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Die Grenzboten. Jg. 36, 1877, I. Semester. I. Band.

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in Chile auch mit natürlich vorkommenden Steinkohlen, in Binnenländern mit
getrockneten Kaktuspflanzen, niedern Buschhölzern, trocknem Yaretamoos und
mit Lamadünger; auch werden einige Silbererze durch Amalgamation, d. h.
durch Extraktion des Silbers mittels Quecksilbers, zu gut gemacht. Die übrigen
Erze versendet man nach einer nicht sehr sorgfältigen Scheidung in kleinen
Stücken oder in Form von gröberem und feinerem Sande (Schliech), in Säcke
verpackt, ans Maulthieren und Lamas zwei bis sechzehn Tagereisen weit nach
der Küste des Stillen Ozeans, von wo sie ihre Wanderung um das Cap Horn
nach Europa antreten. Die Wasserfracht von der neuen uach der alten Welt
ist für diese Art Güter billig und stellt sich für den Centner bis England un¬
gefähr auf eine Mark. Erze, welche als Schiffsballast Verwendung finden,
berechnen sich in der Fracht selbstverständlich noch billiger. Auf diese Weise ist
den europäische" Schmelzbutter Gelegenheit geboten, an fremden Erzen zu er¬
setzen, was die einheimischen Gruben für ihren Betrieb zu liefern nicht mehr
im Stande sind. Indessen wird hierbei, wie mich dünkt, ein Fehler insofern
begangen, als die meisten der europäischen Schmelzwerkstätten keine eigenen
Gruben in Südamerika besitzen und daher bei der sich mehrenden Konkurrenz
in der Entnahme der Erze sowohl, wie bei der Unzuverlässigkeit der dortigen
Lieferanten sich nicht immer der nöthigen Erze versichern können und infolge
dessen oft empfindliche Störungen im Betriebe erleiden. Und doch gibt es,
besonders in Peru, verlassene Gruben -- von unaufgeschlossenen Schätzen ganz
abgesehen -- welche noch genug werthvolle Erze bergen, und in deren Besitz
M gelangen es weder großer Summen Geldes, noch sonstiger Schwierigkeiten
erfordert.

Als eine solche Grube bezeichne ich ganz besonders die von Choeolimpe,
welche sich außer ihrem metallischen Reichthums schon durch die Nähe der
Küste, sowie deshalb zur Wiederaufnahme empfiehlt, weil rings um sie bekehrte
Indianer, meist Lama- und Maulthierbesitzer (Koteros und Ärrisros) wohnen,
die den Transport der Erze nach der Küste billig vermitteln und einen neuen
Betrieb der Grube mit Freude begrüßen würden. Choeolimpe liegt auf der
Küstencordillen, ungefähr achtzehn deutsche Meilen vom Stillen Ozean und
der Küstenstadt Arica, unweit der Grenze von Bolivia. Die nächsten Ort¬
schaften nach dem Innern sind Velen, Chapiquina und Parinacota, nach der
Küste Putre, Socoroma und Linea.

Das Klima bietet infolge der hohen Lage dieser Gegend über dem
Meere (circa 4700 Meter) für den Europäer allerdings nichts Verlockendes.
Eine dünne, trockne, kalte Luft, die den stechenden Strahlen der Sonne sowohl
als den temporären Stürmen ungeschwächten Durchgang gestattet, verursacht
anfangs Kopfschmerz und Beklommenheit, welche meistens in den Sorrocho,


in Chile auch mit natürlich vorkommenden Steinkohlen, in Binnenländern mit
getrockneten Kaktuspflanzen, niedern Buschhölzern, trocknem Yaretamoos und
mit Lamadünger; auch werden einige Silbererze durch Amalgamation, d. h.
durch Extraktion des Silbers mittels Quecksilbers, zu gut gemacht. Die übrigen
Erze versendet man nach einer nicht sehr sorgfältigen Scheidung in kleinen
Stücken oder in Form von gröberem und feinerem Sande (Schliech), in Säcke
verpackt, ans Maulthieren und Lamas zwei bis sechzehn Tagereisen weit nach
der Küste des Stillen Ozeans, von wo sie ihre Wanderung um das Cap Horn
nach Europa antreten. Die Wasserfracht von der neuen uach der alten Welt
ist für diese Art Güter billig und stellt sich für den Centner bis England un¬
gefähr auf eine Mark. Erze, welche als Schiffsballast Verwendung finden,
berechnen sich in der Fracht selbstverständlich noch billiger. Auf diese Weise ist
den europäische» Schmelzbutter Gelegenheit geboten, an fremden Erzen zu er¬
setzen, was die einheimischen Gruben für ihren Betrieb zu liefern nicht mehr
im Stande sind. Indessen wird hierbei, wie mich dünkt, ein Fehler insofern
begangen, als die meisten der europäischen Schmelzwerkstätten keine eigenen
Gruben in Südamerika besitzen und daher bei der sich mehrenden Konkurrenz
in der Entnahme der Erze sowohl, wie bei der Unzuverlässigkeit der dortigen
Lieferanten sich nicht immer der nöthigen Erze versichern können und infolge
dessen oft empfindliche Störungen im Betriebe erleiden. Und doch gibt es,
besonders in Peru, verlassene Gruben — von unaufgeschlossenen Schätzen ganz
abgesehen — welche noch genug werthvolle Erze bergen, und in deren Besitz
M gelangen es weder großer Summen Geldes, noch sonstiger Schwierigkeiten
erfordert.

Als eine solche Grube bezeichne ich ganz besonders die von Choeolimpe,
welche sich außer ihrem metallischen Reichthums schon durch die Nähe der
Küste, sowie deshalb zur Wiederaufnahme empfiehlt, weil rings um sie bekehrte
Indianer, meist Lama- und Maulthierbesitzer (Koteros und Ärrisros) wohnen,
die den Transport der Erze nach der Küste billig vermitteln und einen neuen
Betrieb der Grube mit Freude begrüßen würden. Choeolimpe liegt auf der
Küstencordillen, ungefähr achtzehn deutsche Meilen vom Stillen Ozean und
der Küstenstadt Arica, unweit der Grenze von Bolivia. Die nächsten Ort¬
schaften nach dem Innern sind Velen, Chapiquina und Parinacota, nach der
Küste Putre, Socoroma und Linea.

Das Klima bietet infolge der hohen Lage dieser Gegend über dem
Meere (circa 4700 Meter) für den Europäer allerdings nichts Verlockendes.
Eine dünne, trockne, kalte Luft, die den stechenden Strahlen der Sonne sowohl
als den temporären Stürmen ungeschwächten Durchgang gestattet, verursacht
anfangs Kopfschmerz und Beklommenheit, welche meistens in den Sorrocho,


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[0517] in Chile auch mit natürlich vorkommenden Steinkohlen, in Binnenländern mit getrockneten Kaktuspflanzen, niedern Buschhölzern, trocknem Yaretamoos und mit Lamadünger; auch werden einige Silbererze durch Amalgamation, d. h. durch Extraktion des Silbers mittels Quecksilbers, zu gut gemacht. Die übrigen Erze versendet man nach einer nicht sehr sorgfältigen Scheidung in kleinen Stücken oder in Form von gröberem und feinerem Sande (Schliech), in Säcke verpackt, ans Maulthieren und Lamas zwei bis sechzehn Tagereisen weit nach der Küste des Stillen Ozeans, von wo sie ihre Wanderung um das Cap Horn nach Europa antreten. Die Wasserfracht von der neuen uach der alten Welt ist für diese Art Güter billig und stellt sich für den Centner bis England un¬ gefähr auf eine Mark. Erze, welche als Schiffsballast Verwendung finden, berechnen sich in der Fracht selbstverständlich noch billiger. Auf diese Weise ist den europäische» Schmelzbutter Gelegenheit geboten, an fremden Erzen zu er¬ setzen, was die einheimischen Gruben für ihren Betrieb zu liefern nicht mehr im Stande sind. Indessen wird hierbei, wie mich dünkt, ein Fehler insofern begangen, als die meisten der europäischen Schmelzwerkstätten keine eigenen Gruben in Südamerika besitzen und daher bei der sich mehrenden Konkurrenz in der Entnahme der Erze sowohl, wie bei der Unzuverlässigkeit der dortigen Lieferanten sich nicht immer der nöthigen Erze versichern können und infolge dessen oft empfindliche Störungen im Betriebe erleiden. Und doch gibt es, besonders in Peru, verlassene Gruben — von unaufgeschlossenen Schätzen ganz abgesehen — welche noch genug werthvolle Erze bergen, und in deren Besitz M gelangen es weder großer Summen Geldes, noch sonstiger Schwierigkeiten erfordert. Als eine solche Grube bezeichne ich ganz besonders die von Choeolimpe, welche sich außer ihrem metallischen Reichthums schon durch die Nähe der Küste, sowie deshalb zur Wiederaufnahme empfiehlt, weil rings um sie bekehrte Indianer, meist Lama- und Maulthierbesitzer (Koteros und Ärrisros) wohnen, die den Transport der Erze nach der Küste billig vermitteln und einen neuen Betrieb der Grube mit Freude begrüßen würden. Choeolimpe liegt auf der Küstencordillen, ungefähr achtzehn deutsche Meilen vom Stillen Ozean und der Küstenstadt Arica, unweit der Grenze von Bolivia. Die nächsten Ort¬ schaften nach dem Innern sind Velen, Chapiquina und Parinacota, nach der Küste Putre, Socoroma und Linea. Das Klima bietet infolge der hohen Lage dieser Gegend über dem Meere (circa 4700 Meter) für den Europäer allerdings nichts Verlockendes. Eine dünne, trockne, kalte Luft, die den stechenden Strahlen der Sonne sowohl als den temporären Stürmen ungeschwächten Durchgang gestattet, verursacht anfangs Kopfschmerz und Beklommenheit, welche meistens in den Sorrocho,

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 36, 1877, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341825_157640/517>, abgerufen am 23.07.2024.