Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 36, 1877, I. Semester. II. Band.

Bild:
<< vorherige Seite

Tendenz. Ein beliebtes Volksblatt ist der gleichfalls in Speyer erscheinende
"Christliche Pilger". Von geringer Bedeutung sind die "Neuesten Nachrichten
für Stadt und Land" in Zweibrücken und das katholische "Wochenblatt" in
Bergzabern. Von "wissenschaftlichen" Zeitschriften, die in Baiern zur Fahne
des Ultramontanismus halten, sind in erster Linie die 1838 von Görres be¬
gründeten wohlbekannten "Historisch-politischen Blätter" zu nennen, die von Dr.
Jörg herausgegeben werden. Dann sind die in Regensburg erscheinenden
"Periodischen Blätter" zu erwähnen, in denen Dr. Scheeben, "als bedeutender
Theologe in ganz Deutschland berühmt", in umfangreichen Abhandlungen die
religiösen Fragen der Gegenwart bespricht. Von den im Woerlschen Verlag
erscheinenden Zeitschriften schildert die von Dr. Rody redigirte "Katholische
Bewegung", die jährlich in vierundzwanzig Heften herauskommt, "den Auf¬
schwung des katholischen Geistes" und die auf ultramontaner Seite entwickelte
Thätigkeit, während die "Katholischen Studien" allgemein verständliche Ab¬
handlungen über interessante wissenschaftliche Themata veröffentlichen. Die von
unsrer Schrift erwähnten Publikationen für pädagogische, Pastorale, erbauliche
u. dergl. Zwecke übergehen wir und bemerken nur noch, daß die seit neun
Monaten in Amberg erscheinende Wochenschrift: "Die soziale Frage" die in
ihr Gebiet fallenden Gegenstände "in christlichem Sinne" behandelt, wobei
"neben recht gründlichen und doch populären Abhandlungen ein buntes Ge¬
misch meist schon bekannter Nachrichten geboten wird, dem ziemlich verbrauchte
Witze und Schnurren angehängt sind". Schließlich entnehmen wir unsrer
Quelle noch, daß der Mtrcunontanismus den in Regensburg heraufkommenden
"Deutschen Hausschatz in Wort und Bild", eine illustrirte Unterhaltungsschrift,
für sich reklamirt, obwohl die Herren Vaccino und Sander-Masons Mitarbeiter
derselben sind. Mu viol! sagt zwar nicht der Verfasser unseres Buches, aber
ohne Zweifel der Verleger und vielleicht auch mancher Führer der Partei.

Wenden wir uns mit Herrn Woerl nach Preußen und zwar zunächst
nach Berlin, so versteht sich von selbst, daß unser Führer die "Germania"
im allgemeinen nach seinem Geschmacke findet. Doch weiß er an ihr auch zu
tadeln, und da er hier wie dort wohl im Sinne vieler Ultramontanen spricht,
so wollen wir das Wesentlichste seines Tadels wiedergeben. "Die politischen
Mittheilungen aus dem deutschen Reiche sind oft unzureichend. Während aus
einzelnen Städten und Landestheilen wie Fulda, Osnabrück, Hannover, Posen
Nachrichten im reichlichsten Maße fließen, vernimmt man weniger ans Bayern
und Baden und selten etwas aus Würtemberg. Aus Wien und Paris berichten
die Korrespondenten mit großer Regelmäßigkeit; sie dürften aber wohl besser
orientirt sein. England ist im Blatte nur selten vertreten." Als "Hauptmangel
zeigt sich noch der an Verbindungen mit diplomatischen Kreisen; besonders


Tendenz. Ein beliebtes Volksblatt ist der gleichfalls in Speyer erscheinende
„Christliche Pilger". Von geringer Bedeutung sind die „Neuesten Nachrichten
für Stadt und Land" in Zweibrücken und das katholische „Wochenblatt" in
Bergzabern. Von „wissenschaftlichen" Zeitschriften, die in Baiern zur Fahne
des Ultramontanismus halten, sind in erster Linie die 1838 von Görres be¬
gründeten wohlbekannten „Historisch-politischen Blätter" zu nennen, die von Dr.
Jörg herausgegeben werden. Dann sind die in Regensburg erscheinenden
„Periodischen Blätter" zu erwähnen, in denen Dr. Scheeben, „als bedeutender
Theologe in ganz Deutschland berühmt", in umfangreichen Abhandlungen die
religiösen Fragen der Gegenwart bespricht. Von den im Woerlschen Verlag
erscheinenden Zeitschriften schildert die von Dr. Rody redigirte „Katholische
Bewegung", die jährlich in vierundzwanzig Heften herauskommt, „den Auf¬
schwung des katholischen Geistes" und die auf ultramontaner Seite entwickelte
Thätigkeit, während die „Katholischen Studien" allgemein verständliche Ab¬
handlungen über interessante wissenschaftliche Themata veröffentlichen. Die von
unsrer Schrift erwähnten Publikationen für pädagogische, Pastorale, erbauliche
u. dergl. Zwecke übergehen wir und bemerken nur noch, daß die seit neun
Monaten in Amberg erscheinende Wochenschrift: „Die soziale Frage" die in
ihr Gebiet fallenden Gegenstände „in christlichem Sinne" behandelt, wobei
„neben recht gründlichen und doch populären Abhandlungen ein buntes Ge¬
misch meist schon bekannter Nachrichten geboten wird, dem ziemlich verbrauchte
Witze und Schnurren angehängt sind". Schließlich entnehmen wir unsrer
Quelle noch, daß der Mtrcunontanismus den in Regensburg heraufkommenden
„Deutschen Hausschatz in Wort und Bild", eine illustrirte Unterhaltungsschrift,
für sich reklamirt, obwohl die Herren Vaccino und Sander-Masons Mitarbeiter
derselben sind. Mu viol! sagt zwar nicht der Verfasser unseres Buches, aber
ohne Zweifel der Verleger und vielleicht auch mancher Führer der Partei.

Wenden wir uns mit Herrn Woerl nach Preußen und zwar zunächst
nach Berlin, so versteht sich von selbst, daß unser Führer die „Germania"
im allgemeinen nach seinem Geschmacke findet. Doch weiß er an ihr auch zu
tadeln, und da er hier wie dort wohl im Sinne vieler Ultramontanen spricht,
so wollen wir das Wesentlichste seines Tadels wiedergeben. „Die politischen
Mittheilungen aus dem deutschen Reiche sind oft unzureichend. Während aus
einzelnen Städten und Landestheilen wie Fulda, Osnabrück, Hannover, Posen
Nachrichten im reichlichsten Maße fließen, vernimmt man weniger ans Bayern
und Baden und selten etwas aus Würtemberg. Aus Wien und Paris berichten
die Korrespondenten mit großer Regelmäßigkeit; sie dürften aber wohl besser
orientirt sein. England ist im Blatte nur selten vertreten." Als „Hauptmangel
zeigt sich noch der an Verbindungen mit diplomatischen Kreisen; besonders


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0027" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/137728"/>
          <p xml:id="ID_49" prev="#ID_48"> Tendenz. Ein beliebtes Volksblatt ist der gleichfalls in Speyer erscheinende<lb/>
&#x201E;Christliche Pilger". Von geringer Bedeutung sind die &#x201E;Neuesten Nachrichten<lb/>
für Stadt und Land" in Zweibrücken und das katholische &#x201E;Wochenblatt" in<lb/>
Bergzabern. Von &#x201E;wissenschaftlichen" Zeitschriften, die in Baiern zur Fahne<lb/>
des Ultramontanismus halten, sind in erster Linie die 1838 von Görres be¬<lb/>
gründeten wohlbekannten &#x201E;Historisch-politischen Blätter" zu nennen, die von Dr.<lb/>
Jörg herausgegeben werden. Dann sind die in Regensburg erscheinenden<lb/>
&#x201E;Periodischen Blätter" zu erwähnen, in denen Dr. Scheeben, &#x201E;als bedeutender<lb/>
Theologe in ganz Deutschland berühmt", in umfangreichen Abhandlungen die<lb/>
religiösen Fragen der Gegenwart bespricht. Von den im Woerlschen Verlag<lb/>
erscheinenden Zeitschriften schildert die von Dr. Rody redigirte &#x201E;Katholische<lb/>
Bewegung", die jährlich in vierundzwanzig Heften herauskommt, &#x201E;den Auf¬<lb/>
schwung des katholischen Geistes" und die auf ultramontaner Seite entwickelte<lb/>
Thätigkeit, während die &#x201E;Katholischen Studien" allgemein verständliche Ab¬<lb/>
handlungen über interessante wissenschaftliche Themata veröffentlichen. Die von<lb/>
unsrer Schrift erwähnten Publikationen für pädagogische, Pastorale, erbauliche<lb/>
u. dergl. Zwecke übergehen wir und bemerken nur noch, daß die seit neun<lb/>
Monaten in Amberg erscheinende Wochenschrift: &#x201E;Die soziale Frage" die in<lb/>
ihr Gebiet fallenden Gegenstände &#x201E;in christlichem Sinne" behandelt, wobei<lb/>
&#x201E;neben recht gründlichen und doch populären Abhandlungen ein buntes Ge¬<lb/>
misch meist schon bekannter Nachrichten geboten wird, dem ziemlich verbrauchte<lb/>
Witze und Schnurren angehängt sind".  Schließlich entnehmen wir unsrer<lb/>
Quelle noch, daß der Mtrcunontanismus den in Regensburg heraufkommenden<lb/>
&#x201E;Deutschen Hausschatz in Wort und Bild", eine illustrirte Unterhaltungsschrift,<lb/>
für sich reklamirt, obwohl die Herren Vaccino und Sander-Masons Mitarbeiter<lb/>
derselben sind. Mu viol! sagt zwar nicht der Verfasser unseres Buches, aber<lb/>
ohne Zweifel der Verleger und vielleicht auch mancher Führer der Partei.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_50" next="#ID_51"> Wenden wir uns mit Herrn Woerl nach Preußen und zwar zunächst<lb/>
nach Berlin, so versteht sich von selbst, daß unser Führer die &#x201E;Germania"<lb/>
im allgemeinen nach seinem Geschmacke findet. Doch weiß er an ihr auch zu<lb/>
tadeln, und da er hier wie dort wohl im Sinne vieler Ultramontanen spricht,<lb/>
so wollen wir das Wesentlichste seines Tadels wiedergeben. &#x201E;Die politischen<lb/>
Mittheilungen aus dem deutschen Reiche sind oft unzureichend. Während aus<lb/>
einzelnen Städten und Landestheilen wie Fulda, Osnabrück, Hannover, Posen<lb/>
Nachrichten im reichlichsten Maße fließen, vernimmt man weniger ans Bayern<lb/>
und Baden und selten etwas aus Würtemberg. Aus Wien und Paris berichten<lb/>
die Korrespondenten mit großer Regelmäßigkeit; sie dürften aber wohl besser<lb/>
orientirt sein. England ist im Blatte nur selten vertreten." Als &#x201E;Hauptmangel<lb/>
zeigt sich noch der an Verbindungen mit diplomatischen Kreisen; besonders</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0027] Tendenz. Ein beliebtes Volksblatt ist der gleichfalls in Speyer erscheinende „Christliche Pilger". Von geringer Bedeutung sind die „Neuesten Nachrichten für Stadt und Land" in Zweibrücken und das katholische „Wochenblatt" in Bergzabern. Von „wissenschaftlichen" Zeitschriften, die in Baiern zur Fahne des Ultramontanismus halten, sind in erster Linie die 1838 von Görres be¬ gründeten wohlbekannten „Historisch-politischen Blätter" zu nennen, die von Dr. Jörg herausgegeben werden. Dann sind die in Regensburg erscheinenden „Periodischen Blätter" zu erwähnen, in denen Dr. Scheeben, „als bedeutender Theologe in ganz Deutschland berühmt", in umfangreichen Abhandlungen die religiösen Fragen der Gegenwart bespricht. Von den im Woerlschen Verlag erscheinenden Zeitschriften schildert die von Dr. Rody redigirte „Katholische Bewegung", die jährlich in vierundzwanzig Heften herauskommt, „den Auf¬ schwung des katholischen Geistes" und die auf ultramontaner Seite entwickelte Thätigkeit, während die „Katholischen Studien" allgemein verständliche Ab¬ handlungen über interessante wissenschaftliche Themata veröffentlichen. Die von unsrer Schrift erwähnten Publikationen für pädagogische, Pastorale, erbauliche u. dergl. Zwecke übergehen wir und bemerken nur noch, daß die seit neun Monaten in Amberg erscheinende Wochenschrift: „Die soziale Frage" die in ihr Gebiet fallenden Gegenstände „in christlichem Sinne" behandelt, wobei „neben recht gründlichen und doch populären Abhandlungen ein buntes Ge¬ misch meist schon bekannter Nachrichten geboten wird, dem ziemlich verbrauchte Witze und Schnurren angehängt sind". Schließlich entnehmen wir unsrer Quelle noch, daß der Mtrcunontanismus den in Regensburg heraufkommenden „Deutschen Hausschatz in Wort und Bild", eine illustrirte Unterhaltungsschrift, für sich reklamirt, obwohl die Herren Vaccino und Sander-Masons Mitarbeiter derselben sind. Mu viol! sagt zwar nicht der Verfasser unseres Buches, aber ohne Zweifel der Verleger und vielleicht auch mancher Führer der Partei. Wenden wir uns mit Herrn Woerl nach Preußen und zwar zunächst nach Berlin, so versteht sich von selbst, daß unser Führer die „Germania" im allgemeinen nach seinem Geschmacke findet. Doch weiß er an ihr auch zu tadeln, und da er hier wie dort wohl im Sinne vieler Ultramontanen spricht, so wollen wir das Wesentlichste seines Tadels wiedergeben. „Die politischen Mittheilungen aus dem deutschen Reiche sind oft unzureichend. Während aus einzelnen Städten und Landestheilen wie Fulda, Osnabrück, Hannover, Posen Nachrichten im reichlichsten Maße fließen, vernimmt man weniger ans Bayern und Baden und selten etwas aus Würtemberg. Aus Wien und Paris berichten die Korrespondenten mit großer Regelmäßigkeit; sie dürften aber wohl besser orientirt sein. England ist im Blatte nur selten vertreten." Als „Hauptmangel zeigt sich noch der an Verbindungen mit diplomatischen Kreisen; besonders

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341825_157642
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341825_157642/27
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 36, 1877, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341825_157642/27>, abgerufen am 23.07.2024.