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Die Grenzboten. Jg. 36, 1877, II. Semester. II. Band.

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^'esse sein, Näheres über dieselbe zu vernehmen, vor Allein deshalb, weil man
Ul Bruchsal die Gefolgschaft der Partei in den einzelnen süddeutschen Ländern
Revue passiren ließ und mithin diese Zusammenkunft sich wesentlich zu einer
deutsch-konservativen Heerschau gestaltete. Unsere Deutsch-Konservativen, dieser
Vwjamin unter den politischen Parteien der Gegenwart, haben bereits gewußt,
"le Welt mit so viel Lärm über ihre Existenz und ihre Leistungen zu erfüllen,
daß man sie gewiß gerne einmal in Parade defiliren sieht. Zahl, Haltung,
Ausrüstung der Truppen, Befähigung und Chargenstellung der Offiziere notirt
'"an. Wie es um den Troß beschaffen ist, was die Marketender- und Bagage-
^ager führen, wie die Nachzügler und Marodeurs dreinschaue", kann sich dann
^eder vorstellen, ohne daß er seine Phantasie besonders anzustrengen hätte.
Doch zur Sache.

Ju Bruchsal waren im Ganzen 51 Männer aus den verschiedensten Lebens-
!^klungen erschienen und zwar aus Baiern 9, darunter 4 aus der Pfalz, aus
^ürtemberg 12, aus Hesse" und Frankfurt 3 und aus Baden 27. Als geistiger
^>ter der Versammlung erscheint Oberkirchenrath Dr. Mühlhäußer, der
^uge, vielgewandte geistlich-weltliche Agitator und Pfarrer von Wilferdingen
(Baden). Das Präsidium führte Direktor Fetz er aus Stuttgart. Zunächst
^'statteten einzelne Herren aus den verschiedenen süddeutschen Ländern Bericht
"^r den Stand der konservativen Sache in ihrer Heimath. Ueber Baden
^ferirt Freiherr v. Göler aus Karlsruhe: Die noch vor zwei Jahren lediglich
rein kirchlich-pietistische Gruppe angesehene konservative Partei werde jetzt
als Glied einer großen deutschen Partei betrachtet. Eben diese Gründung der
deutsch-konservativen Partei für das ganze Reich habe die Partei in Baden zu
^nigen Ansehen gebracht. Nebst diesem und noch mehr hätten dazu die ge¬
werblichen, sozialen und politischen Verhältnisse beigetragen; "denn je mehr
laure und bittere Früchte unseres liberalen Regiments dem Volke in den
Schooß fielen, desto zugänglicher ist dasselbe natürlich für eine gesunde, kon¬
s
ervative Politik geworden. Es sind dies vor Allem die industriellen (hört!
port!) und landwirtschaftlichen Kreise."

Vaiern wird von einem Herrn Müller (Pfarrer?) aus Mörlbach vor¬
führt, und zwar in recht naiver Weise. Man höre: "Es dünkt uns, wir
<"Uern hätten es am allerschwersten. Die Städte sind, wenn man es deutsch
lagen will, in den Händen der Reformjuden. Erfolge bei Wahlen können wir
nicht nachweisen und wir müssen uns deshalb vor der Hand darauf be¬
schränken, zu zeigen, daß wir da sind. Bei Stichwahlen haben wir den Fort-
Ichrittsleuten gegen die Sozialdemokraten zum Sieg verholfen. Es wäre viel-
öttcht besser gewesen, die Liberalen in den sozialdemokratischen Hexenkessel fallen
blassen; aber wir Konservative sind eben seelengute Menschen."


^'esse sein, Näheres über dieselbe zu vernehmen, vor Allein deshalb, weil man
Ul Bruchsal die Gefolgschaft der Partei in den einzelnen süddeutschen Ländern
Revue passiren ließ und mithin diese Zusammenkunft sich wesentlich zu einer
deutsch-konservativen Heerschau gestaltete. Unsere Deutsch-Konservativen, dieser
Vwjamin unter den politischen Parteien der Gegenwart, haben bereits gewußt,
"le Welt mit so viel Lärm über ihre Existenz und ihre Leistungen zu erfüllen,
daß man sie gewiß gerne einmal in Parade defiliren sieht. Zahl, Haltung,
Ausrüstung der Truppen, Befähigung und Chargenstellung der Offiziere notirt
'»an. Wie es um den Troß beschaffen ist, was die Marketender- und Bagage-
^ager führen, wie die Nachzügler und Marodeurs dreinschaue», kann sich dann
^eder vorstellen, ohne daß er seine Phantasie besonders anzustrengen hätte.
Doch zur Sache.

Ju Bruchsal waren im Ganzen 51 Männer aus den verschiedensten Lebens-
!^klungen erschienen und zwar aus Baiern 9, darunter 4 aus der Pfalz, aus
^ürtemberg 12, aus Hesse« und Frankfurt 3 und aus Baden 27. Als geistiger
^>ter der Versammlung erscheint Oberkirchenrath Dr. Mühlhäußer, der
^uge, vielgewandte geistlich-weltliche Agitator und Pfarrer von Wilferdingen
(Baden). Das Präsidium führte Direktor Fetz er aus Stuttgart. Zunächst
^'statteten einzelne Herren aus den verschiedenen süddeutschen Ländern Bericht
"^r den Stand der konservativen Sache in ihrer Heimath. Ueber Baden
^ferirt Freiherr v. Göler aus Karlsruhe: Die noch vor zwei Jahren lediglich
rein kirchlich-pietistische Gruppe angesehene konservative Partei werde jetzt
als Glied einer großen deutschen Partei betrachtet. Eben diese Gründung der
deutsch-konservativen Partei für das ganze Reich habe die Partei in Baden zu
^nigen Ansehen gebracht. Nebst diesem und noch mehr hätten dazu die ge¬
werblichen, sozialen und politischen Verhältnisse beigetragen; „denn je mehr
laure und bittere Früchte unseres liberalen Regiments dem Volke in den
Schooß fielen, desto zugänglicher ist dasselbe natürlich für eine gesunde, kon¬
s
ervative Politik geworden. Es sind dies vor Allem die industriellen (hört!
port!) und landwirtschaftlichen Kreise."

Vaiern wird von einem Herrn Müller (Pfarrer?) aus Mörlbach vor¬
führt, und zwar in recht naiver Weise. Man höre: „Es dünkt uns, wir
<"Uern hätten es am allerschwersten. Die Städte sind, wenn man es deutsch
lagen will, in den Händen der Reformjuden. Erfolge bei Wahlen können wir
nicht nachweisen und wir müssen uns deshalb vor der Hand darauf be¬
schränken, zu zeigen, daß wir da sind. Bei Stichwahlen haben wir den Fort-
Ichrittsleuten gegen die Sozialdemokraten zum Sieg verholfen. Es wäre viel-
öttcht besser gewesen, die Liberalen in den sozialdemokratischen Hexenkessel fallen
blassen; aber wir Konservative sind eben seelengute Menschen."


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[0159] ^'esse sein, Näheres über dieselbe zu vernehmen, vor Allein deshalb, weil man Ul Bruchsal die Gefolgschaft der Partei in den einzelnen süddeutschen Ländern Revue passiren ließ und mithin diese Zusammenkunft sich wesentlich zu einer deutsch-konservativen Heerschau gestaltete. Unsere Deutsch-Konservativen, dieser Vwjamin unter den politischen Parteien der Gegenwart, haben bereits gewußt, "le Welt mit so viel Lärm über ihre Existenz und ihre Leistungen zu erfüllen, daß man sie gewiß gerne einmal in Parade defiliren sieht. Zahl, Haltung, Ausrüstung der Truppen, Befähigung und Chargenstellung der Offiziere notirt '»an. Wie es um den Troß beschaffen ist, was die Marketender- und Bagage- ^ager führen, wie die Nachzügler und Marodeurs dreinschaue», kann sich dann ^eder vorstellen, ohne daß er seine Phantasie besonders anzustrengen hätte. Doch zur Sache. Ju Bruchsal waren im Ganzen 51 Männer aus den verschiedensten Lebens- !^klungen erschienen und zwar aus Baiern 9, darunter 4 aus der Pfalz, aus ^ürtemberg 12, aus Hesse« und Frankfurt 3 und aus Baden 27. Als geistiger ^>ter der Versammlung erscheint Oberkirchenrath Dr. Mühlhäußer, der ^uge, vielgewandte geistlich-weltliche Agitator und Pfarrer von Wilferdingen (Baden). Das Präsidium führte Direktor Fetz er aus Stuttgart. Zunächst ^'statteten einzelne Herren aus den verschiedenen süddeutschen Ländern Bericht "^r den Stand der konservativen Sache in ihrer Heimath. Ueber Baden ^ferirt Freiherr v. Göler aus Karlsruhe: Die noch vor zwei Jahren lediglich rein kirchlich-pietistische Gruppe angesehene konservative Partei werde jetzt als Glied einer großen deutschen Partei betrachtet. Eben diese Gründung der deutsch-konservativen Partei für das ganze Reich habe die Partei in Baden zu ^nigen Ansehen gebracht. Nebst diesem und noch mehr hätten dazu die ge¬ werblichen, sozialen und politischen Verhältnisse beigetragen; „denn je mehr laure und bittere Früchte unseres liberalen Regiments dem Volke in den Schooß fielen, desto zugänglicher ist dasselbe natürlich für eine gesunde, kon¬ s ervative Politik geworden. Es sind dies vor Allem die industriellen (hört! port!) und landwirtschaftlichen Kreise." Vaiern wird von einem Herrn Müller (Pfarrer?) aus Mörlbach vor¬ führt, und zwar in recht naiver Weise. Man höre: „Es dünkt uns, wir <"Uern hätten es am allerschwersten. Die Städte sind, wenn man es deutsch lagen will, in den Händen der Reformjuden. Erfolge bei Wahlen können wir nicht nachweisen und wir müssen uns deshalb vor der Hand darauf be¬ schränken, zu zeigen, daß wir da sind. Bei Stichwahlen haben wir den Fort- Ichrittsleuten gegen die Sozialdemokraten zum Sieg verholfen. Es wäre viel- öttcht besser gewesen, die Liberalen in den sozialdemokratischen Hexenkessel fallen blassen; aber wir Konservative sind eben seelengute Menschen."

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 36, 1877, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341825_157645/159>, abgerufen am 22.07.2024.