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Die Grenzboten. Jg. 36, 1877, I. Semester. I. Band.

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längere Zeit hindurch den größten Theil des Geldes, welches er mit seinem
Boote verdiente.

Als er achtzehn Jahre alt geworden war, brach (1812) der Krieg zwischen
England und den Vereinigten Staaten aus. Dies gab Vanderbilt Gelegenheit,
mit seinem Boote nach den verschiedenen Forts von Newyork, die theilweise
streng von den Engländern belagert wurden, Lebensmittel zubringen. Da er
"uf diese Weise einen ziemlich guten Verdienst hatte, heirathete er, obschon erst
neunzehn Jahre alt, im December 1813 Miß Sophia Johnson, mit der er
54 Jahre hindurch eine glückliche und zufriedene Ehe führte. In dem ersten
Kriegsjahre hatte er sich 500 Dollars erspart und äußerte gelegentlich seiner
Mutter gegenüber, daß er, wenn dies 20 Jahre hindurch so fort ginge, sein
angreifendes Geschäft aufgeben und ruhig von seinen Zinsen leben wolle.

Im Beginn des Jahres 1814 entrirte Vanderbilt mit den betreffenden
Militärbehörden einen Contrakt, dem gemäß er sechs militärische Posten im
Hafen von Newyork mit Lebensmitteln versehen mußte- Dies war ein ebenso
gefährliches, wie aufreibendes Unternehmen; Tag und Nacht mußte der junge
Mann auf dein Platze sein und anstrengend arbeiten. Aber seine Willensstärke
und seine eiserne Constitution halfen ihm über alle Schwierigkeiten hinweg.
Als das Jahr abgelaufen war, hatte er in ehrlicher Weise so viel verdient,
daß er sich ein kleines Schiff, den Schooner "llnz vrsaä", kaufen konnte, dem
er im dritten und letzten Kriegsjahre (1815) ein größeres Schiff, "?1le OKar-
lotts", hinzufügte. Im Jahre 1818 besaß er schon drei Schiffe und begann
nun einen Küstenhandel von Newyork und den Neuenglandsstaaten an bis
nach Charleston in Süd-Carolina und Savannah in Georgien. So einträglich
dieser Handel aber auch sein mochte, Vanderbilt gab ihn doch bald auf, in
der richtigen Erkenntniß, daß Segelschiffe die Concurrenz mit Dampfschiffen in
vieler Hinsicht nicht auszuhalten vermöchten. Er trat daher als oberster Leiter
des Geschäfts in die Dienste eines gewissen Thomas Gibbons, der eine Dampfer¬
name zwischen Newyork und Philadelphia ins Leben gerufen hatte. Diese
Stelle, welche gerade die geeignetste Schule für den künftigen "Dampferkönig"
^- Lwamboat KmZ, wie ihn seine Landsleute nannten -- war, bekleidete er
zehn Jahre hindurch, obschon ihm wiederholt von den Concurrenten des Herrn
Gibbons verlockende Anerbietungen gemacht worden waren. Gibbons war
nämlich in einen bedrohlichen Prozeß verwickelt worden, und seine Gegner
boten Alles auf, Vanderbilt, der die Seele des Geschäfts war, von demselben
zu lösen. Allein Letzterer wies alle Verlockungen von sich und erklärte in seiner
ehrlichen und offenen Weise: "I hin>11 Stiel w Ur. Vibbons till is tKrouZK
mis troudls-," (ich werde bei Herrn Gibbons ausharren, bis er die obwaltenden
Schwierigkeiten überwunden hat). Und so geschah es.


Grenzboten I, 1877. 39

längere Zeit hindurch den größten Theil des Geldes, welches er mit seinem
Boote verdiente.

Als er achtzehn Jahre alt geworden war, brach (1812) der Krieg zwischen
England und den Vereinigten Staaten aus. Dies gab Vanderbilt Gelegenheit,
mit seinem Boote nach den verschiedenen Forts von Newyork, die theilweise
streng von den Engländern belagert wurden, Lebensmittel zubringen. Da er
"uf diese Weise einen ziemlich guten Verdienst hatte, heirathete er, obschon erst
neunzehn Jahre alt, im December 1813 Miß Sophia Johnson, mit der er
54 Jahre hindurch eine glückliche und zufriedene Ehe führte. In dem ersten
Kriegsjahre hatte er sich 500 Dollars erspart und äußerte gelegentlich seiner
Mutter gegenüber, daß er, wenn dies 20 Jahre hindurch so fort ginge, sein
angreifendes Geschäft aufgeben und ruhig von seinen Zinsen leben wolle.

Im Beginn des Jahres 1814 entrirte Vanderbilt mit den betreffenden
Militärbehörden einen Contrakt, dem gemäß er sechs militärische Posten im
Hafen von Newyork mit Lebensmitteln versehen mußte- Dies war ein ebenso
gefährliches, wie aufreibendes Unternehmen; Tag und Nacht mußte der junge
Mann auf dein Platze sein und anstrengend arbeiten. Aber seine Willensstärke
und seine eiserne Constitution halfen ihm über alle Schwierigkeiten hinweg.
Als das Jahr abgelaufen war, hatte er in ehrlicher Weise so viel verdient,
daß er sich ein kleines Schiff, den Schooner „llnz vrsaä", kaufen konnte, dem
er im dritten und letzten Kriegsjahre (1815) ein größeres Schiff, „?1le OKar-
lotts", hinzufügte. Im Jahre 1818 besaß er schon drei Schiffe und begann
nun einen Küstenhandel von Newyork und den Neuenglandsstaaten an bis
nach Charleston in Süd-Carolina und Savannah in Georgien. So einträglich
dieser Handel aber auch sein mochte, Vanderbilt gab ihn doch bald auf, in
der richtigen Erkenntniß, daß Segelschiffe die Concurrenz mit Dampfschiffen in
vieler Hinsicht nicht auszuhalten vermöchten. Er trat daher als oberster Leiter
des Geschäfts in die Dienste eines gewissen Thomas Gibbons, der eine Dampfer¬
name zwischen Newyork und Philadelphia ins Leben gerufen hatte. Diese
Stelle, welche gerade die geeignetste Schule für den künftigen „Dampferkönig"
^- Lwamboat KmZ, wie ihn seine Landsleute nannten — war, bekleidete er
zehn Jahre hindurch, obschon ihm wiederholt von den Concurrenten des Herrn
Gibbons verlockende Anerbietungen gemacht worden waren. Gibbons war
nämlich in einen bedrohlichen Prozeß verwickelt worden, und seine Gegner
boten Alles auf, Vanderbilt, der die Seele des Geschäfts war, von demselben
zu lösen. Allein Letzterer wies alle Verlockungen von sich und erklärte in seiner
ehrlichen und offenen Weise: „I hin>11 Stiel w Ur. Vibbons till is tKrouZK
mis troudls-," (ich werde bei Herrn Gibbons ausharren, bis er die obwaltenden
Schwierigkeiten überwunden hat). Und so geschah es.


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[0313] längere Zeit hindurch den größten Theil des Geldes, welches er mit seinem Boote verdiente. Als er achtzehn Jahre alt geworden war, brach (1812) der Krieg zwischen England und den Vereinigten Staaten aus. Dies gab Vanderbilt Gelegenheit, mit seinem Boote nach den verschiedenen Forts von Newyork, die theilweise streng von den Engländern belagert wurden, Lebensmittel zubringen. Da er "uf diese Weise einen ziemlich guten Verdienst hatte, heirathete er, obschon erst neunzehn Jahre alt, im December 1813 Miß Sophia Johnson, mit der er 54 Jahre hindurch eine glückliche und zufriedene Ehe führte. In dem ersten Kriegsjahre hatte er sich 500 Dollars erspart und äußerte gelegentlich seiner Mutter gegenüber, daß er, wenn dies 20 Jahre hindurch so fort ginge, sein angreifendes Geschäft aufgeben und ruhig von seinen Zinsen leben wolle. Im Beginn des Jahres 1814 entrirte Vanderbilt mit den betreffenden Militärbehörden einen Contrakt, dem gemäß er sechs militärische Posten im Hafen von Newyork mit Lebensmitteln versehen mußte- Dies war ein ebenso gefährliches, wie aufreibendes Unternehmen; Tag und Nacht mußte der junge Mann auf dein Platze sein und anstrengend arbeiten. Aber seine Willensstärke und seine eiserne Constitution halfen ihm über alle Schwierigkeiten hinweg. Als das Jahr abgelaufen war, hatte er in ehrlicher Weise so viel verdient, daß er sich ein kleines Schiff, den Schooner „llnz vrsaä", kaufen konnte, dem er im dritten und letzten Kriegsjahre (1815) ein größeres Schiff, „?1le OKar- lotts", hinzufügte. Im Jahre 1818 besaß er schon drei Schiffe und begann nun einen Küstenhandel von Newyork und den Neuenglandsstaaten an bis nach Charleston in Süd-Carolina und Savannah in Georgien. So einträglich dieser Handel aber auch sein mochte, Vanderbilt gab ihn doch bald auf, in der richtigen Erkenntniß, daß Segelschiffe die Concurrenz mit Dampfschiffen in vieler Hinsicht nicht auszuhalten vermöchten. Er trat daher als oberster Leiter des Geschäfts in die Dienste eines gewissen Thomas Gibbons, der eine Dampfer¬ name zwischen Newyork und Philadelphia ins Leben gerufen hatte. Diese Stelle, welche gerade die geeignetste Schule für den künftigen „Dampferkönig" ^- Lwamboat KmZ, wie ihn seine Landsleute nannten — war, bekleidete er zehn Jahre hindurch, obschon ihm wiederholt von den Concurrenten des Herrn Gibbons verlockende Anerbietungen gemacht worden waren. Gibbons war nämlich in einen bedrohlichen Prozeß verwickelt worden, und seine Gegner boten Alles auf, Vanderbilt, der die Seele des Geschäfts war, von demselben zu lösen. Allein Letzterer wies alle Verlockungen von sich und erklärte in seiner ehrlichen und offenen Weise: „I hin>11 Stiel w Ur. Vibbons till is tKrouZK mis troudls-," (ich werde bei Herrn Gibbons ausharren, bis er die obwaltenden Schwierigkeiten überwunden hat). Und so geschah es. Grenzboten I, 1877. 39

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 36, 1877, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341825_157640/313>, abgerufen am 21.06.2024.