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Die Grenzboten. Jg. 36, 1877, II. Semester. II. Band.

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tenens erholten sich jetzt ebenfalls stetig, <Mr in langsam steigender Progression
schon seit dem Frühjahr 1876; erst im Juni entsprachen sie den durch¬
schnittlichen Kosten, welche die Gewinnung des Oeles erforderte, und erst im
August gingen die Preise sowohl des Rossis als des gereinigten Petroleums
plötzlich stark in die Höhe; denn erst jetzt war der Ring in die volle Wirksam¬
keit eingetreten. Er war, wie wir sahen, aus dem Bedürfnisse entstanden, der
Entwerthung des Fabrikats der Petroleum-Industrie auf den Märkten zu
heben; jetzt verfiel er in das wirthschaftlich verwerfliche Extrem des Mvno-
pvlisirens.

Was hat nun der Pctroleummarkt von dieser Genossenschaft zu fürchten?
Unstreitig liegt im Monopolisiren einer so allgemein nothwendig gewordenen
Handelswaare eine große Gefahr, doch verlangt ebenso unstreitig das eigenste
Interesse des Ringes Maßhalten in der Ausnützung des hiermit erworbenen
Rechtes; denn bei zu hoch hinausgeschraubten Preisen des Petroleums würden
europäische Brennstoffe wie Photogen und Schieferöle mit jenem erfolgreich
die Konkurrenz wieder aufnehmen. Ferner, wenn schon hierin eine starke
Bürgschaft liegt, daß ein maßloses Ausbeuten des Marktes durch den Ring
unmöglich ist, so würden allzureichliche Dividenden der vereinigten amerikanischen
Raffinerien eine Konkurrenz mit großer Kapitalkraft im eigenen Lande erwecken,
die eben wegen ihrer bedeutenden Kapitalien gewiß auch billige Frachtsätze er¬
reichen würde. Endlich aber ist es eine tröstliche Thatsache, daß alle derartigen
privaten Vereinigungen zur Monopolisirung eines Gewerbs- oder Handels¬
zweiges ausnahmslos aus inneren oder äußeren Gründen ein verhältnißmäßig
kurzes Leben haben. Wir erinnern nur an die vielen einst mächtigen Ringe
der amerikanischen Eisenbahnen, der Anthracitgrubenbesitzer und Aehnliches, die
alle nach wenigen Jahren gesprengt waren.

Ein anderes Mittel, der möglicherweise gefährlichen Macht jenes Raffineur-
verbandes zu begegnen, findet sich in den Einrichtungen Frankreichs. Wenn
nämlich die europäischen Staaten von Amerika das Rossi bezögen, die Einfuhr
des gereinigten Petroleums jedoch mit entsprechenden Zöllen belegten, so würde
hierdurch die Kraft des Ringes gebrochen und vielen Einheimischen eine Ar¬
rests- und Verdienstquelle geschaffen werden.

Wir können jedoch erwarten -- und die Preise der ersten Monate des
laufenden Jahres beweisen die Richtigkeit dieser Voraussetzungen -- daß der
Petroleumring sich aller der Gefahren bewußt ist, welche zu viel Machtgefühl
und eine daraus hervorgehende unbillige Preissteigerung für sein eigenes Unter¬
nehmen zur Folge haben würde. Diese Vereinigung hat wesentlich dazu bei¬
getragen, daß der bereits eingetretene Gesundnngsprozeß der amerikanischen
Petroleum-Industrie sich rascher vollzog, indem Preise erzielt wurden, die einen


tenens erholten sich jetzt ebenfalls stetig, <Mr in langsam steigender Progression
schon seit dem Frühjahr 1876; erst im Juni entsprachen sie den durch¬
schnittlichen Kosten, welche die Gewinnung des Oeles erforderte, und erst im
August gingen die Preise sowohl des Rossis als des gereinigten Petroleums
plötzlich stark in die Höhe; denn erst jetzt war der Ring in die volle Wirksam¬
keit eingetreten. Er war, wie wir sahen, aus dem Bedürfnisse entstanden, der
Entwerthung des Fabrikats der Petroleum-Industrie auf den Märkten zu
heben; jetzt verfiel er in das wirthschaftlich verwerfliche Extrem des Mvno-
pvlisirens.

Was hat nun der Pctroleummarkt von dieser Genossenschaft zu fürchten?
Unstreitig liegt im Monopolisiren einer so allgemein nothwendig gewordenen
Handelswaare eine große Gefahr, doch verlangt ebenso unstreitig das eigenste
Interesse des Ringes Maßhalten in der Ausnützung des hiermit erworbenen
Rechtes; denn bei zu hoch hinausgeschraubten Preisen des Petroleums würden
europäische Brennstoffe wie Photogen und Schieferöle mit jenem erfolgreich
die Konkurrenz wieder aufnehmen. Ferner, wenn schon hierin eine starke
Bürgschaft liegt, daß ein maßloses Ausbeuten des Marktes durch den Ring
unmöglich ist, so würden allzureichliche Dividenden der vereinigten amerikanischen
Raffinerien eine Konkurrenz mit großer Kapitalkraft im eigenen Lande erwecken,
die eben wegen ihrer bedeutenden Kapitalien gewiß auch billige Frachtsätze er¬
reichen würde. Endlich aber ist es eine tröstliche Thatsache, daß alle derartigen
privaten Vereinigungen zur Monopolisirung eines Gewerbs- oder Handels¬
zweiges ausnahmslos aus inneren oder äußeren Gründen ein verhältnißmäßig
kurzes Leben haben. Wir erinnern nur an die vielen einst mächtigen Ringe
der amerikanischen Eisenbahnen, der Anthracitgrubenbesitzer und Aehnliches, die
alle nach wenigen Jahren gesprengt waren.

Ein anderes Mittel, der möglicherweise gefährlichen Macht jenes Raffineur-
verbandes zu begegnen, findet sich in den Einrichtungen Frankreichs. Wenn
nämlich die europäischen Staaten von Amerika das Rossi bezögen, die Einfuhr
des gereinigten Petroleums jedoch mit entsprechenden Zöllen belegten, so würde
hierdurch die Kraft des Ringes gebrochen und vielen Einheimischen eine Ar¬
rests- und Verdienstquelle geschaffen werden.

Wir können jedoch erwarten — und die Preise der ersten Monate des
laufenden Jahres beweisen die Richtigkeit dieser Voraussetzungen — daß der
Petroleumring sich aller der Gefahren bewußt ist, welche zu viel Machtgefühl
und eine daraus hervorgehende unbillige Preissteigerung für sein eigenes Unter¬
nehmen zur Folge haben würde. Diese Vereinigung hat wesentlich dazu bei¬
getragen, daß der bereits eingetretene Gesundnngsprozeß der amerikanischen
Petroleum-Industrie sich rascher vollzog, indem Preise erzielt wurden, die einen


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[0063] tenens erholten sich jetzt ebenfalls stetig, <Mr in langsam steigender Progression schon seit dem Frühjahr 1876; erst im Juni entsprachen sie den durch¬ schnittlichen Kosten, welche die Gewinnung des Oeles erforderte, und erst im August gingen die Preise sowohl des Rossis als des gereinigten Petroleums plötzlich stark in die Höhe; denn erst jetzt war der Ring in die volle Wirksam¬ keit eingetreten. Er war, wie wir sahen, aus dem Bedürfnisse entstanden, der Entwerthung des Fabrikats der Petroleum-Industrie auf den Märkten zu heben; jetzt verfiel er in das wirthschaftlich verwerfliche Extrem des Mvno- pvlisirens. Was hat nun der Pctroleummarkt von dieser Genossenschaft zu fürchten? Unstreitig liegt im Monopolisiren einer so allgemein nothwendig gewordenen Handelswaare eine große Gefahr, doch verlangt ebenso unstreitig das eigenste Interesse des Ringes Maßhalten in der Ausnützung des hiermit erworbenen Rechtes; denn bei zu hoch hinausgeschraubten Preisen des Petroleums würden europäische Brennstoffe wie Photogen und Schieferöle mit jenem erfolgreich die Konkurrenz wieder aufnehmen. Ferner, wenn schon hierin eine starke Bürgschaft liegt, daß ein maßloses Ausbeuten des Marktes durch den Ring unmöglich ist, so würden allzureichliche Dividenden der vereinigten amerikanischen Raffinerien eine Konkurrenz mit großer Kapitalkraft im eigenen Lande erwecken, die eben wegen ihrer bedeutenden Kapitalien gewiß auch billige Frachtsätze er¬ reichen würde. Endlich aber ist es eine tröstliche Thatsache, daß alle derartigen privaten Vereinigungen zur Monopolisirung eines Gewerbs- oder Handels¬ zweiges ausnahmslos aus inneren oder äußeren Gründen ein verhältnißmäßig kurzes Leben haben. Wir erinnern nur an die vielen einst mächtigen Ringe der amerikanischen Eisenbahnen, der Anthracitgrubenbesitzer und Aehnliches, die alle nach wenigen Jahren gesprengt waren. Ein anderes Mittel, der möglicherweise gefährlichen Macht jenes Raffineur- verbandes zu begegnen, findet sich in den Einrichtungen Frankreichs. Wenn nämlich die europäischen Staaten von Amerika das Rossi bezögen, die Einfuhr des gereinigten Petroleums jedoch mit entsprechenden Zöllen belegten, so würde hierdurch die Kraft des Ringes gebrochen und vielen Einheimischen eine Ar¬ rests- und Verdienstquelle geschaffen werden. Wir können jedoch erwarten — und die Preise der ersten Monate des laufenden Jahres beweisen die Richtigkeit dieser Voraussetzungen — daß der Petroleumring sich aller der Gefahren bewußt ist, welche zu viel Machtgefühl und eine daraus hervorgehende unbillige Preissteigerung für sein eigenes Unter¬ nehmen zur Folge haben würde. Diese Vereinigung hat wesentlich dazu bei¬ getragen, daß der bereits eingetretene Gesundnngsprozeß der amerikanischen Petroleum-Industrie sich rascher vollzog, indem Preise erzielt wurden, die einen

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 36, 1877, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341825_157645/63>, abgerufen am 22.07.2024.