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Die Grenzboten. Jg. 36, 1877, I. Semester. II. Band.

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der Verbindung nicht dulden dürfe. Das wäre allerdings das Richtige ge¬
wesen, nur hätte man dann den Gesellen einen Antheil am Regiments geben,
sie den Meistern einigermaßen gleichstellen müssen, wie dies bei einigen der
großen Handwerke, den Gerbern, den Wagnern, Hutmachern, Maurern und
Steinmetzen wirklich der Fall war, wo keine Absonderung der Gesellen und
keine Auflehnung gegen die Meister stattfand. Bei den andern bestrebten
sich die letzteren, die Gesellen in untergeordneter Stellung zu erhalten.
Dessen waren sie aber um so weniger fähig, je mehr das Wandern erleichtert
und gefördert wurde. Immer hatten die Gesellen das voraus, daß sie nicht
an den Ort gebunden waren. Um nun den Gesellenverbindungen die Spitze
abzubrechen, beschlossen Handwerke und Magistrate, ihnen eine Ueberwachung
durch Meister beizugeben und jede Versammlung ohne deren Anwesenheit zu
untersagen. Zuerst heißt es bloß, es sei den Gesellen kein Gebot, d. l>. keine
Versammlung, ohne Wissen und Willen der Meister zugelassen. So 1421 in
Frankfurt und Basel, und 1457 beschloß der Schneidertag der 20 Rheinstädte
dasselbe. 1472 aber spricht die freiburger Schneiderordnung schon ans:
"Sollen kein Gebot haben ohne des Zunftmeisters Erlaubniß, und der soll
wenigstens einen Meister von der Zunft zugeben, der im Gebot fortwährend
bei ihnen ist. hören und merken kann Händel, Vornehmen und Willen, daß da
nichts Ungebührliches wider Herrschaft, Rath, Zunft und gemeines Wesen vor¬
genommen wird." Die Wollweberordnung zu Baden von 1486 endlich bestimmt, daß
keine Gesellenversammlung abgehalten werde, "die Meister seien denn dabei."
Diese Bestimmung läuft uun durch alle folgenden Jahrhunderte fort, so daß
auch die ganze Einrichtung, das Ceremoniell und die Anreden der genannten
Zusammenkünfte darnach zugeschnitten sind.

Das die Gesellenverbindungen im fünfzehnten Jahrhundert schon in großem
Umfange bestanden, steht nach dem Obigen fest. Es ist aber zugleich zu be¬
merken, daß die Knechte bereits weiter griffen und, wie schon angedeutet, von
Ort zu Ort mit einander in Verbindung traten. Die Ausdehnung der Ge¬
sellenverbindungen über den Ort hinaus war schon damit gegeben, daß auch
Auswärtige eintreten und Einheimische beim Wandern Mitglieder bleiben konnten.
Beweise dafür, daß sie schon früh bestand, liefert.Stahl. 1407 fand ein Auf¬
stand der Schuster zwischen Hagenau und Rheinfelden statt sowie eine gemein¬
schaftliche Besprechung der dortigen Knechte des Handwerks. Ferner nennt
eine Korrespondenz zwischen dein Stadtrath von Basel und dem von Frei¬
burg aus dem Jahre 1421 geradezu Gesellentage und bezeichnet die dort ver¬
handelten Gegenstände. Noch deutlicher geschieht dies in einem weiteren
Schreiben des baseler Raths an den freiburger, welches im Jahre 1425 erging.
Es heißt da:


der Verbindung nicht dulden dürfe. Das wäre allerdings das Richtige ge¬
wesen, nur hätte man dann den Gesellen einen Antheil am Regiments geben,
sie den Meistern einigermaßen gleichstellen müssen, wie dies bei einigen der
großen Handwerke, den Gerbern, den Wagnern, Hutmachern, Maurern und
Steinmetzen wirklich der Fall war, wo keine Absonderung der Gesellen und
keine Auflehnung gegen die Meister stattfand. Bei den andern bestrebten
sich die letzteren, die Gesellen in untergeordneter Stellung zu erhalten.
Dessen waren sie aber um so weniger fähig, je mehr das Wandern erleichtert
und gefördert wurde. Immer hatten die Gesellen das voraus, daß sie nicht
an den Ort gebunden waren. Um nun den Gesellenverbindungen die Spitze
abzubrechen, beschlossen Handwerke und Magistrate, ihnen eine Ueberwachung
durch Meister beizugeben und jede Versammlung ohne deren Anwesenheit zu
untersagen. Zuerst heißt es bloß, es sei den Gesellen kein Gebot, d. l>. keine
Versammlung, ohne Wissen und Willen der Meister zugelassen. So 1421 in
Frankfurt und Basel, und 1457 beschloß der Schneidertag der 20 Rheinstädte
dasselbe. 1472 aber spricht die freiburger Schneiderordnung schon ans:
„Sollen kein Gebot haben ohne des Zunftmeisters Erlaubniß, und der soll
wenigstens einen Meister von der Zunft zugeben, der im Gebot fortwährend
bei ihnen ist. hören und merken kann Händel, Vornehmen und Willen, daß da
nichts Ungebührliches wider Herrschaft, Rath, Zunft und gemeines Wesen vor¬
genommen wird." Die Wollweberordnung zu Baden von 1486 endlich bestimmt, daß
keine Gesellenversammlung abgehalten werde, „die Meister seien denn dabei."
Diese Bestimmung läuft uun durch alle folgenden Jahrhunderte fort, so daß
auch die ganze Einrichtung, das Ceremoniell und die Anreden der genannten
Zusammenkünfte darnach zugeschnitten sind.

Das die Gesellenverbindungen im fünfzehnten Jahrhundert schon in großem
Umfange bestanden, steht nach dem Obigen fest. Es ist aber zugleich zu be¬
merken, daß die Knechte bereits weiter griffen und, wie schon angedeutet, von
Ort zu Ort mit einander in Verbindung traten. Die Ausdehnung der Ge¬
sellenverbindungen über den Ort hinaus war schon damit gegeben, daß auch
Auswärtige eintreten und Einheimische beim Wandern Mitglieder bleiben konnten.
Beweise dafür, daß sie schon früh bestand, liefert.Stahl. 1407 fand ein Auf¬
stand der Schuster zwischen Hagenau und Rheinfelden statt sowie eine gemein¬
schaftliche Besprechung der dortigen Knechte des Handwerks. Ferner nennt
eine Korrespondenz zwischen dein Stadtrath von Basel und dem von Frei¬
burg aus dem Jahre 1421 geradezu Gesellentage und bezeichnet die dort ver¬
handelten Gegenstände. Noch deutlicher geschieht dies in einem weiteren
Schreiben des baseler Raths an den freiburger, welches im Jahre 1425 erging.
Es heißt da:


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 36, 1877, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341825_157642/473>, abgerufen am 03.07.2024.