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Die Grenzboten. Jg. 36, 1877, I. Semester. I. Band.

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die deutsche Gesellschaft mit kann gebauet werden. Vielleicht scheinet es jetzo
noch als eine Vermessenheit daß ich mich dazu verbinde und wer kann wissen
ob das Glück auch für mich aufbehalten ist es auszurichten, aber ich will doch
auch nichts haben wen" jenes nicht geschehen kann. Man muß zuweilen mit
einem kleinen Eigensinn geharnischt seyn. --

Ich mag wollen oder nicht ich muß noch einen Bogen ergreifen, denn ich
habe noch viel zu schreiben. Ich werde so oft von meinem Schreiben geruffen
daß ich auch die Wirkung davon an meiner unordentlichen Schrift bekennen
und erkennen muß. Jedoch ich will deßwegen ohne Sorgen bleiben, denn Sie
wissen meine Umstände und daß ich denselben zu viel nachgeben muß. Ich
muß mir zum Voraus bey Ihnen 24 Stunden bestellen, sobald ich die Ehre
wieder haben werde Sie zu sehen, denn die brauche ich richtig wenn ich fertig
werden soll mit dem was ich Ihnen Alles zu sagen habe. Ich möchte von
Verlangen sterben. Ich glaube es hat mich eine gewisse Art von Zauberei
umgeben, daß ich so anhaltend an Leipzig gedenke oder ich muß gar drein ver¬
liebt sein; ohngeachtet aller der bösen Stunden und alles Verlustes, denke ich
doch mit mehreren Vergnügen der guten und sonderlich derjenigen, die ich in
E. H. vernünftiger Gesellschaft und in dem Umgange mit den andern werthesten
Freunden zugebracht habe. Sie bleiben mir auch in meiner jetzigen schweren
Arbeit immer werth und erleichtern mir alle Mühe.

An den Herrn Mag. May habe ich geschrieben wie fleißig wir gearbeitet
haben; und an E. H. habe zu berichten, daß wir morgen mit großer Pracht
und Herrlichkeit auf dem großen Operntheater, Ihrem Fleiße zu Ehren, den
Cato vorstellen werden, unter lauter angezündeten Wachslichtern durch das ganze
Theater und der Musik von der ganzen herzoglichen Hofkapelle, welche sich
auch mit einer besondern Trauer- oder sanften Musik zwischen dem vierten und
fünften Aktus auf unser Ansuchen hören lassen, anch im übrigen, vor und
nach, die ganze Musik dem Stücke gemäß einrichten wird. Dieß ist also die
erste Ehre, die Dero Fleiße, auf solche Art hat geschehen können und ich habe
aus Hochachtung gegen deren gütiges Andenken dieses Stück dazu vorge¬
schlagen; damit meine herzliche Freude über die Früchte Dero Fleißes zuerst
Ihnen, hernach mir, gewidmet werden. Wir werden nichts ermangeln lassen
an allen mächtigen Zubehörungen und werden sowohl Herrn Calor's als Cä¬
sar's Gefolge in gehöriger Anzahl erscheinen lassen dazu durch den Herrn Ge-
nercil-Adjudanten die Soldaten schon bestellt und alle von ebner und gleicher
Länge nebst ihren Unteroffizieren ausgesucht werden. Ihre Köpfe und Füße
sollen so ordentlich und reyn geputzet seyn als ob sie an einem fremden Herrn
in ihrer größesten Reinlichkeit und Ordnung sollten verschenket werden. Ich


Grenzboten I. 1877. 55

die deutsche Gesellschaft mit kann gebauet werden. Vielleicht scheinet es jetzo
noch als eine Vermessenheit daß ich mich dazu verbinde und wer kann wissen
ob das Glück auch für mich aufbehalten ist es auszurichten, aber ich will doch
auch nichts haben wen« jenes nicht geschehen kann. Man muß zuweilen mit
einem kleinen Eigensinn geharnischt seyn. —

Ich mag wollen oder nicht ich muß noch einen Bogen ergreifen, denn ich
habe noch viel zu schreiben. Ich werde so oft von meinem Schreiben geruffen
daß ich auch die Wirkung davon an meiner unordentlichen Schrift bekennen
und erkennen muß. Jedoch ich will deßwegen ohne Sorgen bleiben, denn Sie
wissen meine Umstände und daß ich denselben zu viel nachgeben muß. Ich
muß mir zum Voraus bey Ihnen 24 Stunden bestellen, sobald ich die Ehre
wieder haben werde Sie zu sehen, denn die brauche ich richtig wenn ich fertig
werden soll mit dem was ich Ihnen Alles zu sagen habe. Ich möchte von
Verlangen sterben. Ich glaube es hat mich eine gewisse Art von Zauberei
umgeben, daß ich so anhaltend an Leipzig gedenke oder ich muß gar drein ver¬
liebt sein; ohngeachtet aller der bösen Stunden und alles Verlustes, denke ich
doch mit mehreren Vergnügen der guten und sonderlich derjenigen, die ich in
E. H. vernünftiger Gesellschaft und in dem Umgange mit den andern werthesten
Freunden zugebracht habe. Sie bleiben mir auch in meiner jetzigen schweren
Arbeit immer werth und erleichtern mir alle Mühe.

An den Herrn Mag. May habe ich geschrieben wie fleißig wir gearbeitet
haben; und an E. H. habe zu berichten, daß wir morgen mit großer Pracht
und Herrlichkeit auf dem großen Operntheater, Ihrem Fleiße zu Ehren, den
Cato vorstellen werden, unter lauter angezündeten Wachslichtern durch das ganze
Theater und der Musik von der ganzen herzoglichen Hofkapelle, welche sich
auch mit einer besondern Trauer- oder sanften Musik zwischen dem vierten und
fünften Aktus auf unser Ansuchen hören lassen, anch im übrigen, vor und
nach, die ganze Musik dem Stücke gemäß einrichten wird. Dieß ist also die
erste Ehre, die Dero Fleiße, auf solche Art hat geschehen können und ich habe
aus Hochachtung gegen deren gütiges Andenken dieses Stück dazu vorge¬
schlagen; damit meine herzliche Freude über die Früchte Dero Fleißes zuerst
Ihnen, hernach mir, gewidmet werden. Wir werden nichts ermangeln lassen
an allen mächtigen Zubehörungen und werden sowohl Herrn Calor's als Cä¬
sar's Gefolge in gehöriger Anzahl erscheinen lassen dazu durch den Herrn Ge-
nercil-Adjudanten die Soldaten schon bestellt und alle von ebner und gleicher
Länge nebst ihren Unteroffizieren ausgesucht werden. Ihre Köpfe und Füße
sollen so ordentlich und reyn geputzet seyn als ob sie an einem fremden Herrn
in ihrer größesten Reinlichkeit und Ordnung sollten verschenket werden. Ich


Grenzboten I. 1877. 55
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[0441] die deutsche Gesellschaft mit kann gebauet werden. Vielleicht scheinet es jetzo noch als eine Vermessenheit daß ich mich dazu verbinde und wer kann wissen ob das Glück auch für mich aufbehalten ist es auszurichten, aber ich will doch auch nichts haben wen« jenes nicht geschehen kann. Man muß zuweilen mit einem kleinen Eigensinn geharnischt seyn. — Ich mag wollen oder nicht ich muß noch einen Bogen ergreifen, denn ich habe noch viel zu schreiben. Ich werde so oft von meinem Schreiben geruffen daß ich auch die Wirkung davon an meiner unordentlichen Schrift bekennen und erkennen muß. Jedoch ich will deßwegen ohne Sorgen bleiben, denn Sie wissen meine Umstände und daß ich denselben zu viel nachgeben muß. Ich muß mir zum Voraus bey Ihnen 24 Stunden bestellen, sobald ich die Ehre wieder haben werde Sie zu sehen, denn die brauche ich richtig wenn ich fertig werden soll mit dem was ich Ihnen Alles zu sagen habe. Ich möchte von Verlangen sterben. Ich glaube es hat mich eine gewisse Art von Zauberei umgeben, daß ich so anhaltend an Leipzig gedenke oder ich muß gar drein ver¬ liebt sein; ohngeachtet aller der bösen Stunden und alles Verlustes, denke ich doch mit mehreren Vergnügen der guten und sonderlich derjenigen, die ich in E. H. vernünftiger Gesellschaft und in dem Umgange mit den andern werthesten Freunden zugebracht habe. Sie bleiben mir auch in meiner jetzigen schweren Arbeit immer werth und erleichtern mir alle Mühe. An den Herrn Mag. May habe ich geschrieben wie fleißig wir gearbeitet haben; und an E. H. habe zu berichten, daß wir morgen mit großer Pracht und Herrlichkeit auf dem großen Operntheater, Ihrem Fleiße zu Ehren, den Cato vorstellen werden, unter lauter angezündeten Wachslichtern durch das ganze Theater und der Musik von der ganzen herzoglichen Hofkapelle, welche sich auch mit einer besondern Trauer- oder sanften Musik zwischen dem vierten und fünften Aktus auf unser Ansuchen hören lassen, anch im übrigen, vor und nach, die ganze Musik dem Stücke gemäß einrichten wird. Dieß ist also die erste Ehre, die Dero Fleiße, auf solche Art hat geschehen können und ich habe aus Hochachtung gegen deren gütiges Andenken dieses Stück dazu vorge¬ schlagen; damit meine herzliche Freude über die Früchte Dero Fleißes zuerst Ihnen, hernach mir, gewidmet werden. Wir werden nichts ermangeln lassen an allen mächtigen Zubehörungen und werden sowohl Herrn Calor's als Cä¬ sar's Gefolge in gehöriger Anzahl erscheinen lassen dazu durch den Herrn Ge- nercil-Adjudanten die Soldaten schon bestellt und alle von ebner und gleicher Länge nebst ihren Unteroffizieren ausgesucht werden. Ihre Köpfe und Füße sollen so ordentlich und reyn geputzet seyn als ob sie an einem fremden Herrn in ihrer größesten Reinlichkeit und Ordnung sollten verschenket werden. Ich Grenzboten I. 1877. 55

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 36, 1877, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341825_157640/441>, abgerufen am 03.07.2024.