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Die Grenzboten. Jg. 36, 1877, I. Semester. I. Band.

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und machte ein Geschrei, als ob er auf der Jagd wäre. Roger Baco trieb
Schiffe gegen Wind und Strom. Robert von der Normandie citirte Karl
den Großen aus dem Todtenreiche. Als Kaiser Karl der Vierte sein Bei¬
lager mit der bairischen Prinzessin Sophie feierte, brachte der Vater der Braut
einen ganzen Wagen voll Schwarzkünstler mit nach Prag. Da es aber am
kaiserlichen Hofe an solchen Leuten auch nicht fehlte, so mußten die Zauberer
mit einander kämpfen, um zu zeige:?, wer seine Kunst am Besten gelernt habe.
Hierbei ergriff der böhmische Hexenmeister Zytho den bairischen, der Gonin
hieß, riß den Mund aus bis an die Ohren und fraß seinen Gegner, wie er
ging und stand, bis auf die Schuhe, die sehr kothig waren, und die er des¬
halb wieder von sich spie. Dann setzte er sich über ein Faß mit Wasser und
gab den Verschlungener wieder von sich.

Päpste, die im Bunde mit der Hölle gelebt haben sollten, gab es mehr
als ein halbes Dutzend. Der kriegerische Sylvester der Zweite hatte einen
Teufel zum Diener, der ihn in Gestalt eines schwarzen zottigen Hundes be¬
gleitete und ihn, als seine Frist verstrichen our, ans der Kirche fortschleppte.
Gregor der Siebente besaß einen Zauberspiegel, er hatte dem Teufel die Ehe¬
losigkeit versprochen und wurde schließlich von ihm in Gestalt eines Mohren
geholt. Vom dreizehnten, neunzehnten, zwanzigsten und einundzwanzigsten Jo¬
hann wußte man, daß sie sich dem Teufel verschrieben; desgleichen von Alex¬
ander dem Sechsten und Benedict dem Neunten, und von Paul dem Zweiten
hieß es, daß er seine Seele dem Satan durch einen Contrakt übergeben habe,
der mit Blut aus seinem Daumen unterzeichnet gewesen, und daß er von jenem
zuletzt von der Seite seiner Konkubine weggeholt worden sei.

Noch von mehreren gelehrten Zeitgenossen Fausts behauptete man, daß
sie sich auf die schwarze Kunst verständen. Von Parcieelsus versichern seine
Freunde Oporin und Wetter, daß er oft den Teufel seinen guten Freund ge¬
nannt, und daß er im Rausche zuweilen um Mitternacht ganze Schwärme
böser Geister citirt habe. Der berühmte Abt Johannes Tritheim, der Freund
Kurfürst Joachims von Brandenburg, welcher aus seinen Rath die Universität
Frankfurt stiftete, besaß nach der Volksmeinung einen ihm dienstbaren Hvllen-
geist und hatte unter andern nekromantischen Leistungen einst dein Kaiser
Maximilian die verstorbene Gemahlin, Maria von Burgund, citirt. Sein
Schüler Cornelius Agrippa von Nettesheim endlich hatte einen Teufel zum
Knechte, der ihn als schwarzer Hund zu begleiten Pflegte.

Fast allen diesen Zügen begegnen wir im Leben Fausts, wie es die
ältesten Schriften über ihn erzählen, mit geringen Veränderungen wieder, wie
wir nunmehr aus der 1587 erschienenen scheu werden, deren Inhalt in einem
Auszuge folgt. Nach dem unbekannten Verfasser dieser Schrift war Faust der


und machte ein Geschrei, als ob er auf der Jagd wäre. Roger Baco trieb
Schiffe gegen Wind und Strom. Robert von der Normandie citirte Karl
den Großen aus dem Todtenreiche. Als Kaiser Karl der Vierte sein Bei¬
lager mit der bairischen Prinzessin Sophie feierte, brachte der Vater der Braut
einen ganzen Wagen voll Schwarzkünstler mit nach Prag. Da es aber am
kaiserlichen Hofe an solchen Leuten auch nicht fehlte, so mußten die Zauberer
mit einander kämpfen, um zu zeige:?, wer seine Kunst am Besten gelernt habe.
Hierbei ergriff der böhmische Hexenmeister Zytho den bairischen, der Gonin
hieß, riß den Mund aus bis an die Ohren und fraß seinen Gegner, wie er
ging und stand, bis auf die Schuhe, die sehr kothig waren, und die er des¬
halb wieder von sich spie. Dann setzte er sich über ein Faß mit Wasser und
gab den Verschlungener wieder von sich.

Päpste, die im Bunde mit der Hölle gelebt haben sollten, gab es mehr
als ein halbes Dutzend. Der kriegerische Sylvester der Zweite hatte einen
Teufel zum Diener, der ihn in Gestalt eines schwarzen zottigen Hundes be¬
gleitete und ihn, als seine Frist verstrichen our, ans der Kirche fortschleppte.
Gregor der Siebente besaß einen Zauberspiegel, er hatte dem Teufel die Ehe¬
losigkeit versprochen und wurde schließlich von ihm in Gestalt eines Mohren
geholt. Vom dreizehnten, neunzehnten, zwanzigsten und einundzwanzigsten Jo¬
hann wußte man, daß sie sich dem Teufel verschrieben; desgleichen von Alex¬
ander dem Sechsten und Benedict dem Neunten, und von Paul dem Zweiten
hieß es, daß er seine Seele dem Satan durch einen Contrakt übergeben habe,
der mit Blut aus seinem Daumen unterzeichnet gewesen, und daß er von jenem
zuletzt von der Seite seiner Konkubine weggeholt worden sei.

Noch von mehreren gelehrten Zeitgenossen Fausts behauptete man, daß
sie sich auf die schwarze Kunst verständen. Von Parcieelsus versichern seine
Freunde Oporin und Wetter, daß er oft den Teufel seinen guten Freund ge¬
nannt, und daß er im Rausche zuweilen um Mitternacht ganze Schwärme
böser Geister citirt habe. Der berühmte Abt Johannes Tritheim, der Freund
Kurfürst Joachims von Brandenburg, welcher aus seinen Rath die Universität
Frankfurt stiftete, besaß nach der Volksmeinung einen ihm dienstbaren Hvllen-
geist und hatte unter andern nekromantischen Leistungen einst dein Kaiser
Maximilian die verstorbene Gemahlin, Maria von Burgund, citirt. Sein
Schüler Cornelius Agrippa von Nettesheim endlich hatte einen Teufel zum
Knechte, der ihn als schwarzer Hund zu begleiten Pflegte.

Fast allen diesen Zügen begegnen wir im Leben Fausts, wie es die
ältesten Schriften über ihn erzählen, mit geringen Veränderungen wieder, wie
wir nunmehr aus der 1587 erschienenen scheu werden, deren Inhalt in einem
Auszuge folgt. Nach dem unbekannten Verfasser dieser Schrift war Faust der


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 36, 1877, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341825_157640/412>, abgerufen am 23.07.2024.