Anstand
gewisse unüberschreitbare Grenzen gezogen. Die „Deutsche Revue" scheint nicht


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0090" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/139383"/>
          <p xml:id="ID_253" prev="#ID_252"> die an's Wunderbare grenzende Geschwindigkeit, mit welcher sie ihren ersten<lb/>
&#x201E;Jahrgang" zurückgelegt hat; zweitens: die ungewöhnliche Art, mit welcher<lb/>
sie für sich selber Reklame macht; drittens: die Beflissenheit, mit der sie etwas<lb/>
zu sein vorgiebt, was sie vielleicht einmal werden kann, aber bis jetzt<lb/>
wenigstens nach unserem Dafürhalten nicht ist, nämlich eine wirkliche und<lb/>
wahrhafte &#x201E;Revue".</p><lb/>
          <p xml:id="ID_254"> Das erste Heft, die &#x201E;Probenummer" der &#x201E;Deutschen Revue", erschien,<lb/>
wenn wir nicht irren, Ende April oder Anfang Mai 1877. Auf dem zweiten<lb/>
Hefte, welches im Juni ausgegeben wurde, stand folgende Bemerkung: &#x201E;Das<lb/>
erste Quartal umfaßt die Zeit bis incl. September. Das zweite Quartal<lb/>
beginnt mit dem 1. Oktober und werden die Hefte dann (der Herr Verleger<lb/>
scheinen die Inversion etwas zu lieben, sie begegnet auch im Prospekte) regel¬<lb/>
mäßig zweimal monatlich erscheinen." Diese Frist ist denn auch pünktlich ein¬<lb/>
gehalten worden, und bis Ende September lagen sechs Hefte vor. Wie groß<lb/>
war aber unser Erstaunen, als bereits im fünften Hefte die Ankündigung zu<lb/>
lesen war: &#x201E;Vom 1. Oktober 1877 beginnt der 2. Jahrgang der &#x201E;Deutschen<lb/>
Revue" und erscheint dieselbe (da haben wir wieder die Inversion) von da<lb/>
an auf Wunsch unserer Mitarbeiter monatlich einmal." Daß durch Verdopp¬<lb/>
lung der Bogenzahl aus einer Halbmonatsschrift eine Monatsschrift entstehen<lb/>
kann, wird jedermann einleuchten. Wie aber entsteht aus einem Quartal<lb/>
mit einem Male ein Jahrgang? Wir haben bisher geglaubt, unter Jahr¬<lb/>
gang verstehe man diejenigen Nummern einer Zeitschrift, welche im Laufe eines<lb/>
Jahres, sei es nun vom Januar bis zum Dezember, oder vom Oktober bis<lb/>
zum September oder wie immer, erscheinen. Hier werden wir belehrt, daß<lb/>
man auch ein Quartal als &#x201E;Jahrgang" bezeichnen kann. Wir sind natürlich<lb/>
weit davon entfernt zu glauben, daß es mit diesem unerwarteten Vertauschen<lb/>
der beiden Worte &#x201E;Quartal" und &#x201E;Jahrgang" auf ein Täuschen des Publikums<lb/>
abgesehen gewesen sei, aber das wird man doch zugestehen müssen, daß das<lb/>
Publikum, an die bisherige Auffassung des Wortes &#x201E;Jahrgang" gewöhnt, wenn<lb/>
es auf dem Umschlage einer Zeitschrift liest: &#x201E;Jahrgang II., Heft I." nicht<lb/>
anders glauben kann, als daß die Zeitschrift bereits ein volles Jahr hinter sich<lb/>
habe. Und diese Methode, binnen Jahresfrist vier &#x201E;Jahrgänge" einer Zeit¬<lb/>
schrift fertig zu bringen, dürfte doch ihr Bedenkliches haben. Soviel über den<lb/>
ersten Punkt.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_255" next="#ID_256"> Was uns an zweiter Stelle an der &#x201E;Revue" nicht gefallen wollte, war<lb/>
die auffällige Reklame, die sie bisher für sich gemacht hat. Wir leben ja in<lb/>
einer Zeit, die eine etwas starke Reklame braucht und verträgt, aber speziell<lb/>
in der buchhändlerischen Anpreisung sind doch durch den literarischen Anstand<lb/>
gewisse unüberschreitbare Grenzen gezogen. Die &#x201E;Deutsche Revue" scheint nicht</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0090] die an's Wunderbare grenzende Geschwindigkeit, mit welcher sie ihren ersten „Jahrgang" zurückgelegt hat; zweitens: die ungewöhnliche Art, mit welcher sie für sich selber Reklame macht; drittens: die Beflissenheit, mit der sie etwas zu sein vorgiebt, was sie vielleicht einmal werden kann, aber bis jetzt wenigstens nach unserem Dafürhalten nicht ist, nämlich eine wirkliche und wahrhafte „Revue". Das erste Heft, die „Probenummer" der „Deutschen Revue", erschien, wenn wir nicht irren, Ende April oder Anfang Mai 1877. Auf dem zweiten Hefte, welches im Juni ausgegeben wurde, stand folgende Bemerkung: „Das erste Quartal umfaßt die Zeit bis incl. September. Das zweite Quartal beginnt mit dem 1. Oktober und werden die Hefte dann (der Herr Verleger scheinen die Inversion etwas zu lieben, sie begegnet auch im Prospekte) regel¬ mäßig zweimal monatlich erscheinen." Diese Frist ist denn auch pünktlich ein¬ gehalten worden, und bis Ende September lagen sechs Hefte vor. Wie groß war aber unser Erstaunen, als bereits im fünften Hefte die Ankündigung zu lesen war: „Vom 1. Oktober 1877 beginnt der 2. Jahrgang der „Deutschen Revue" und erscheint dieselbe (da haben wir wieder die Inversion) von da an auf Wunsch unserer Mitarbeiter monatlich einmal." Daß durch Verdopp¬ lung der Bogenzahl aus einer Halbmonatsschrift eine Monatsschrift entstehen kann, wird jedermann einleuchten. Wie aber entsteht aus einem Quartal mit einem Male ein Jahrgang? Wir haben bisher geglaubt, unter Jahr¬ gang verstehe man diejenigen Nummern einer Zeitschrift, welche im Laufe eines Jahres, sei es nun vom Januar bis zum Dezember, oder vom Oktober bis zum September oder wie immer, erscheinen. Hier werden wir belehrt, daß man auch ein Quartal als „Jahrgang" bezeichnen kann. Wir sind natürlich weit davon entfernt zu glauben, daß es mit diesem unerwarteten Vertauschen der beiden Worte „Quartal" und „Jahrgang" auf ein Täuschen des Publikums abgesehen gewesen sei, aber das wird man doch zugestehen müssen, daß das Publikum, an die bisherige Auffassung des Wortes „Jahrgang" gewöhnt, wenn es auf dem Umschlage einer Zeitschrift liest: „Jahrgang II., Heft I." nicht anders glauben kann, als daß die Zeitschrift bereits ein volles Jahr hinter sich habe. Und diese Methode, binnen Jahresfrist vier „Jahrgänge" einer Zeit¬ schrift fertig zu bringen, dürfte doch ihr Bedenkliches haben. Soviel über den ersten Punkt. Was uns an zweiter Stelle an der „Revue" nicht gefallen wollte, war die auffällige Reklame, die sie bisher für sich gemacht hat. Wir leben ja in einer Zeit, die eine etwas starke Reklame braucht und verträgt, aber speziell in der buchhändlerischen Anpreisung sind doch durch den literarischen Anstand gewisse unüberschreitbare Grenzen gezogen. Die „Deutsche Revue" scheint nicht

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341827_157649
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341827_157649/90
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341827_157649/90>, abgerufen am 19.10.2024.