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Die Grenzboten. Jg. 36, 1877, II. Semester. II. Band.

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erstlich an den König seine Hände gelegt mit diesen Worten: "Nun will ich
sehen, welcher unter uns der beste Kämpfer sei", und mit dem Dolch ausge¬
wonnen und dem Könige in die Brust stechen wollen. Der König aber hätte
dem Fürsten den Dollich ausgerissen und ihm selbst denselben in Leib gestoßen,
und obwohl der Fürst ein Mal ans den König gestochen, Hütte er ihn doch
nicht beleidigen können, denn er unter dem Kleide gewapnet gewesen. Es hätte
auch, sagte man mir, die Königin öffentlich groß Leid gestellet, als sie ver¬
nommen, daß ihr Bruder vom Könige umgebracht worden wär, ihre Haare
ausgerauft, die Hände gewunden, geschrieen und gehenket. Da aber der König
dazu kommen, hat er sie betrauet, sich uicht dermaßen ungeberdig zu stellen,
auch ihr von der Verrätherei, die über ihn angestellet worden, vermeldet, ist
sie bald von ihrem Fürnehmen abgestanden und sich zur Ruhe begeben.

"Es schickte aber der König banalen zum Papst und ließ sich allda mit
Rathe belehren, was er mit dem Bischöfe angeben und fürnehmen sollte. Er
ließ anch das Gerichte mit Beisitzern, so dazu gehörig, über die anderen, so
mit in diesem Bündniß gewesen, erkennen und vermeinte der König dieselben
auch nach Besage des Rechtes richten zu lassen. Da er einen solchen Prozeß
mit dem Fürsten auch fürgenommen, wäre ihm viel rühmlicher und besser
gewesen."

Unser Ritter verließ nun Lissabon am 21. September 1484 und ging zu
Schiffe nach Lagos in Algarbien. Von da ging er zu Fuß und zu Pferde
über Färö nach Tavira, dort fand er "sehr viele Kaufleute von Flandern, die
kauften Rosinen und Feigen." -- Am Freitage nach Se. Francisci Tag segelte
er "über Meer 8 Meilen nud kam in ein Märktlein Lepe genannt, im König¬
reich Castilien gelegen."




Türkische Politik und Staatswirtljschaft.
i.

Vor Kurzem ist im Verlage von Duncker und Humblot in Leipzig aus
der Feder eines "Osmanen" die "neue Folge" eines Werkes erschienen*), dessen
erster Theil s. Z. großes und berechtigtes Aufsehen machte. Auch der vorlie¬
gende neue Band ist in hohem Grade interessant. Das Buch wird gewiß noch
benützt und gelesen werden, wenn der blutige Kampf zwischen Rußland und
der Türkei längst ausgekämpft sein, die Lösung der orientalischen Frage, welche



*) Stambul und das moderne Türkenthum. Politische, soziale und biogrl
phische Bilder von einem Osmanen, Neue Folge. Leipzig, Duncker n. Humblot, >"7">

erstlich an den König seine Hände gelegt mit diesen Worten: „Nun will ich
sehen, welcher unter uns der beste Kämpfer sei", und mit dem Dolch ausge¬
wonnen und dem Könige in die Brust stechen wollen. Der König aber hätte
dem Fürsten den Dollich ausgerissen und ihm selbst denselben in Leib gestoßen,
und obwohl der Fürst ein Mal ans den König gestochen, Hütte er ihn doch
nicht beleidigen können, denn er unter dem Kleide gewapnet gewesen. Es hätte
auch, sagte man mir, die Königin öffentlich groß Leid gestellet, als sie ver¬
nommen, daß ihr Bruder vom Könige umgebracht worden wär, ihre Haare
ausgerauft, die Hände gewunden, geschrieen und gehenket. Da aber der König
dazu kommen, hat er sie betrauet, sich uicht dermaßen ungeberdig zu stellen,
auch ihr von der Verrätherei, die über ihn angestellet worden, vermeldet, ist
sie bald von ihrem Fürnehmen abgestanden und sich zur Ruhe begeben.

„Es schickte aber der König banalen zum Papst und ließ sich allda mit
Rathe belehren, was er mit dem Bischöfe angeben und fürnehmen sollte. Er
ließ anch das Gerichte mit Beisitzern, so dazu gehörig, über die anderen, so
mit in diesem Bündniß gewesen, erkennen und vermeinte der König dieselben
auch nach Besage des Rechtes richten zu lassen. Da er einen solchen Prozeß
mit dem Fürsten auch fürgenommen, wäre ihm viel rühmlicher und besser
gewesen."

Unser Ritter verließ nun Lissabon am 21. September 1484 und ging zu
Schiffe nach Lagos in Algarbien. Von da ging er zu Fuß und zu Pferde
über Färö nach Tavira, dort fand er „sehr viele Kaufleute von Flandern, die
kauften Rosinen und Feigen." — Am Freitage nach Se. Francisci Tag segelte
er „über Meer 8 Meilen nud kam in ein Märktlein Lepe genannt, im König¬
reich Castilien gelegen."




Türkische Politik und Staatswirtljschaft.
i.

Vor Kurzem ist im Verlage von Duncker und Humblot in Leipzig aus
der Feder eines „Osmanen" die „neue Folge" eines Werkes erschienen*), dessen
erster Theil s. Z. großes und berechtigtes Aufsehen machte. Auch der vorlie¬
gende neue Band ist in hohem Grade interessant. Das Buch wird gewiß noch
benützt und gelesen werden, wenn der blutige Kampf zwischen Rußland und
der Türkei längst ausgekämpft sein, die Lösung der orientalischen Frage, welche



*) Stambul und das moderne Türkenthum. Politische, soziale und biogrl
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 36, 1877, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341825_157645/468>, abgerufen am 22.07.2024.