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Die Grenzboten. Jg. 36, 1877, I. Semester. I. Band.

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diese Beweise für sein Alter selbst aus seiner Heimath zu holen, und daß dieser
Entschluß zu einer Reise von Kopenhagen nach Drontheim, die damals noch
äußerst beschwerlich war, von ihm wirklich ausgeführt worden sei.

Endlich sah in Norwegen auch ein Dorf bei Bergen in Joseph Surrington
ein Wunder rüstiger Langlebigkeit. Im September 1797 starb derselbe im
hundertnndsechzigsten Jahre seines Lebens -- d. h. vorausgesetzt, daß er sich
in seinem Alter nicht geirrt hatte, worüber wir später sprechen wollen. Er
behielt den ungeschwächten Gebrauch seiner Sinne und seines Verstandes bis
zur Stunde seines Todes. Tags vorher versammelte er seine Familie um
sich und vertheilte sein Vermögen unter sie. Er war mehrmals verheirathet
und hinterließ eine junge Wittwe und mehrere Kinder. Sein ältester Sohn
war 103, der jüngste erst 9 Jahre alt.

Nächst Norwegen scheint in neuer Zeit England viele Beispiele eines fast
unglaublich laugen Lebens gesehen zu haben. Wir nennen hier davon nur die
drei merkwürdigste", um später noch einiger in anderem Zusammenhange zu
gedenken. Im Jahre 1670 starb in Jorkshire H. Jenkins, der seiner Aussage
zufolge als zwölfjähriger Knabe der Schlacht bei Floddeufield beigewohnt
hatte, die 1513 stattfand. Man konnte ans den Registern der Kanzleien und
Gerichtshöfe ersehen, daß er nicht weniger als hundertundvierzig Jahre hin-
durch vor Richtern erschienen war und Eide abgelegt hatte. Seine letzte Beschäf¬
tigung war die Fischerei, und er soll, als er schon weit überfeinen hundertsten
Geburtstag hinaus war, noch im Staude gewesen sein, in starker Strömung zu
schwimmen. Ihm am nächsten kommt der Bauer Thomas Parr, der zu Alber-
bury in Shropshire lebte und 1635 im Alter von 152 Jahren 9 Monaten in
London starb. Als er 120 Jahre alt war, verheirathete er sich zum zweiten
Male mit einer Wittwe, mit der er zwölf Jahre lebte. Bis zu seinem
hundertnnddreißigsten Jahre verrichtete er noch alle Arbeiten im Hause und
half sogar beim Dreschen, und erst kurz vor seinem Tode fingen Augen und
Gedächtniß an, ihm schwach zu werden. Der König Jakob, der ihn als Selten¬
heit nach London hatte kommen lassen, ließ ihn nach seinem Ableben durch
Harrey seciren, und es zeigte sich die auffällige Thatsache, daß seine Eingeweide
in der besten Ordnung und daß selbst die Rippen noch nicht verknöchert waren.
Nicht viel jünger als dieser Urgreis segnete 1757 in Cornwallis I. Effingham
das Zeitliche, der, nnter Jakob dem Ersten geboren, lange Zeit als Soldat
gedient und sich zuletzt als Tagelöhner seinen Unterhalt erworben hatte. Er
sollte immer sehr mäßig gelebt und nur selten Fleisch gegessen haben. Bis in
sein hundertstes Jahr hinein wußte er nicht, was krank sein heißt, und noch
eine Woche vor seinem Ende machte er eine Reise von drei Meilen.


diese Beweise für sein Alter selbst aus seiner Heimath zu holen, und daß dieser
Entschluß zu einer Reise von Kopenhagen nach Drontheim, die damals noch
äußerst beschwerlich war, von ihm wirklich ausgeführt worden sei.

Endlich sah in Norwegen auch ein Dorf bei Bergen in Joseph Surrington
ein Wunder rüstiger Langlebigkeit. Im September 1797 starb derselbe im
hundertnndsechzigsten Jahre seines Lebens — d. h. vorausgesetzt, daß er sich
in seinem Alter nicht geirrt hatte, worüber wir später sprechen wollen. Er
behielt den ungeschwächten Gebrauch seiner Sinne und seines Verstandes bis
zur Stunde seines Todes. Tags vorher versammelte er seine Familie um
sich und vertheilte sein Vermögen unter sie. Er war mehrmals verheirathet
und hinterließ eine junge Wittwe und mehrere Kinder. Sein ältester Sohn
war 103, der jüngste erst 9 Jahre alt.

Nächst Norwegen scheint in neuer Zeit England viele Beispiele eines fast
unglaublich laugen Lebens gesehen zu haben. Wir nennen hier davon nur die
drei merkwürdigste», um später noch einiger in anderem Zusammenhange zu
gedenken. Im Jahre 1670 starb in Jorkshire H. Jenkins, der seiner Aussage
zufolge als zwölfjähriger Knabe der Schlacht bei Floddeufield beigewohnt
hatte, die 1513 stattfand. Man konnte ans den Registern der Kanzleien und
Gerichtshöfe ersehen, daß er nicht weniger als hundertundvierzig Jahre hin-
durch vor Richtern erschienen war und Eide abgelegt hatte. Seine letzte Beschäf¬
tigung war die Fischerei, und er soll, als er schon weit überfeinen hundertsten
Geburtstag hinaus war, noch im Staude gewesen sein, in starker Strömung zu
schwimmen. Ihm am nächsten kommt der Bauer Thomas Parr, der zu Alber-
bury in Shropshire lebte und 1635 im Alter von 152 Jahren 9 Monaten in
London starb. Als er 120 Jahre alt war, verheirathete er sich zum zweiten
Male mit einer Wittwe, mit der er zwölf Jahre lebte. Bis zu seinem
hundertnnddreißigsten Jahre verrichtete er noch alle Arbeiten im Hause und
half sogar beim Dreschen, und erst kurz vor seinem Tode fingen Augen und
Gedächtniß an, ihm schwach zu werden. Der König Jakob, der ihn als Selten¬
heit nach London hatte kommen lassen, ließ ihn nach seinem Ableben durch
Harrey seciren, und es zeigte sich die auffällige Thatsache, daß seine Eingeweide
in der besten Ordnung und daß selbst die Rippen noch nicht verknöchert waren.
Nicht viel jünger als dieser Urgreis segnete 1757 in Cornwallis I. Effingham
das Zeitliche, der, nnter Jakob dem Ersten geboren, lange Zeit als Soldat
gedient und sich zuletzt als Tagelöhner seinen Unterhalt erworben hatte. Er
sollte immer sehr mäßig gelebt und nur selten Fleisch gegessen haben. Bis in
sein hundertstes Jahr hinein wußte er nicht, was krank sein heißt, und noch
eine Woche vor seinem Ende machte er eine Reise von drei Meilen.


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 36, 1877, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341825_157640/294>, abgerufen am 23.07.2024.