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Die Grenzboten. Jg. 36, 1877, I. Semester. II. Band.

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und "Schiller, als guter Geschichtsschreiber, wallfahrtete zum Grabe der
heldenmüthigen Katharina". (Damals mag er die Idee zu der kleinen in
Volkstedt geschriebenen Erzählung: "Herzog vou Alba bei einem Frühstück auf
dem Schlosse zu Rudolstadt" gefaßt haben.) Mehrmals wurden im v. Lenge-
feldschen und v. Benlwitzschen Garten Früchte der Schillerschen Muse vor¬
gelesen, öfter auch von der sogenannten französischen (Dilettanten-)Gesellschaft
Komödien von Voltaire aufgeführt, wie am 11. Juli und 1. August, wobei
auch Ludwig Friedrich mitwirkte und Schiller einen aufmerksamen Zuhörer abgab.
"Nach geendigtem Stück", so schreibt Ludwig Friedrich am 1. August, "wurde von
der ganzen Gesellschaft: "Rosen auf den Weg gestreut-- gesungen und noch
andere Lieblingslieder der v. Beulwitzschen Familie. singend langten wir aM ,
Ende der Allee an, wo ich gute Nacht wünschte und sodann Heidecks Höhe
erstieg". Es herrschte somit in diesem kleinen Kreise stets ein heiterer, fröh¬
licher Ton, oft neu angeregt durch fremde Gäste, wie Becker, Schröder, Knebel,
von Stein u. a., gekrönt durch die erste Zusammenkunft Goethes mit Schiller
am 7. September 1788, worüber wir im genannten Tagebuche die kurze Be¬
merkung Ludwig Friedrichs finden: "Heute kam der Herr Geheimrath Goethe
mit dem Herrn v. Stein und einigen <Zg.mes nach Rudolstadt, speiste bei Hof¬
rath von Beulwitz, lernte Schillern kennen und sah bei dem Herrn v. Bracken¬
burg das Naturalienkabinet".

Während nun Schiller jene Monate in Rudolstadt und Volkstedt getheilt
zwischen Arbeit und geselligen Freuden, oder, wie Frau v. Wolzogen schreibt,
"wie ein Blumen- und Fruchtgewinde genußreicher und bildender Tage und
Stunden für Alle" zubrachte, hatte sich im stillen zwischen ihm und Ludwig Fried¬
rich ein Freundschaftsband geschlungen, welches in der Folge auch deren
Angehörige verband und nach beider Männer zu frühem Dahinscheiden
zwischen jenen sich dauernd erhielt. Ludwig Friedrich vermählte sich nämlich aM
21. Juli 1791 mit der geistreichen Caroline Louise, geb. Prinzessin von
Hessen-Homburg, die selbst hochgebildet und empfänglich für alles Schöne und
Gute, dasselbe auch um sich, wie selten eine Frau, zu schaffen und zu fördern
wußte. War sie ja doch ein Glied des Hvmburgischen Hauses, dessen Prinzen
und Prinzessinnen mit großer Auszeichnung weit über die Grenzen des kleinen
Landes hinaus genannt wurden. Daher war es ja natürlich, daß sie sich und
der gewissenhaften, frommen, ihr ohnedies persönlich nahestehenden Frau v.
Lengefeld, wie mit deren Töchtern, namentlich mit Charlotte, welche nach
ihrer Verheiratung Rudolstadt oft besuchte, mit Schiller und den übrigen zu
dem oben erwähnten Kreise gehörenden Personen bald befreundete und zu ihnen
sich hingezogen fühlte; ja es gestaltete das Verhältniß der "Schillerschen"
Frauen zu ihr sich bald zu einem innigen. Sie wurde als Rathgeberin und


und „Schiller, als guter Geschichtsschreiber, wallfahrtete zum Grabe der
heldenmüthigen Katharina". (Damals mag er die Idee zu der kleinen in
Volkstedt geschriebenen Erzählung: „Herzog vou Alba bei einem Frühstück auf
dem Schlosse zu Rudolstadt" gefaßt haben.) Mehrmals wurden im v. Lenge-
feldschen und v. Benlwitzschen Garten Früchte der Schillerschen Muse vor¬
gelesen, öfter auch von der sogenannten französischen (Dilettanten-)Gesellschaft
Komödien von Voltaire aufgeführt, wie am 11. Juli und 1. August, wobei
auch Ludwig Friedrich mitwirkte und Schiller einen aufmerksamen Zuhörer abgab.
„Nach geendigtem Stück", so schreibt Ludwig Friedrich am 1. August, „wurde von
der ganzen Gesellschaft: «Rosen auf den Weg gestreut-- gesungen und noch
andere Lieblingslieder der v. Beulwitzschen Familie. singend langten wir aM ,
Ende der Allee an, wo ich gute Nacht wünschte und sodann Heidecks Höhe
erstieg". Es herrschte somit in diesem kleinen Kreise stets ein heiterer, fröh¬
licher Ton, oft neu angeregt durch fremde Gäste, wie Becker, Schröder, Knebel,
von Stein u. a., gekrönt durch die erste Zusammenkunft Goethes mit Schiller
am 7. September 1788, worüber wir im genannten Tagebuche die kurze Be¬
merkung Ludwig Friedrichs finden: „Heute kam der Herr Geheimrath Goethe
mit dem Herrn v. Stein und einigen <Zg.mes nach Rudolstadt, speiste bei Hof¬
rath von Beulwitz, lernte Schillern kennen und sah bei dem Herrn v. Bracken¬
burg das Naturalienkabinet".

Während nun Schiller jene Monate in Rudolstadt und Volkstedt getheilt
zwischen Arbeit und geselligen Freuden, oder, wie Frau v. Wolzogen schreibt,
„wie ein Blumen- und Fruchtgewinde genußreicher und bildender Tage und
Stunden für Alle" zubrachte, hatte sich im stillen zwischen ihm und Ludwig Fried¬
rich ein Freundschaftsband geschlungen, welches in der Folge auch deren
Angehörige verband und nach beider Männer zu frühem Dahinscheiden
zwischen jenen sich dauernd erhielt. Ludwig Friedrich vermählte sich nämlich aM
21. Juli 1791 mit der geistreichen Caroline Louise, geb. Prinzessin von
Hessen-Homburg, die selbst hochgebildet und empfänglich für alles Schöne und
Gute, dasselbe auch um sich, wie selten eine Frau, zu schaffen und zu fördern
wußte. War sie ja doch ein Glied des Hvmburgischen Hauses, dessen Prinzen
und Prinzessinnen mit großer Auszeichnung weit über die Grenzen des kleinen
Landes hinaus genannt wurden. Daher war es ja natürlich, daß sie sich und
der gewissenhaften, frommen, ihr ohnedies persönlich nahestehenden Frau v.
Lengefeld, wie mit deren Töchtern, namentlich mit Charlotte, welche nach
ihrer Verheiratung Rudolstadt oft besuchte, mit Schiller und den übrigen zu
dem oben erwähnten Kreise gehörenden Personen bald befreundete und zu ihnen
sich hingezogen fühlte; ja es gestaltete das Verhältniß der „Schillerschen"
Frauen zu ihr sich bald zu einem innigen. Sie wurde als Rathgeberin und


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 36, 1877, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341825_157642/146>, abgerufen am 03.07.2024.