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Die Grenzboten. Jg. 36, 1877, I. Semester. II. Band.

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seine Prinzessinnen Schwestern nahe bei Berlin nur gesprochen. Seien Sie so
gnädig und lassen nur das oben Gesagte Ihrer nächsten Familie wissen.

Sonnabend Nachmittag kam Prinz Wilhelm an und wurde mit großer
Rührung hier empfangen. Die Großfürstin hat herzlich geweint und unsere
Prinzeß Caroline. Sonnabend Abends sah ich Frau v. Wedel bei der Knebeln,
und diese sagten mir, der Herr Schwager würde nach Rudolstadt und dann
nach Hamburg reisen, aber Er selbst sagte mir gestern, es ginge für diesmal
nicht an. Dafür, daß ich mich bei meinem bösen Zahn noch herauswagte, bin
ich recht belohnt worden, denn der Prinz spielte nicht; die Großfürstin hatte
auch ihr Spiel abgegeben, und ich mußte mich zu ihr in den runden Salon
setzen -- da kam der Prinz von Preußen auch und wir haben einige Stunden
gesprochen. Er hat einen Ernst in seinem Wesen, und man fühlt, daß er seine
Kraft aufwenden Möchte, das Geschehene zu ändern. Er wird fest sein und
jetzt sich auch nicht blenden lassen durch trügliche Gunstbezeugungen. Dies
fühlt man. Ich habe das Gefühl, daß er zu rein ist für die Welt und unter
Engeln und nicht mit bösen Dämonen kämpfen sollte. Kämpfen für die rechte
Sache wird er gewiß, er mag Aufträge haben, welche er wolle. Ein Adjutant
ist mit ihm, dessen Namen ich nicht weiß. Von dem Aufenthalt in Franken¬
haufen wird er Ihre Durchlaucht nur um eine Viertelstunde verfehlt haben,
von Ihrer Reise, von Allem habe ich ihm sprechen müssen. Besonders hat er
mehrere Male nach der vergeblichen Entrevue reichen Jammers (?) gefragt und
sich sehr erkundigt, ob Durchlaucht Prinzessin Schwester auch dabei gewesen?
Nach Allem, was Ihnen (sie!), gnädigste Fürstin, umgibt, nach der geliebten
Familie hat er mit Antheil gefragt.

Wie mein Herz Ihr schönes Leben fühlt, wie ich Ihre schöne Thätigkeit,
Ihren schönen Willen, sich für das Beste Ihres Lebens aufzuopfern, empfinde,
und wie Sie, gnädigste Fürstin, jede Pflicht so treu erfüllen, habe ich aus
dem Herzen gesprochen, und er hat es tief empfunden. Ein solcher Anblick,
der Glaube an eine solche Natur kann Einen über viele Gestalten und Er¬
scheinungen wieder trösten. Wenn ich es in meiner Hand hätte, so wüßte ich,
wem ich Königreiche austheilte. Ueber Ihren Herrn Bruder wurde sein
schönes Gesicht noch freundlicher, da er hörte, daß sein braver deutscher Ver¬
wandter sich auch da Achtung erworben, wo man nicht so empfänglich dafür
ist gewöhnlich. Wenn ich nur hätte fragen dürfen, wie ich gewollt. Daran
scheint, unter uns gesagt, der Prinz nicht zu glauben, an eine baldige Rückkehr
aus Preußen, er setzte immer hinzu, wenn er von Berlin sprach: wir kommen
aber noch nicht sobald wieder dahin. Seine Gemahlin, Königliche Hoheit,
würde auch alsdann Sie besuchen, wenn sie erst in Berlin wäre, sagte er, und
Gott gebe, daß das bald geschieht!


seine Prinzessinnen Schwestern nahe bei Berlin nur gesprochen. Seien Sie so
gnädig und lassen nur das oben Gesagte Ihrer nächsten Familie wissen.

Sonnabend Nachmittag kam Prinz Wilhelm an und wurde mit großer
Rührung hier empfangen. Die Großfürstin hat herzlich geweint und unsere
Prinzeß Caroline. Sonnabend Abends sah ich Frau v. Wedel bei der Knebeln,
und diese sagten mir, der Herr Schwager würde nach Rudolstadt und dann
nach Hamburg reisen, aber Er selbst sagte mir gestern, es ginge für diesmal
nicht an. Dafür, daß ich mich bei meinem bösen Zahn noch herauswagte, bin
ich recht belohnt worden, denn der Prinz spielte nicht; die Großfürstin hatte
auch ihr Spiel abgegeben, und ich mußte mich zu ihr in den runden Salon
setzen — da kam der Prinz von Preußen auch und wir haben einige Stunden
gesprochen. Er hat einen Ernst in seinem Wesen, und man fühlt, daß er seine
Kraft aufwenden Möchte, das Geschehene zu ändern. Er wird fest sein und
jetzt sich auch nicht blenden lassen durch trügliche Gunstbezeugungen. Dies
fühlt man. Ich habe das Gefühl, daß er zu rein ist für die Welt und unter
Engeln und nicht mit bösen Dämonen kämpfen sollte. Kämpfen für die rechte
Sache wird er gewiß, er mag Aufträge haben, welche er wolle. Ein Adjutant
ist mit ihm, dessen Namen ich nicht weiß. Von dem Aufenthalt in Franken¬
haufen wird er Ihre Durchlaucht nur um eine Viertelstunde verfehlt haben,
von Ihrer Reise, von Allem habe ich ihm sprechen müssen. Besonders hat er
mehrere Male nach der vergeblichen Entrevue reichen Jammers (?) gefragt und
sich sehr erkundigt, ob Durchlaucht Prinzessin Schwester auch dabei gewesen?
Nach Allem, was Ihnen (sie!), gnädigste Fürstin, umgibt, nach der geliebten
Familie hat er mit Antheil gefragt.

Wie mein Herz Ihr schönes Leben fühlt, wie ich Ihre schöne Thätigkeit,
Ihren schönen Willen, sich für das Beste Ihres Lebens aufzuopfern, empfinde,
und wie Sie, gnädigste Fürstin, jede Pflicht so treu erfüllen, habe ich aus
dem Herzen gesprochen, und er hat es tief empfunden. Ein solcher Anblick,
der Glaube an eine solche Natur kann Einen über viele Gestalten und Er¬
scheinungen wieder trösten. Wenn ich es in meiner Hand hätte, so wüßte ich,
wem ich Königreiche austheilte. Ueber Ihren Herrn Bruder wurde sein
schönes Gesicht noch freundlicher, da er hörte, daß sein braver deutscher Ver¬
wandter sich auch da Achtung erworben, wo man nicht so empfänglich dafür
ist gewöhnlich. Wenn ich nur hätte fragen dürfen, wie ich gewollt. Daran
scheint, unter uns gesagt, der Prinz nicht zu glauben, an eine baldige Rückkehr
aus Preußen, er setzte immer hinzu, wenn er von Berlin sprach: wir kommen
aber noch nicht sobald wieder dahin. Seine Gemahlin, Königliche Hoheit,
würde auch alsdann Sie besuchen, wenn sie erst in Berlin wäre, sagte er, und
Gott gebe, daß das bald geschieht!


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[0155] seine Prinzessinnen Schwestern nahe bei Berlin nur gesprochen. Seien Sie so gnädig und lassen nur das oben Gesagte Ihrer nächsten Familie wissen. Sonnabend Nachmittag kam Prinz Wilhelm an und wurde mit großer Rührung hier empfangen. Die Großfürstin hat herzlich geweint und unsere Prinzeß Caroline. Sonnabend Abends sah ich Frau v. Wedel bei der Knebeln, und diese sagten mir, der Herr Schwager würde nach Rudolstadt und dann nach Hamburg reisen, aber Er selbst sagte mir gestern, es ginge für diesmal nicht an. Dafür, daß ich mich bei meinem bösen Zahn noch herauswagte, bin ich recht belohnt worden, denn der Prinz spielte nicht; die Großfürstin hatte auch ihr Spiel abgegeben, und ich mußte mich zu ihr in den runden Salon setzen — da kam der Prinz von Preußen auch und wir haben einige Stunden gesprochen. Er hat einen Ernst in seinem Wesen, und man fühlt, daß er seine Kraft aufwenden Möchte, das Geschehene zu ändern. Er wird fest sein und jetzt sich auch nicht blenden lassen durch trügliche Gunstbezeugungen. Dies fühlt man. Ich habe das Gefühl, daß er zu rein ist für die Welt und unter Engeln und nicht mit bösen Dämonen kämpfen sollte. Kämpfen für die rechte Sache wird er gewiß, er mag Aufträge haben, welche er wolle. Ein Adjutant ist mit ihm, dessen Namen ich nicht weiß. Von dem Aufenthalt in Franken¬ haufen wird er Ihre Durchlaucht nur um eine Viertelstunde verfehlt haben, von Ihrer Reise, von Allem habe ich ihm sprechen müssen. Besonders hat er mehrere Male nach der vergeblichen Entrevue reichen Jammers (?) gefragt und sich sehr erkundigt, ob Durchlaucht Prinzessin Schwester auch dabei gewesen? Nach Allem, was Ihnen (sie!), gnädigste Fürstin, umgibt, nach der geliebten Familie hat er mit Antheil gefragt. Wie mein Herz Ihr schönes Leben fühlt, wie ich Ihre schöne Thätigkeit, Ihren schönen Willen, sich für das Beste Ihres Lebens aufzuopfern, empfinde, und wie Sie, gnädigste Fürstin, jede Pflicht so treu erfüllen, habe ich aus dem Herzen gesprochen, und er hat es tief empfunden. Ein solcher Anblick, der Glaube an eine solche Natur kann Einen über viele Gestalten und Er¬ scheinungen wieder trösten. Wenn ich es in meiner Hand hätte, so wüßte ich, wem ich Königreiche austheilte. Ueber Ihren Herrn Bruder wurde sein schönes Gesicht noch freundlicher, da er hörte, daß sein braver deutscher Ver¬ wandter sich auch da Achtung erworben, wo man nicht so empfänglich dafür ist gewöhnlich. Wenn ich nur hätte fragen dürfen, wie ich gewollt. Daran scheint, unter uns gesagt, der Prinz nicht zu glauben, an eine baldige Rückkehr aus Preußen, er setzte immer hinzu, wenn er von Berlin sprach: wir kommen aber noch nicht sobald wieder dahin. Seine Gemahlin, Königliche Hoheit, würde auch alsdann Sie besuchen, wenn sie erst in Berlin wäre, sagte er, und Gott gebe, daß das bald geschieht!

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 36, 1877, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341825_157642/155>, abgerufen am 03.07.2024.