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Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, I. Semester. I. Band.

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Hellenen, welche sie stets im Viereck anlegten, kreisrund abgesteckt. In Feindes¬
land, oder wo ein Angriff zu erwarten, befestigte man sie leicht, wahrscheinlich
nur durch eine Verschildnng. Wall und Graben anzulegen, scheint nicht üblich
gewesen zu sein, wie ja auch Sparta selbst deren nicht besaß. Dagegen war
der Wachtdienst vorzüglich, und daß zu diesem auch Reiter verwendet wurden,
steht fest. Im Lager durfte niemand ohne seinen Speer umhergehn; die
Heiloten mußten außerhalb kcunpiren.*) -- Als Seemacht war Sparta unbe¬
deutend ; indeß hat es doch zur Schlacht bei Artemisinm 10, zu der bei Salamis
16 Schiffe gestellte,^) Ban und Bemannung der Flotte fiel durchaus deu
Periöken zu; selbst von den Befehlshabern war vielleicht nur der Nauarch,
der Admiral, unbedingt ein Spartiat.

Fassen wir alles Gesagte noch einmal kurz zusammen, so stellt sich in
den Spartanern ein kleines aber starkes Herrenvolk von Einwandern dar
welches, über unterworfenen Urbewohnern sitzend, für sich allein das Waffen-
recht in Anspruch nimmt. Unverkennbar zeigt sich in dieser Einrichtung große
Aehnlichkeit mit den Kriegerkasten Aeghptens und Indiens, zugleich aber auch
ein sehr wesentlicher Unterschied. Am Nil und am Ganges waren es nur
Theile des erobernden Volkes, welche die Kaste bildeten, am Eurotas da¬
gegen tritt die Gesammtheit der eingewanderten Dorier als geschlossene
Macht der Waffenberechtigten allen anderen Landinsassen gegenüber, ohne
diese letzteren der Waffenpflicht zu entledigen. Vielmehr stellten diese
politisch rechtlosen Volkstheile: Penvken, Stirnen, Heiloten, ebenfalls ausge¬
hobene Mannschaft zu den Kriegen der Spartiaten und nur die Hovliteu-
schaaren, der eigentliche Kern des Heeres, bestand vorzüglich aus dorischen
Bürgern. Nicht eine Kriegerkaste, ein Volk von Herrschern waren die Spartiaten,
und als solches eine Erscheinung, wie sie sich vielleicht nur noch einmal in
der Geschichte gezeigt: in jenein erlauchten deutschen Orden nämlich, der über
Preußen herrschte und dort deu glorreichen Heermeisterstaat erschuf, dessen
Nachwirkung und Erbschaft sich nicht selten in unsern preußischen Traditionen
vorteilhaft zu erkennen gaben. -- Schön und wahr sagt Otfried Müller in
seinem berühmten Buche über die Dorier, daß kein Volk den Krieg in dem
Sinne und Maße als Kunst angesehen habe, wie die Spartiaten. "Es war
ihnen", so meint er, die Kriegführung fast weniger ein wirkendes, auf Verderb
anderer gerichtetes Handeln, als ein darstellendes, welches den schönsten Theil des
Volkes in einstimmender und gelenker Bewegung wie einen kräftigen und eben¬
mäßig ausgebildeten Körper im freudigen Bewußtsein seiner Stärke zeigen sollte."




*) Schocmcm", a. n, O> Im peloponnesischen Kriege scheint die lakonische Reiterei etwa
600 Mann gezählt zu haben.
**) Herodot VIII.

Hellenen, welche sie stets im Viereck anlegten, kreisrund abgesteckt. In Feindes¬
land, oder wo ein Angriff zu erwarten, befestigte man sie leicht, wahrscheinlich
nur durch eine Verschildnng. Wall und Graben anzulegen, scheint nicht üblich
gewesen zu sein, wie ja auch Sparta selbst deren nicht besaß. Dagegen war
der Wachtdienst vorzüglich, und daß zu diesem auch Reiter verwendet wurden,
steht fest. Im Lager durfte niemand ohne seinen Speer umhergehn; die
Heiloten mußten außerhalb kcunpiren.*) — Als Seemacht war Sparta unbe¬
deutend ; indeß hat es doch zur Schlacht bei Artemisinm 10, zu der bei Salamis
16 Schiffe gestellte,^) Ban und Bemannung der Flotte fiel durchaus deu
Periöken zu; selbst von den Befehlshabern war vielleicht nur der Nauarch,
der Admiral, unbedingt ein Spartiat.

Fassen wir alles Gesagte noch einmal kurz zusammen, so stellt sich in
den Spartanern ein kleines aber starkes Herrenvolk von Einwandern dar
welches, über unterworfenen Urbewohnern sitzend, für sich allein das Waffen-
recht in Anspruch nimmt. Unverkennbar zeigt sich in dieser Einrichtung große
Aehnlichkeit mit den Kriegerkasten Aeghptens und Indiens, zugleich aber auch
ein sehr wesentlicher Unterschied. Am Nil und am Ganges waren es nur
Theile des erobernden Volkes, welche die Kaste bildeten, am Eurotas da¬
gegen tritt die Gesammtheit der eingewanderten Dorier als geschlossene
Macht der Waffenberechtigten allen anderen Landinsassen gegenüber, ohne
diese letzteren der Waffenpflicht zu entledigen. Vielmehr stellten diese
politisch rechtlosen Volkstheile: Penvken, Stirnen, Heiloten, ebenfalls ausge¬
hobene Mannschaft zu den Kriegen der Spartiaten und nur die Hovliteu-
schaaren, der eigentliche Kern des Heeres, bestand vorzüglich aus dorischen
Bürgern. Nicht eine Kriegerkaste, ein Volk von Herrschern waren die Spartiaten,
und als solches eine Erscheinung, wie sie sich vielleicht nur noch einmal in
der Geschichte gezeigt: in jenein erlauchten deutschen Orden nämlich, der über
Preußen herrschte und dort deu glorreichen Heermeisterstaat erschuf, dessen
Nachwirkung und Erbschaft sich nicht selten in unsern preußischen Traditionen
vorteilhaft zu erkennen gaben. — Schön und wahr sagt Otfried Müller in
seinem berühmten Buche über die Dorier, daß kein Volk den Krieg in dem
Sinne und Maße als Kunst angesehen habe, wie die Spartiaten. „Es war
ihnen", so meint er, die Kriegführung fast weniger ein wirkendes, auf Verderb
anderer gerichtetes Handeln, als ein darstellendes, welches den schönsten Theil des
Volkes in einstimmender und gelenker Bewegung wie einen kräftigen und eben¬
mäßig ausgebildeten Körper im freudigen Bewußtsein seiner Stärke zeigen sollte."




*) Schocmcm», a. n, O> Im peloponnesischen Kriege scheint die lakonische Reiterei etwa
600 Mann gezählt zu haben.
**) Herodot VIII.
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[0063] Hellenen, welche sie stets im Viereck anlegten, kreisrund abgesteckt. In Feindes¬ land, oder wo ein Angriff zu erwarten, befestigte man sie leicht, wahrscheinlich nur durch eine Verschildnng. Wall und Graben anzulegen, scheint nicht üblich gewesen zu sein, wie ja auch Sparta selbst deren nicht besaß. Dagegen war der Wachtdienst vorzüglich, und daß zu diesem auch Reiter verwendet wurden, steht fest. Im Lager durfte niemand ohne seinen Speer umhergehn; die Heiloten mußten außerhalb kcunpiren.*) — Als Seemacht war Sparta unbe¬ deutend ; indeß hat es doch zur Schlacht bei Artemisinm 10, zu der bei Salamis 16 Schiffe gestellte,^) Ban und Bemannung der Flotte fiel durchaus deu Periöken zu; selbst von den Befehlshabern war vielleicht nur der Nauarch, der Admiral, unbedingt ein Spartiat. Fassen wir alles Gesagte noch einmal kurz zusammen, so stellt sich in den Spartanern ein kleines aber starkes Herrenvolk von Einwandern dar welches, über unterworfenen Urbewohnern sitzend, für sich allein das Waffen- recht in Anspruch nimmt. Unverkennbar zeigt sich in dieser Einrichtung große Aehnlichkeit mit den Kriegerkasten Aeghptens und Indiens, zugleich aber auch ein sehr wesentlicher Unterschied. Am Nil und am Ganges waren es nur Theile des erobernden Volkes, welche die Kaste bildeten, am Eurotas da¬ gegen tritt die Gesammtheit der eingewanderten Dorier als geschlossene Macht der Waffenberechtigten allen anderen Landinsassen gegenüber, ohne diese letzteren der Waffenpflicht zu entledigen. Vielmehr stellten diese politisch rechtlosen Volkstheile: Penvken, Stirnen, Heiloten, ebenfalls ausge¬ hobene Mannschaft zu den Kriegen der Spartiaten und nur die Hovliteu- schaaren, der eigentliche Kern des Heeres, bestand vorzüglich aus dorischen Bürgern. Nicht eine Kriegerkaste, ein Volk von Herrschern waren die Spartiaten, und als solches eine Erscheinung, wie sie sich vielleicht nur noch einmal in der Geschichte gezeigt: in jenein erlauchten deutschen Orden nämlich, der über Preußen herrschte und dort deu glorreichen Heermeisterstaat erschuf, dessen Nachwirkung und Erbschaft sich nicht selten in unsern preußischen Traditionen vorteilhaft zu erkennen gaben. — Schön und wahr sagt Otfried Müller in seinem berühmten Buche über die Dorier, daß kein Volk den Krieg in dem Sinne und Maße als Kunst angesehen habe, wie die Spartiaten. „Es war ihnen", so meint er, die Kriegführung fast weniger ein wirkendes, auf Verderb anderer gerichtetes Handeln, als ein darstellendes, welches den schönsten Theil des Volkes in einstimmender und gelenker Bewegung wie einen kräftigen und eben¬ mäßig ausgebildeten Körper im freudigen Bewußtsein seiner Stärke zeigen sollte." *) Schocmcm», a. n, O> Im peloponnesischen Kriege scheint die lakonische Reiterei etwa 600 Mann gezählt zu haben. **) Herodot VIII.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341827_157649/63>, abgerufen am 27.09.2024.