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Die Grenzboten. Jg. 36, 1877, I. Semester. II. Band.

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und die beim König wohnenden Prinzen und Prinzessinnen nud in die
Marschallsküche für den Maitre d'Hütel, die Almvseniers, die dienstthuenden
Edelleute nud die Kammerdiener. Das gesammte Küchenpersonal zählt 486
Personen und erfordert jährlich 2,178,000 Livres, wozu noch 389,000 für den
Tisch von Madame Elisabeth und eine Million für den der "Mesdames" von
Frankreich kommen. Der Weinhändler erhält das Jahr dreihunderttausend,
der Wildpret- und Fischhändler eine Million Livres. Wenn man im "Almanaque
Royal" die Titel der betreffenden Aemter liest, so sieht man im Geiste die
pomphafteste Küchenhierarchie vom Maitre d'Hotel bis zum Laufburschen, vom
Zuckerbäcker bis zum Fischträger an sich vorüberwandeln, "eine ganze Pro¬
zession breiter, betreßter Rocke, majestätisch gerundeter Bäuche und gravi¬
tätischer Gestalten, die vor den Kasservlen und Büffels mit Ordnung und
Ueberzeugung ihres Amtes walten."

"Noch eiuen Schritt, und wir betreten das Heiligthum, -- die Gemächer
des Königs. Hier schalten vorzüglich zwei Würdenträger, jeder mit etwa
hundert Untergebenen. Erstens der Großkämmerer mit den Kämmerern, den
Pagen sammt ihren Gouverneuren und Lehrern, den vier ersten gewöhnlichen
Kauuuerdienern, den 16 Kammerdienern mit vierteljährigen Dienst, den ge¬
wöhnlichen und außerordentlichen Mantelträgern, den Barbieren, Tapezierern,
Uhrmachern, Kellnern u. s. w. Zweitens der Großmeister der Garderobe mit
den Meistern derselben, den gewöhnliche" und außergewöhnlichen Dienern, dein
Kofferträger, dem Maillelugeltrüger, deu Schneidern, Wäscherinnen, Stärke¬
rinnen, Kabiuetssekretäreu u. s. f. Diese 198 Personen für den intimen Dienst
sind ebenso viele Hausgeräthe für alle Bedürfnisse oder ebenso viele Luxus¬
möbel zur Ausschmückung der Gemächer. Es gibt deren, welche die Kugeln
und Kolben zum Maillespiel herbeiholen, andere halten den Mantel und den
Rock, wieder andere kämmen deu König und trocknen ihn nach dem Bade ab,
noch andere beaufsichtigen die Windspiele in seinem Zimmer oder die Maul¬
thiere, die sein Bett fortschaffen, zwei endlich sind eigens dazu angestellt, jeden
Morgen, mit Sammetgewänderu angethan und deu Degen all der Seite, zu
erscheinen, um deu Nachtstuhl Sr. Majestät zu prüfen, zu leeren und wieder¬
zubringen, -- eine Charge, die jedem voll ihnen jährlich zwanzigtausend Livres
einbringt. Einige endlich haben gar nichts zu thun, als da zu sein und in
irgend eitlem Winkel Stellung zu nehmen, damit er nicht leer bleibe."

Das ist das Hauswesen des Königs in Versailles. Aber er hat noch
mehr als ein Dutzend andere Residenzen: das Louvre, die Tuilerien, Mario,
Meudon, Samt Cloud, Fontainebleau, Samt Germain, Rambouillet u. s. w.,
alle mehr oder minder mit Parks und Jagdgründen, mit Gouverneuren, In¬
spektoren, Gärtnern, Jägermeistern, Kastellanen, Gardell zu Fuß und zu Pferde,


und die beim König wohnenden Prinzen und Prinzessinnen nud in die
Marschallsküche für den Maitre d'Hütel, die Almvseniers, die dienstthuenden
Edelleute nud die Kammerdiener. Das gesammte Küchenpersonal zählt 486
Personen und erfordert jährlich 2,178,000 Livres, wozu noch 389,000 für den
Tisch von Madame Elisabeth und eine Million für den der „Mesdames" von
Frankreich kommen. Der Weinhändler erhält das Jahr dreihunderttausend,
der Wildpret- und Fischhändler eine Million Livres. Wenn man im „Almanaque
Royal" die Titel der betreffenden Aemter liest, so sieht man im Geiste die
pomphafteste Küchenhierarchie vom Maitre d'Hotel bis zum Laufburschen, vom
Zuckerbäcker bis zum Fischträger an sich vorüberwandeln, „eine ganze Pro¬
zession breiter, betreßter Rocke, majestätisch gerundeter Bäuche und gravi¬
tätischer Gestalten, die vor den Kasservlen und Büffels mit Ordnung und
Ueberzeugung ihres Amtes walten."

„Noch eiuen Schritt, und wir betreten das Heiligthum, — die Gemächer
des Königs. Hier schalten vorzüglich zwei Würdenträger, jeder mit etwa
hundert Untergebenen. Erstens der Großkämmerer mit den Kämmerern, den
Pagen sammt ihren Gouverneuren und Lehrern, den vier ersten gewöhnlichen
Kauuuerdienern, den 16 Kammerdienern mit vierteljährigen Dienst, den ge¬
wöhnlichen und außerordentlichen Mantelträgern, den Barbieren, Tapezierern,
Uhrmachern, Kellnern u. s. w. Zweitens der Großmeister der Garderobe mit
den Meistern derselben, den gewöhnliche» und außergewöhnlichen Dienern, dein
Kofferträger, dem Maillelugeltrüger, deu Schneidern, Wäscherinnen, Stärke¬
rinnen, Kabiuetssekretäreu u. s. f. Diese 198 Personen für den intimen Dienst
sind ebenso viele Hausgeräthe für alle Bedürfnisse oder ebenso viele Luxus¬
möbel zur Ausschmückung der Gemächer. Es gibt deren, welche die Kugeln
und Kolben zum Maillespiel herbeiholen, andere halten den Mantel und den
Rock, wieder andere kämmen deu König und trocknen ihn nach dem Bade ab,
noch andere beaufsichtigen die Windspiele in seinem Zimmer oder die Maul¬
thiere, die sein Bett fortschaffen, zwei endlich sind eigens dazu angestellt, jeden
Morgen, mit Sammetgewänderu angethan und deu Degen all der Seite, zu
erscheinen, um deu Nachtstuhl Sr. Majestät zu prüfen, zu leeren und wieder¬
zubringen, — eine Charge, die jedem voll ihnen jährlich zwanzigtausend Livres
einbringt. Einige endlich haben gar nichts zu thun, als da zu sein und in
irgend eitlem Winkel Stellung zu nehmen, damit er nicht leer bleibe."

Das ist das Hauswesen des Königs in Versailles. Aber er hat noch
mehr als ein Dutzend andere Residenzen: das Louvre, die Tuilerien, Mario,
Meudon, Samt Cloud, Fontainebleau, Samt Germain, Rambouillet u. s. w.,
alle mehr oder minder mit Parks und Jagdgründen, mit Gouverneuren, In¬
spektoren, Gärtnern, Jägermeistern, Kastellanen, Gardell zu Fuß und zu Pferde,


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 36, 1877, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341825_157642/340>, abgerufen am 03.07.2024.