Die Grenzboten. Jg. 36, 1877, II. Semester. II. Band.Privilegien und Gnaden und in dem "Breslischen Stadtrecht" und den, Privilegien und Gnaden und in dem „Breslischen Stadtrecht" und den, <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0135" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/138894"/> <p xml:id="ID_360" prev="#ID_359" next="#ID_361"> Privilegien und Gnaden und in dem „Breslischen Stadtrecht" und den,<lb/> „Rechten Wege" geblättert haben mochten, nicht wohl bestehen; da führten<lb/> schon lange die „Doktores" das große Wort, Schreiber der Fürsten und<lb/> Städte, Landeshauptleute und geistliche Würdenträger. Nach römischem Recht<lb/> wurde dort verfahren, oft genug mit lächerlicher Silbenstecherei und sophistischen<lb/> Advokatenkniffen, in denen jene ersten praktischen Vertreter römischer Rechts'<lb/> Weisheit das Unglaublichste leisteten. Ganz vor kurzem erst hatte Breslau<lb/> einen Doktor beider Rechte für seinen Dienst gewonnen, noch war er abwesend,<lb/> aber des Herzogs Ladungen erheischten sein unverzügliches Eintreffen. Am<lb/> Sonntag vor Bartholomäi 1509 schrieben die Breslauer an ihn, den<lb/> „achtbaren würdigen Herrn Doktor Wolfgang Kotwig, beider Rechte Lehrer,<lb/> unsern Syndikus, besonders guten Freund und Gönner." — „Unserer Beredung<lb/> "ach mit Euer Würden allhier gehabt, bitten und begehren wir, Euer<lb/> Würden wollen Sich ohne Verzug, aufs schierste ander zu uns verfügen, denn<lb/> wir genöthigter Sachen, gemeine Stadt Breslau belangender Euer Würden<lb/> bedürfende sind und wird Eure Würde bei unserm Stadtschreiber Gregorius<lb/> Morenberg Behausung, Herberge und Tisch haben, als uns bedunket, sehr füglich.<lb/> Wir werden auch unterrichtet, daß der Erlauchte Fürst und Herr, Bartholomäus,<lb/> Herzog in Schlesien zu Münsterberg einen edeln Mann, Balthasar Bischofs¬<lb/> heim genannt, seinen Hauptmann, zu Leipzig und vielleicht auch zu Magdeburg<lb/> gehabt, sich in Rechten wider uns belehren zu lassen. Wollet möglichen Fleiß<lb/> anwenden zu erfahren, bei wem genannter Bischofsheim sich Rechts erholt<lb/> und des Rechten sich habe belehren lassen und was er erlanget habe, und<lb/> das zeitlich zu erkennen geben." Etwas zurückhaltend belehren sie den Doktor<lb/> über deu Grund des Streites: „Es hat diese Stadt Breslau eine freie Küre,<lb/> alle Jahre neue Rathmannen und Schöffen als Regierer der Stadt zu tiefen,<lb/> und bestätigen also die alten Rathmannen die neuen. Also hat sich vor zwei<lb/> Jahren begeben, daß einer unserer Bürger, mit Namen Christoph Rindfleisch,<lb/> Zu einem Schöffen unter Andern benannt ist worden, doch zu solchen! Amte<lb/> uicht gesetzt ist noch geschworen hat, denn es ist eine Weigerung auf der Zeit<lb/> in der Küre der neuen Schöffen aus anlangender Noth der Stadt worden,<lb/> also daß genannter Christoph Rindfleisch außen gelassen und ein anderer an<lb/> seine Stelle gekoren, verordnet und gesetzt ist, gemeinem Nutzen der Stadt zu<lb/> gute und Niemand zu Verdruß. Danach hat Herzog Bartholomäus des<lb/> Königs Majestät vortragen lassen, wir hätten gedachten Christoph Rindfleisch<lb/> in seinen Ehren verletzt und also gethan wider der Königlichen Majestät recht¬<lb/> lichen Ausspruch, dahin ausgedrückt, daß Christoph Rindfleisch und seine Geschwister<lb/> an ihren Ehren einer That halber, von ihrem Vater geschehen, von Niemand<lb/> sollen beschulden noch getadelt, sondern an ehrlichen Aemtern sollen erhalten</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0135]
Privilegien und Gnaden und in dem „Breslischen Stadtrecht" und den,
„Rechten Wege" geblättert haben mochten, nicht wohl bestehen; da führten
schon lange die „Doktores" das große Wort, Schreiber der Fürsten und
Städte, Landeshauptleute und geistliche Würdenträger. Nach römischem Recht
wurde dort verfahren, oft genug mit lächerlicher Silbenstecherei und sophistischen
Advokatenkniffen, in denen jene ersten praktischen Vertreter römischer Rechts'
Weisheit das Unglaublichste leisteten. Ganz vor kurzem erst hatte Breslau
einen Doktor beider Rechte für seinen Dienst gewonnen, noch war er abwesend,
aber des Herzogs Ladungen erheischten sein unverzügliches Eintreffen. Am
Sonntag vor Bartholomäi 1509 schrieben die Breslauer an ihn, den
„achtbaren würdigen Herrn Doktor Wolfgang Kotwig, beider Rechte Lehrer,
unsern Syndikus, besonders guten Freund und Gönner." — „Unserer Beredung
"ach mit Euer Würden allhier gehabt, bitten und begehren wir, Euer
Würden wollen Sich ohne Verzug, aufs schierste ander zu uns verfügen, denn
wir genöthigter Sachen, gemeine Stadt Breslau belangender Euer Würden
bedürfende sind und wird Eure Würde bei unserm Stadtschreiber Gregorius
Morenberg Behausung, Herberge und Tisch haben, als uns bedunket, sehr füglich.
Wir werden auch unterrichtet, daß der Erlauchte Fürst und Herr, Bartholomäus,
Herzog in Schlesien zu Münsterberg einen edeln Mann, Balthasar Bischofs¬
heim genannt, seinen Hauptmann, zu Leipzig und vielleicht auch zu Magdeburg
gehabt, sich in Rechten wider uns belehren zu lassen. Wollet möglichen Fleiß
anwenden zu erfahren, bei wem genannter Bischofsheim sich Rechts erholt
und des Rechten sich habe belehren lassen und was er erlanget habe, und
das zeitlich zu erkennen geben." Etwas zurückhaltend belehren sie den Doktor
über deu Grund des Streites: „Es hat diese Stadt Breslau eine freie Küre,
alle Jahre neue Rathmannen und Schöffen als Regierer der Stadt zu tiefen,
und bestätigen also die alten Rathmannen die neuen. Also hat sich vor zwei
Jahren begeben, daß einer unserer Bürger, mit Namen Christoph Rindfleisch,
Zu einem Schöffen unter Andern benannt ist worden, doch zu solchen! Amte
uicht gesetzt ist noch geschworen hat, denn es ist eine Weigerung auf der Zeit
in der Küre der neuen Schöffen aus anlangender Noth der Stadt worden,
also daß genannter Christoph Rindfleisch außen gelassen und ein anderer an
seine Stelle gekoren, verordnet und gesetzt ist, gemeinem Nutzen der Stadt zu
gute und Niemand zu Verdruß. Danach hat Herzog Bartholomäus des
Königs Majestät vortragen lassen, wir hätten gedachten Christoph Rindfleisch
in seinen Ehren verletzt und also gethan wider der Königlichen Majestät recht¬
lichen Ausspruch, dahin ausgedrückt, daß Christoph Rindfleisch und seine Geschwister
an ihren Ehren einer That halber, von ihrem Vater geschehen, von Niemand
sollen beschulden noch getadelt, sondern an ehrlichen Aemtern sollen erhalten
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