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Die Grenzboten. Jg. 36, 1877, II. Semester. II. Band.

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die Farbe des betreffenden Thieres, z. B. "Ein rother Ochse mit einem weißen
Kopfe", desgleichen dessen Besitzer und spricht dann: "Unser Herrgott und
Sankt Petrus gingen in den grünen Wald; sie suchten ein Kind und fanden
ein Rind, das Rind hatte eine Qualster (Baumwanze, die als Ursache der
Anschwellung betrachtet wird); Du sollst zerknaschen (zerknirschen), aber nicht
verbeschen (zerbersten). Im Namen", u. s. w. Das ist dreimal, und zwar
das dritte Mal mit einem Schlußamen zu sprechen. Ferner gegen dieselbe
Krankheit: "Ich stand auf der Niederthür und sah gegen Sonnenaufgang und
sah die Viehblattev unter der Zunge. Wo bist du, wenn du roth oder schwarz
gebaut bist? Wo bist Du, wenn Dn roth oder weiß gefärbt bist? Muß man
es nehmen, daß dn brichst und nicht zerbirst? Das befiehlt dir der liebe Herr
Jesus Christ. Im Namen", u. f. w.

Gegen den Grind beim Rindvieh: Man geht an drei Morgen nach einander
und zwar so, daß mau mit dem letzten Freitage im abnehmenden Lichte
anfängt, vor Sonnenaufgang stillschweigend nach dem Stalle, streicht dreimal
mit der Hand von der Nase des kranken Thieres bis zu dessen Schwanz und
spricht: "Guten Morgen, Zeltern! Dn sollst weichen vom Rindfleisch wie der
Jude vom Schweinefleisch. Im Namen" u. s. w. Am dritten Tage sagt man
am Schlüsse der Formel dreimal Amen."

Gegen die rothe Milch der Kühe: "Eine rothe Kuh hab' ich gesehen, die
hat Blattern im Kopf, im Maul und im Leibe. Daß sie so geehrt sei wie
der Kelch und der Wein und das liebe Himmelsbrot. Im Namen", u. s. w.

Endlich gegen das Verfangen der Schweine: Man spricht: Dieses Schwein
hat sich verfangen, unser Herr Christus ist gehangen; unser Herr Christus ist
los vom Hangen, so ist dies Schwein los vom Verfangen." (Eine haar¬
sträubende Naivetät!) Dabei wird das Thier dreimal vom Kopfe bis zum
Schwänze gestrichen. Hat es sich im Wasser verfangen, so stellt sich der
Zaubernde auf die linke Seite des Thieres, faßt dessen rechtes Ohr und sagt:
"Hast du dich verfangen im Water, so helf dir Gott durch Marias Vater."
Hat es sich im Winde verfangen, so spricht jener: "Hast du dich verfangen im
Wind, so helf dir Gott durch Marias Kind." Hat es sich im Futter die
Krankheit geholt, so sagt der Beschwörer: "Hast du dich verfangen im Futter,
so helf dir Gott durch Marias Mutter."

Andere Zauberkuren, die wir den sympathetischen beizurechnen haben, sind:
Das Abbinden, das Vergraben, das Ab schreiben, Abstreifen, Ab¬
nehmen oder Messen der Krankheit.

Das Abbinden wird nur gegen Fieber, Kopfschmerz und Warzen an¬
gewendet und in verschiedener Weise vorgenommen. Beispiele find folgende:
Im Lauenburgischen wie in Mecklenburg wickelt sich der Fieberkranke einen


die Farbe des betreffenden Thieres, z. B. „Ein rother Ochse mit einem weißen
Kopfe", desgleichen dessen Besitzer und spricht dann: „Unser Herrgott und
Sankt Petrus gingen in den grünen Wald; sie suchten ein Kind und fanden
ein Rind, das Rind hatte eine Qualster (Baumwanze, die als Ursache der
Anschwellung betrachtet wird); Du sollst zerknaschen (zerknirschen), aber nicht
verbeschen (zerbersten). Im Namen", u. s. w. Das ist dreimal, und zwar
das dritte Mal mit einem Schlußamen zu sprechen. Ferner gegen dieselbe
Krankheit: „Ich stand auf der Niederthür und sah gegen Sonnenaufgang und
sah die Viehblattev unter der Zunge. Wo bist du, wenn du roth oder schwarz
gebaut bist? Wo bist Du, wenn Dn roth oder weiß gefärbt bist? Muß man
es nehmen, daß dn brichst und nicht zerbirst? Das befiehlt dir der liebe Herr
Jesus Christ. Im Namen", u. f. w.

Gegen den Grind beim Rindvieh: Man geht an drei Morgen nach einander
und zwar so, daß mau mit dem letzten Freitage im abnehmenden Lichte
anfängt, vor Sonnenaufgang stillschweigend nach dem Stalle, streicht dreimal
mit der Hand von der Nase des kranken Thieres bis zu dessen Schwanz und
spricht: „Guten Morgen, Zeltern! Dn sollst weichen vom Rindfleisch wie der
Jude vom Schweinefleisch. Im Namen" u. s. w. Am dritten Tage sagt man
am Schlüsse der Formel dreimal Amen."

Gegen die rothe Milch der Kühe: „Eine rothe Kuh hab' ich gesehen, die
hat Blattern im Kopf, im Maul und im Leibe. Daß sie so geehrt sei wie
der Kelch und der Wein und das liebe Himmelsbrot. Im Namen", u. s. w.

Endlich gegen das Verfangen der Schweine: Man spricht: Dieses Schwein
hat sich verfangen, unser Herr Christus ist gehangen; unser Herr Christus ist
los vom Hangen, so ist dies Schwein los vom Verfangen." (Eine haar¬
sträubende Naivetät!) Dabei wird das Thier dreimal vom Kopfe bis zum
Schwänze gestrichen. Hat es sich im Wasser verfangen, so stellt sich der
Zaubernde auf die linke Seite des Thieres, faßt dessen rechtes Ohr und sagt:
„Hast du dich verfangen im Water, so helf dir Gott durch Marias Vater."
Hat es sich im Winde verfangen, so spricht jener: „Hast du dich verfangen im
Wind, so helf dir Gott durch Marias Kind." Hat es sich im Futter die
Krankheit geholt, so sagt der Beschwörer: „Hast du dich verfangen im Futter,
so helf dir Gott durch Marias Mutter."

Andere Zauberkuren, die wir den sympathetischen beizurechnen haben, sind:
Das Abbinden, das Vergraben, das Ab schreiben, Abstreifen, Ab¬
nehmen oder Messen der Krankheit.

Das Abbinden wird nur gegen Fieber, Kopfschmerz und Warzen an¬
gewendet und in verschiedener Weise vorgenommen. Beispiele find folgende:
Im Lauenburgischen wie in Mecklenburg wickelt sich der Fieberkranke einen


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 36, 1877, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341825_157645/185>, abgerufen am 22.07.2024.