Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, I. Semester. I. Band.

Bild:
<< vorherige Seite
6 Provinzialregimentern schweren Linienfußvolks zu je 3 oder 4
Chiliarchien,
dem Hypaspistenkorps von wahrscheinlich 6 Chiliarchien,
den Montisten und Bogenschützen, in Stärke von etwa 2000 Mann,
den 16 Ital der Ritterschaft von 3000 schweren Pferden und
den 8 Ital der Sarissvphoren in Stärke von etwa 1000 leichten
Pferden.

Ob es eine besonders organisirte Bedienung der ^^"^"5, der Feldgeschütze,
gab, die zur Armee gehörten*), ob für den bedeutenden Train und die große
Masse des Gefolges besondere Organisationen vorhanden waren, läßt sich aus
den Schriftstellern nicht erkennen.

Die Hauptsache für die Entwickelung des makedonischer Kriegswesens war,
daß Philippos nicht blos Gesetze gab und Einrichtungen traf, sondern selbst
die Seele des Ganzen blieb und mit überlegener Geisteskraft alle Personen
und Verhältnisse beherrschte, das Heer ausbildete und abhärtete, und so einen
Staat schuf, der in ihm, dem Heerkönige, seine lebendige Einheit hatte.''"')
An ausgezeichneten Gehilfen fehlte es dem Philippos nicht. Unter den zahl¬
reichen edlen Geschlechtern, welche seinen Thron umgaben, ragen besonders das
des Jollas und das des Philotas hervor. Des Jollas Sohn war Anti-
patros oder, wie die Makedonen ihn nannten, Antipas, dessen erprobte
Treue und nüchterne Klarheit ihn gleichtüchtig machten zum Feldherrn wie
zum Staatsmann, und des Philotas Sohn war der edle Parmenion, dessen
besonnener Sinn, dessen muthige Sicherheit ihn die schwierigsten militärischen
Aufträge mit stetem Glück zu Ende führen ließ. Aber die glänzendste Gestalt
in des Königs Umgebung war doch sein eigener Sohn Alexandros, der
ritterliche Bezwinger des Bukephalos, der sinnige Schüler des Aristoteles. Ein
schönes Bild, daß "der, der die Welt dem Gedanken erobert hat, den Mann
erzog, der sie mit dem Schwert erobern sollte!"***)

Die Zucht des Heeres war sehr streng, wurden doch i. I. 338 zwei hohe
Offiziere kassirt, weil sie sich eine Lautenschlägerin mit ins Lager gebracht.
Der Troß wurde möglichst vermindert, den Reitern nur je ein Pferdeknecht
gestattet; beim Fußvolke schaffte man die Bagagewagen ab. -- Mit Eifer
sorgte Philippos auch für die geistige Bildung seines Offizierkorps, indem er
den jungen Adel soviel als möglich an den Hof zog, hier den "königlichen
Knaben" Lehrvorträge aller Art halten ließ und dann die reifer Gewordenen
als Leibwächter (Somatophylakes) in die Schaaren der Hetairen einreihte,





*) Arrian I> 6. 3.
**) Curtius: Griechische Geschichte.
***) I. G. Droysen, a. a. O.
6 Provinzialregimentern schweren Linienfußvolks zu je 3 oder 4
Chiliarchien,
dem Hypaspistenkorps von wahrscheinlich 6 Chiliarchien,
den Montisten und Bogenschützen, in Stärke von etwa 2000 Mann,
den 16 Ital der Ritterschaft von 3000 schweren Pferden und
den 8 Ital der Sarissvphoren in Stärke von etwa 1000 leichten
Pferden.

Ob es eine besonders organisirte Bedienung der ^^«^«5, der Feldgeschütze,
gab, die zur Armee gehörten*), ob für den bedeutenden Train und die große
Masse des Gefolges besondere Organisationen vorhanden waren, läßt sich aus
den Schriftstellern nicht erkennen.

Die Hauptsache für die Entwickelung des makedonischer Kriegswesens war,
daß Philippos nicht blos Gesetze gab und Einrichtungen traf, sondern selbst
die Seele des Ganzen blieb und mit überlegener Geisteskraft alle Personen
und Verhältnisse beherrschte, das Heer ausbildete und abhärtete, und so einen
Staat schuf, der in ihm, dem Heerkönige, seine lebendige Einheit hatte.''"')
An ausgezeichneten Gehilfen fehlte es dem Philippos nicht. Unter den zahl¬
reichen edlen Geschlechtern, welche seinen Thron umgaben, ragen besonders das
des Jollas und das des Philotas hervor. Des Jollas Sohn war Anti-
patros oder, wie die Makedonen ihn nannten, Antipas, dessen erprobte
Treue und nüchterne Klarheit ihn gleichtüchtig machten zum Feldherrn wie
zum Staatsmann, und des Philotas Sohn war der edle Parmenion, dessen
besonnener Sinn, dessen muthige Sicherheit ihn die schwierigsten militärischen
Aufträge mit stetem Glück zu Ende führen ließ. Aber die glänzendste Gestalt
in des Königs Umgebung war doch sein eigener Sohn Alexandros, der
ritterliche Bezwinger des Bukephalos, der sinnige Schüler des Aristoteles. Ein
schönes Bild, daß „der, der die Welt dem Gedanken erobert hat, den Mann
erzog, der sie mit dem Schwert erobern sollte!"***)

Die Zucht des Heeres war sehr streng, wurden doch i. I. 338 zwei hohe
Offiziere kassirt, weil sie sich eine Lautenschlägerin mit ins Lager gebracht.
Der Troß wurde möglichst vermindert, den Reitern nur je ein Pferdeknecht
gestattet; beim Fußvolke schaffte man die Bagagewagen ab. — Mit Eifer
sorgte Philippos auch für die geistige Bildung seines Offizierkorps, indem er
den jungen Adel soviel als möglich an den Hof zog, hier den „königlichen
Knaben" Lehrvorträge aller Art halten ließ und dann die reifer Gewordenen
als Leibwächter (Somatophylakes) in die Schaaren der Hetairen einreihte,





*) Arrian I> 6. 3.
**) Curtius: Griechische Geschichte.
***) I. G. Droysen, a. a. O.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0428" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/139721"/>
          <list>
            <item> 6 Provinzialregimentern schweren Linienfußvolks zu je 3 oder 4<lb/>
Chiliarchien,</item>
            <item> dem Hypaspistenkorps von wahrscheinlich 6 Chiliarchien,</item>
            <item> den Montisten und Bogenschützen, in Stärke von etwa 2000 Mann,</item>
            <item> den 16 Ital der Ritterschaft von 3000 schweren Pferden und</item>
            <item> den 8 Ital der Sarissvphoren in Stärke von etwa 1000 leichten<lb/>
Pferden.</item>
          </list><lb/>
          <p xml:id="ID_1328"> Ob es eine besonders organisirte Bedienung der ^^«^«5, der Feldgeschütze,<lb/>
gab, die zur Armee gehörten*), ob für den bedeutenden Train und die große<lb/>
Masse des Gefolges besondere Organisationen vorhanden waren, läßt sich aus<lb/>
den Schriftstellern nicht erkennen.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1329"> Die Hauptsache für die Entwickelung des makedonischer Kriegswesens war,<lb/>
daß Philippos nicht blos Gesetze gab und Einrichtungen traf, sondern selbst<lb/>
die Seele des Ganzen blieb und mit überlegener Geisteskraft alle Personen<lb/>
und Verhältnisse beherrschte, das Heer ausbildete und abhärtete, und so einen<lb/>
Staat schuf, der in ihm, dem Heerkönige, seine lebendige Einheit hatte.''"')<lb/>
An ausgezeichneten Gehilfen fehlte es dem Philippos nicht. Unter den zahl¬<lb/>
reichen edlen Geschlechtern, welche seinen Thron umgaben, ragen besonders das<lb/>
des Jollas und das des Philotas hervor. Des Jollas Sohn war Anti-<lb/>
patros oder, wie die Makedonen ihn nannten, Antipas, dessen erprobte<lb/>
Treue und nüchterne Klarheit ihn gleichtüchtig machten zum Feldherrn wie<lb/>
zum Staatsmann, und des Philotas Sohn war der edle Parmenion, dessen<lb/>
besonnener Sinn, dessen muthige Sicherheit ihn die schwierigsten militärischen<lb/>
Aufträge mit stetem Glück zu Ende führen ließ. Aber die glänzendste Gestalt<lb/>
in des Königs Umgebung war doch sein eigener Sohn Alexandros, der<lb/>
ritterliche Bezwinger des Bukephalos, der sinnige Schüler des Aristoteles. Ein<lb/>
schönes Bild, daß &#x201E;der, der die Welt dem Gedanken erobert hat, den Mann<lb/>
erzog, der sie mit dem Schwert erobern sollte!"***)</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1330" next="#ID_1331"> Die Zucht des Heeres war sehr streng, wurden doch i. I. 338 zwei hohe<lb/>
Offiziere kassirt, weil sie sich eine Lautenschlägerin mit ins Lager gebracht.<lb/>
Der Troß wurde möglichst vermindert, den Reitern nur je ein Pferdeknecht<lb/>
gestattet; beim Fußvolke schaffte man die Bagagewagen ab. &#x2014; Mit Eifer<lb/>
sorgte Philippos auch für die geistige Bildung seines Offizierkorps, indem er<lb/>
den jungen Adel soviel als möglich an den Hof zog, hier den &#x201E;königlichen<lb/>
Knaben" Lehrvorträge aller Art halten ließ und dann die reifer Gewordenen<lb/>
als Leibwächter (Somatophylakes) in die Schaaren der Hetairen einreihte,</p><lb/>
          <note xml:id="FID_135" place="foot"> *) Arrian I&gt; 6. 3.</note><lb/>
          <note xml:id="FID_136" place="foot"> **) Curtius: Griechische Geschichte.</note><lb/>
          <note xml:id="FID_137" place="foot"> ***) I. G. Droysen, a. a. O.</note><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0428] 6 Provinzialregimentern schweren Linienfußvolks zu je 3 oder 4 Chiliarchien, dem Hypaspistenkorps von wahrscheinlich 6 Chiliarchien, den Montisten und Bogenschützen, in Stärke von etwa 2000 Mann, den 16 Ital der Ritterschaft von 3000 schweren Pferden und den 8 Ital der Sarissvphoren in Stärke von etwa 1000 leichten Pferden. Ob es eine besonders organisirte Bedienung der ^^«^«5, der Feldgeschütze, gab, die zur Armee gehörten*), ob für den bedeutenden Train und die große Masse des Gefolges besondere Organisationen vorhanden waren, läßt sich aus den Schriftstellern nicht erkennen. Die Hauptsache für die Entwickelung des makedonischer Kriegswesens war, daß Philippos nicht blos Gesetze gab und Einrichtungen traf, sondern selbst die Seele des Ganzen blieb und mit überlegener Geisteskraft alle Personen und Verhältnisse beherrschte, das Heer ausbildete und abhärtete, und so einen Staat schuf, der in ihm, dem Heerkönige, seine lebendige Einheit hatte.''"') An ausgezeichneten Gehilfen fehlte es dem Philippos nicht. Unter den zahl¬ reichen edlen Geschlechtern, welche seinen Thron umgaben, ragen besonders das des Jollas und das des Philotas hervor. Des Jollas Sohn war Anti- patros oder, wie die Makedonen ihn nannten, Antipas, dessen erprobte Treue und nüchterne Klarheit ihn gleichtüchtig machten zum Feldherrn wie zum Staatsmann, und des Philotas Sohn war der edle Parmenion, dessen besonnener Sinn, dessen muthige Sicherheit ihn die schwierigsten militärischen Aufträge mit stetem Glück zu Ende führen ließ. Aber die glänzendste Gestalt in des Königs Umgebung war doch sein eigener Sohn Alexandros, der ritterliche Bezwinger des Bukephalos, der sinnige Schüler des Aristoteles. Ein schönes Bild, daß „der, der die Welt dem Gedanken erobert hat, den Mann erzog, der sie mit dem Schwert erobern sollte!"***) Die Zucht des Heeres war sehr streng, wurden doch i. I. 338 zwei hohe Offiziere kassirt, weil sie sich eine Lautenschlägerin mit ins Lager gebracht. Der Troß wurde möglichst vermindert, den Reitern nur je ein Pferdeknecht gestattet; beim Fußvolke schaffte man die Bagagewagen ab. — Mit Eifer sorgte Philippos auch für die geistige Bildung seines Offizierkorps, indem er den jungen Adel soviel als möglich an den Hof zog, hier den „königlichen Knaben" Lehrvorträge aller Art halten ließ und dann die reifer Gewordenen als Leibwächter (Somatophylakes) in die Schaaren der Hetairen einreihte, *) Arrian I> 6. 3. **) Curtius: Griechische Geschichte. ***) I. G. Droysen, a. a. O.

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341827_157649
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341827_157649/428
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341827_157649/428>, abgerufen am 20.10.2024.