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Die Grenzboten. Jg. 36, 1877, I. Semester. I. Band.

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Böhmen, Oesterreich, Bamberg, Koburg, Weimar und andern thüringischen
Ländern beginnen würde, während man in Sachsen die Sache zu umgehen
suche. Diese und andere freimüthige Aeußerungen über die traurigen Zustände
Sachsens und über die uneingeschränkte Benutzung des Grundeigenthums
deuteten seine Feinde aus, um Schubart den Herren in Dresden als einen
unruhigen Kopf darzustellen, der die Regierung zu ungesetzlicher Aushebung der
alten Privilegien drängen wolle. Schubart schrieb darüber an Leske: "Gott
kennt sie und mich, ihm sei's befohlen. Er richte mich, wenn ich Unrecht thue
und jemandes Nachtheil, nicht aber jedermanns Vortheil suche. Jenen aber
verzeihe er, die mich von Amts wegen fühlen lassen, was es heiße, ein Ver¬
besserer zu sein und anders zu handeln und zu denken wie sie." Thaer bemerkt
in dieser Beziehung: "Es war sür Schubart ein Glück, daß damals der
Name Jakobiner noch unbekannt war, man hätte ihn sonst für einen solchen
ausgegeben."

Aber trotz aller Anfeindung brachen die neuen Ideen sich mehr und mehr
Bahn. Karl August von Weimar faßte den Entschluß, unter Beschränkung
von Hut und Trift den Klee- und Futterban in seinem Lande einzuführen,
und Dasdorf hieß das erste Kammergut, auf dem man nach Schubarts Vor¬
schriften zu wirthschaften begann. Desgleichen wurde in Altenburg, Gotha,
Hildburghausen, im Erfurtischen, Reußischen, Schönburgischen und in einigen
Gegenden Kursachsens, z. B. im Voigtlande und der Lausitz, mit dem Klee¬
ban und der Stallfütterung ein Anfang gemacht. Ganz außerordentlich rasch
aber hatten Schubarts Reformen in Böhmen Verbreitung gefunden, und 1785
machte dieser auf Einladung des Fürsten von Fürstenberg zur Stärkung seiner
durch rastlose Arbeit und vielfache Kränkung angegriffenen Gesundheit eine Reise
nach Wien, die einem Triumphzuge glich. Der böhmische Adel wetteiferte
uuter sich, den Reformator der Landwirthschaft zu ehren, und die Bauern
drängten sich herbei, ihm ihren Dank auszusprechen. In Wien wurde er vom
Kaiser in längerer Audienz empfangen, und derselbe übermittelte ihm durch den
Grafen Colloredo einen bequemen Wagen. Aber seine Gesundheit erlangte
Schubart durch seine Reise nicht wieder, und im April 1787 verschied er nach
langem Leiden.

Wie viel Friedrich der Große zur Hebung der Landwirthschaft ge¬
than hat, wollen die Leser in der Balckeschen Schrift selbst nachsehen. Wir
heben daraus nur hervor, daß das Augenmerk des Königs unablässig auf die
Aufhebung der Leibeigenschaft und des in einigen Provinzen noch gestatteten
Auslaufens und Einziehens von bäuerlichen Höfen (das "Bauernlegen") ge¬
richtet blieb, daß er auch sonst nach allen Richtungen hin reformirte, anregte
und unterstützte, und daß in Folge des durch seine energische Sorge für den


Böhmen, Oesterreich, Bamberg, Koburg, Weimar und andern thüringischen
Ländern beginnen würde, während man in Sachsen die Sache zu umgehen
suche. Diese und andere freimüthige Aeußerungen über die traurigen Zustände
Sachsens und über die uneingeschränkte Benutzung des Grundeigenthums
deuteten seine Feinde aus, um Schubart den Herren in Dresden als einen
unruhigen Kopf darzustellen, der die Regierung zu ungesetzlicher Aushebung der
alten Privilegien drängen wolle. Schubart schrieb darüber an Leske: „Gott
kennt sie und mich, ihm sei's befohlen. Er richte mich, wenn ich Unrecht thue
und jemandes Nachtheil, nicht aber jedermanns Vortheil suche. Jenen aber
verzeihe er, die mich von Amts wegen fühlen lassen, was es heiße, ein Ver¬
besserer zu sein und anders zu handeln und zu denken wie sie." Thaer bemerkt
in dieser Beziehung: „Es war sür Schubart ein Glück, daß damals der
Name Jakobiner noch unbekannt war, man hätte ihn sonst für einen solchen
ausgegeben."

Aber trotz aller Anfeindung brachen die neuen Ideen sich mehr und mehr
Bahn. Karl August von Weimar faßte den Entschluß, unter Beschränkung
von Hut und Trift den Klee- und Futterban in seinem Lande einzuführen,
und Dasdorf hieß das erste Kammergut, auf dem man nach Schubarts Vor¬
schriften zu wirthschaften begann. Desgleichen wurde in Altenburg, Gotha,
Hildburghausen, im Erfurtischen, Reußischen, Schönburgischen und in einigen
Gegenden Kursachsens, z. B. im Voigtlande und der Lausitz, mit dem Klee¬
ban und der Stallfütterung ein Anfang gemacht. Ganz außerordentlich rasch
aber hatten Schubarts Reformen in Böhmen Verbreitung gefunden, und 1785
machte dieser auf Einladung des Fürsten von Fürstenberg zur Stärkung seiner
durch rastlose Arbeit und vielfache Kränkung angegriffenen Gesundheit eine Reise
nach Wien, die einem Triumphzuge glich. Der böhmische Adel wetteiferte
uuter sich, den Reformator der Landwirthschaft zu ehren, und die Bauern
drängten sich herbei, ihm ihren Dank auszusprechen. In Wien wurde er vom
Kaiser in längerer Audienz empfangen, und derselbe übermittelte ihm durch den
Grafen Colloredo einen bequemen Wagen. Aber seine Gesundheit erlangte
Schubart durch seine Reise nicht wieder, und im April 1787 verschied er nach
langem Leiden.

Wie viel Friedrich der Große zur Hebung der Landwirthschaft ge¬
than hat, wollen die Leser in der Balckeschen Schrift selbst nachsehen. Wir
heben daraus nur hervor, daß das Augenmerk des Königs unablässig auf die
Aufhebung der Leibeigenschaft und des in einigen Provinzen noch gestatteten
Auslaufens und Einziehens von bäuerlichen Höfen (das „Bauernlegen") ge¬
richtet blieb, daß er auch sonst nach allen Richtungen hin reformirte, anregte
und unterstützte, und daß in Folge des durch seine energische Sorge für den


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[0374] Böhmen, Oesterreich, Bamberg, Koburg, Weimar und andern thüringischen Ländern beginnen würde, während man in Sachsen die Sache zu umgehen suche. Diese und andere freimüthige Aeußerungen über die traurigen Zustände Sachsens und über die uneingeschränkte Benutzung des Grundeigenthums deuteten seine Feinde aus, um Schubart den Herren in Dresden als einen unruhigen Kopf darzustellen, der die Regierung zu ungesetzlicher Aushebung der alten Privilegien drängen wolle. Schubart schrieb darüber an Leske: „Gott kennt sie und mich, ihm sei's befohlen. Er richte mich, wenn ich Unrecht thue und jemandes Nachtheil, nicht aber jedermanns Vortheil suche. Jenen aber verzeihe er, die mich von Amts wegen fühlen lassen, was es heiße, ein Ver¬ besserer zu sein und anders zu handeln und zu denken wie sie." Thaer bemerkt in dieser Beziehung: „Es war sür Schubart ein Glück, daß damals der Name Jakobiner noch unbekannt war, man hätte ihn sonst für einen solchen ausgegeben." Aber trotz aller Anfeindung brachen die neuen Ideen sich mehr und mehr Bahn. Karl August von Weimar faßte den Entschluß, unter Beschränkung von Hut und Trift den Klee- und Futterban in seinem Lande einzuführen, und Dasdorf hieß das erste Kammergut, auf dem man nach Schubarts Vor¬ schriften zu wirthschaften begann. Desgleichen wurde in Altenburg, Gotha, Hildburghausen, im Erfurtischen, Reußischen, Schönburgischen und in einigen Gegenden Kursachsens, z. B. im Voigtlande und der Lausitz, mit dem Klee¬ ban und der Stallfütterung ein Anfang gemacht. Ganz außerordentlich rasch aber hatten Schubarts Reformen in Böhmen Verbreitung gefunden, und 1785 machte dieser auf Einladung des Fürsten von Fürstenberg zur Stärkung seiner durch rastlose Arbeit und vielfache Kränkung angegriffenen Gesundheit eine Reise nach Wien, die einem Triumphzuge glich. Der böhmische Adel wetteiferte uuter sich, den Reformator der Landwirthschaft zu ehren, und die Bauern drängten sich herbei, ihm ihren Dank auszusprechen. In Wien wurde er vom Kaiser in längerer Audienz empfangen, und derselbe übermittelte ihm durch den Grafen Colloredo einen bequemen Wagen. Aber seine Gesundheit erlangte Schubart durch seine Reise nicht wieder, und im April 1787 verschied er nach langem Leiden. Wie viel Friedrich der Große zur Hebung der Landwirthschaft ge¬ than hat, wollen die Leser in der Balckeschen Schrift selbst nachsehen. Wir heben daraus nur hervor, daß das Augenmerk des Königs unablässig auf die Aufhebung der Leibeigenschaft und des in einigen Provinzen noch gestatteten Auslaufens und Einziehens von bäuerlichen Höfen (das „Bauernlegen") ge¬ richtet blieb, daß er auch sonst nach allen Richtungen hin reformirte, anregte und unterstützte, und daß in Folge des durch seine energische Sorge für den

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 36, 1877, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341825_157640/374>, abgerufen am 23.07.2024.